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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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zu ihnen gewandt, und vertrauten darauf, dass sie sich nicht von selbst befreien konnte.
    Solche Anfängerfehler der Gegner führten leicht dazu, dass man selbst die Bedrohung unterschätzte, aber sie würde nicht denselben Fehler begehen wie diese Männer. Sie würden lernen müssen, dass die Unterschätzung eines Gegners der schnellste Weg in den Tod war.
    Sie ließ das Kinn auf der Brust, als wäre sie weiterhin bewusstlos, doch gleichzeitig bearbeitete sie ihre Fesseln, bog die Finger und verdrehte die Handgelenke, so lange, bis sie schließlich anfingen, sich zu lockern, schob und drückte immer weiter und hatte irgendwann genügend Spiel, um sich zu befreien. Irgendwo in ihrem Rücken glitten gut geölte Räder über Schienen. Sie unterbrach ihre Fluchtbemühungen.
    Hielt inne und lauschte.
    Ein sich öffnendes Tor.
    Sie befand sich in einer Lagerhalle.
    Von draußen drangen praktisch keine Geräusche herein, keine Autos, keine Hupen, keine Fußgänger, keine Musik.
    Eine Lagerhalle außerhalb der Stadt.
    Die Räder rollten zurück. Ein sanft schnurrender Motor kam näher und verstummte dann. Das Gespräch rund um den Tisch erstarb. Stühle kratzten über den Fußboden. Füße scharrten. Eine Autotür ging auf. Ging zu. Dann noch eine.
    Vom Tisch kamen Schritte näher, und dann machten sich Finger an ihrer Augenbinde zu schaffen und entfernten sie.
    Munroe blinzelte.
    Die Beleuchtung stammte von Industriescheinwerfern neben der Werkbank, und obwohl der große Raum das Licht mühelos verschluckte, schmerzten Munroes Augen nach der langen Zeit in der Dunkelheit.
    Sie zuckte zusammen und starrte den Mann an, der vor ihr stand.
    Sie hatte darauf spekuliert, dass ein Mitglied der Cárcan-Familie sich zeigen würde, hatte fest damit gerechnet, weil sie wusste, dass sie sie so lange am Leben lassen würden, bis der Boss mit ihr geredet hatte. So hatte sie Zeit gewonnen, nicht nur für Bradford und Hannah, sondern auch für sich selbst. Dass der Mann aber ausgerechnet der Kerl sein musste, der sie im Foyer der Ranch befummelt hatte, war ein unglücklicher Zufall.
    Er starrte jetzt auf sie hinab. Sein langes, ausgedehntes Schweigen steckte die Männer links und rechts von ihm an. Munroes Miene entspannte sich und wurde völlig ausdruckslos. Der Boss grinste, und seine Männer rührten keinen Finger. Dann lehnte er sich ein wenig zurück und legte Daumen und Zeigefinger ans Kinn – eine übertriebene Pose der Nachdenklichkeit.
    Er drohte ihr mit dem Zeigefinger. »Ich kenne dich«, sagte er.
    Dann hob er den Stoff seiner Hose an den Knien ein wenig an und ging vor Munroe in die Hocke, sodass er sich auf Augenhöhe mit ihr befand. »Aber natürlich«, sagte er. »Ich kenne dich.«
    Munroe blieb stumm. Ihr verschleierter Blick drückte nichts als Unverständnis aus. Ihre Augen folgten ihm nicht, als er wieder aufstand und einem der Männer, die hinter ihm standen, etwas zuflüsterte. Jetzt, wo sie wieder sehen konnte, wo sie ihre Situation mit allen Sinnen analysieren
konnte, war dieser Sohn der Cárcan-Familie das Uninteressanteste in der gesamten Halle.
    Sie blickte zum Tisch hinüber und dann nach oben, die Wände entlang und wieder zurück, suchte nach einem Fluchtweg, nach irgendetwas, das sich als Waffe verwenden ließ: sofortige Abwägung der Überlebenschancen, die Suche nach dem Wer, Was, Wann, Wo und Wie. Das Warum kannte sie ja bereits.
    Der Boden bestand aus glattem Beton, die Wände aus Schlackesteinen, und das Dach in über fünfzehn Metern Höhe war aus rostigem Metall. Das Echo ließ darauf schließen, dass die Lagerhalle leer war. Die Werkbank an der Wand und die Scheinwerfer daneben schienen die einzigen Einrichtungsgegenstände zu sein.
    Zu den vier Männern, die vorhin um den Tisch gesessen hatten, waren noch zwei Begleiter des Bosses gekommen. Jetzt bildeten die sechs einen unregelmäßigen Halbkreis zu beiden Seiten ihres Chefs. Alle trugen Schusswaffen. Die meisten mit Schulterholstern, manche hatten sie aber auch im Hosenbund stecken.
    Die Männer besaßen alle einen ähnlichen Körperbau – stämmig und gedrungen. Sie waren eindeutig zu oft im Fitnessstudio. Im Gegensatz dazu war der Boss eher zierlich und unscheinbar, abgesehen von seiner teuren Kleidung und seinem, wie Munroe bereits wusste, überentwickelten Ego.
    Sie prägte sich die Position der Männer und der Waffen genau ein, brannte jedes Detail mit der Präzision eines Echolots in ihr Bewusstsein, mühelos und instinktiv. Sie brauchte

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