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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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Entscheidungen eines Mannes zurückzuführen waren, für den das Gelingen eines Auftrags eine absolute Selbstverständlichkeit war und der für jede noch so lächerliche und folgenlose Abweichung von seinen Vorstellungen harsche Bestrafungen anordnete.
    Jetzt warf die Frau namens Michael die Decke, die über dem Päckchen gelegen hatte, auf den Rücksitz. Lumanis Anspannung wurde langsam, aber sicher größer, erreichte den Grad einer leichten Nervosität, dickflüssig, klebrig, legte sich um jeden seiner Gedanken und hüllte seine Eingeweide ein. Er atmete äußerst kontrolliert und konzentrierte sich voll und ganz auf den Augenblick, um der Nervosität zu entgehen.
    Die Frau öffnete die Fahrertür. Stellte einen Fuß auf den Boden und wandte sich zurück ins Wageninnere. Ihre Stimme war klar und deutlich in seinem Ohrstöpsel zu hören: »Rühr dich nicht«, sagte sie. »Nicht einen Muskel, bevor ich die Tür aufgemacht habe.«
    Mit seinem Hochleistungs-Zielfernrohr konnte er die Konturen ihres Körpers gut erkennen. In der Gesäßtasche waren die Umrisse des Handys zu sehen, die Autoschlüssel hatte sie in der Hand. Aber allem Anschein nach – auch wenn er sich nicht hundertprozentig sicher sein konnte – hatte sie die Dokumente im Auto gelassen. Das war gut. Sie hatte also vor, zum Wagen zurückzukehren, und damit gab es eine Unsicherheit weniger, um die er sich kümmern musste.
    Die Frau namens Michael öffnete jetzt die Beifahrertür, schnitt auch die Handfesseln der Puppe auf, nahm sie an der Hand und zog sie auf die Füße. Sobald das Mädchen stand, legte Michael ihr den Arm um die Schulter – ganz der besorgte Freund, der seine kränkelnde Freundin stützen wollte. Das war keine schlechte Strategie, um das Päckchen unter Kontrolle zu behalten, ohne unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Gemeinsam marschierten sie im Gleichschritt auf das hintere Ende des Gebäudes zu. Lumani folgte ihnen mit dem Gewehr, wartete auf den ersten Hinweis darauf, dass die Frau namens Michael die falsche Entscheidung getroffen hatte. Bis dato war es noch nie nötig gewesen, einen Fahrer vor Beendigung des Auftrags zu liquidieren, und er hoffte inständig, dass er nicht ausgerechnet diese hochriskante Lieferung noch selbst erledigen musste.
    Auf halber Strecke zwischen dem Wagen und dem Gebäude blieb sie stehen und drehte sich um, ohne das Mädchen loszulassen. Jetzt sahen sie beide in seine Richtung. Ihr Mund bewegte sich, aber sie sprach so leise, dass das Handy ihre Worte nicht einfangen konnte. Das Puppenmädchen hob den Blick, und er hätte schwören können, dass sie ihm direkt in die Augen sah.
    Lumani erstarrte. Jede noch so kleine Bewegung konnte ihnen jetzt bestätigen, was sie im Moment nur ahnten. Und dann nickte die Frau namens Michael unauffällig – oder auch nicht – in seine Richtung, als wollte sie ihm ihr Verständnis signalisieren, oder noch mehr: ihre Akzeptanz und ihre Anerkennung. Gegen alle Instinkte, gegen jede Vernunft und jede Erfahrung eines Lebens, das immer nur aus Dienst und Ausbildung bestanden hatte, gegen allen Hass und alle Eifersucht, die er für diese Frau empfand, die ihm Onkels Lächeln gestohlen hatte, wurde er von dieser Akzeptanz, dieser Anerkennung, die ihn wie ein Mantel umhüllte, geradezu magisch angezogen.
    Aber genauso schnell, wie sie gekommen war, war die Wärme auch schon wieder verschwunden.
    Die Frau namens Michael drehte das Mädchen um, und dann gingen sie zusammen zur Gebäudeseite mit den Toilettentüren, wie Lumani es angeordnet hatte. Sie betraten einen einzelnen, fensterlosen Raum. Die Tür war nicht abgeschlossen, dafür hatte Lumani gesorgt.
    Er wartete ungeduldig und wurde mit jeder Minute ohne Sichtkontakt ungeduldiger. Frauen brauchten auf der Toilette immer länger, das wusste er, aber so lange? Die Geräusche wurden in dem kleinen, gekachelten Raum unnatürlich verstärkt und hallten so sehr nach, dass nichts als unverständliches Gebrabbel zu verstehen war. Die Regel musste unbedingt korrigiert werden: Das Handy musste nicht nur eingeschaltet sein, sondern auch außerhalb der Tasche getragen werden.
    Hinter der nächsten Straßenecke stand Arbens Wagen, mit laufendem Motor, jederzeit bereit, die Verfolgung wieder aufzunehmen.
    Lumani gab ihm die Anweisung, etwas dichter heranzufahren.
    Die Toilettentür ging auf.
    Lumani nahm seine Anweisung sofort wieder zurück.
    Die Frau namens Michael kam zuerst heraus. Wie zuvor hatte sie den Arm um die Schulter

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