Mission Munroe 03 - Die Geisel
auf.
Lumani drehte sich nicht um.
Die Frau namens Michael trat ein. Onkel hob den Blick von seinen Papieren, und seine gleichgültige Miene wurde zu einem einladenden Lächeln.
»Meine Liebe«, sagte er und bot ihr einen Platz an.
Hass und Eifersucht legten sich über Lumanis Rauschzustand. Sie, diese Frau, diese verzichtbare Ware, die einfach nur benutzt und anschließend vernichtet werden würde, sie hatte sich mit einer durch und durch hinterhältigen Tat schon wieder ein Lächeln verdient, das eigentlich ihm gehörte.
Die Frau setzte sich, bevor sie sich langsam und demonstrativ zu ihm umdrehte. Ohne Worte sprach sie zu ihm, ohne Worte sagte sie ihm, dass sie seine Gedanken kannte, über seine Gefangenschaft Bescheid wusste. Er konzentrierte seine Blicke auf den Schreibtisch, wollte sie ignorieren, doch sein Herz schlug erneut schneller. Wenn er gekonnt hätte, er wäre jetzt sofort zu ihr gegangen und hätte sie gezwungen, ihren eigenen Schmerz zu durchleben, damit sie ihre Geheimnisse preisgab.
Stattdessen wurde er von Enttäuschung und Missgunst übermannt.
Onkel und die Frau namens Michael schienen sich wie in Zeitlupe zu bewegen. Onkel holte aus einer Schublade die Autoschlüssel und das Navigationsgerät, die Landkarte, die Pässe und die Wagenpapiere. Sie würde ganz allein für den Transport des Päckchens zuständig sein. Nur sie und die Ware würden im Auto sitzen, niemand sonst. Dann wurde noch mehr geredet, bis Onkels Stimme irgendwann den Spiegel der Nichtbeachtung durchbrach. Lumani hob den Blick und erkannte erst jetzt, dass Onkel und die Frau ihn anstarrten.
Er wurde rot. Er hatte ihre Worte nicht gehört, aber er wusste, was sie von ihm wollten, weshalb er gerufen worden war, und so richtete er sich auf, nahm das Handy aus der Gürteltasche und ging auf die Frau zu. Reichte ihr das Telefon, wobei er dieses Mal darauf achtete, genügend Abstand zu wahren.
Nichts in ihrer Körpersprache deutete darauf hin, dass ein Angriff bevorstand, aber so war es gestern Abend auch gewesen, weshalb er seiner Einschätzung misstraute. Sie nahm das Telefon und starrte ihn wieder an, als versuchte sie, ihn zu durchschauen, so wie er versuchte, sie zu durchschauen.
Lumani ließ sich nichts anmerken und trat zurück. Sie warf einen Blick auf das Handy und tippte auf das Display. Sie wollte einen lebendigen Beweis sehen, und dafür hatten sie mehr als genug Material zur Verfügung, aber ganz egal, was Onkel zugesagt hatte, ein Live-Stream stand nicht zur Debatte. Zu groß war das Risiko, dass Logan ihr, selbst aus dieser Entfernung, ein verabredetes Zeichen übermittelte oder irgendetwas verriet, was ihr dabei helfen konnte, die sorgfältig ausgeklügelten Pläne zu durchkreuzen.
Lumani beobachtete die Frau aufmerksam, aber sie zeigte keine Reaktion, genauso wenig wie er selbst. Undurchschaubar. Als das Video zu Ende war, hob sie den Blick und gab ihm das Handy zurück. Onkel schob ihr die Ausrüstung über den Tisch hinweg zu. Sie betrachtete die Sachen für einen Moment, dann sagte sie: »Ich brauche Paketband und eine Decke.« Als Onkel protestierte, weil diese Dinge nicht in greifbarer Nähe waren, wiederholte sie seine Worte: »Keine Drogen, keine Prellungen.«
Sie würde bekommen, was sie wollte, und Lumani war derjenige, der die Sachen besorgen musste, auch wenn kein Wort darüber verloren wurde. Der Klient war extrem ungeduldig und stellte hohe Anforderungen. Wenn sie seinen Zeitplan nicht einhalten konnten, würde er seine Bestellung stornieren oder noch schlimmer, die Anforderungen erhöhen und ihnen noch mehr Hindernisse in den Weg stellen. Falls sie es nicht schafften, musste die Puppe beseitigt werden. Onkel würde eine Menge Geld verlieren, und darum würde Lumani alles besorgen, was zu besorgen war. Sie würden heute noch losfahren, und sei es am Nachmittag. Dann blieb für die Auslieferung nur noch das Minimum von zwei Tagen.
Onkel ergriff jetzt wieder das Wort. Drohende Worte, abschreckende Sätze, um der Frau klarzumachen, dass sie keinesfalls vom Plan abweichen durfte. Jede Aktion hatte Konsequenzen, jede Verzögerung einen Preis. Er lächelte sie noch einmal an, und dieses Lächeln brachte Lumanis Eingeweide zum Kochen. Die Frau namens Michael stand auf, und Onkel reichte ihr ein Handy. »Dieses Telefon ist Ihr Leben«, sagte er. »Verlieren Sie es nicht. Lassen Sie es die ganze Zeit eingeschaltet.«
Das Handy war das Band der Kommunikation, das sie zusammenschweißte, das
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