Mission Munroe. Die Sekte
Jedenfalls herrschte in ihrem Viertel nur wenig Verkehr. Knapp hundert Meter von dem Geschäft entfernt stieg Bradford aus dem Taxi, betrat ein Café an der Straßenecke und setzte sich ans Fenster, von wo aus er die gesamte Straße gut im Blick hatte.
In Munroes Ohrstöpsel piepste es. Bradford testete die
Signalstärke. Als sie seine mühsamen Kommunikationsversuche mit der Kellnerin mitbekam, musste sie grinsen. Er hatte seine Position eingenommen, also fuhr sie weiter und stellte das Taxi unweit von der Stelle, wo sie den Kleinbus erwartete, am Bordstein ab.
Sie hatte sich nicht nur das Taxi ausgeliehen, sondern auch die Kleidung des Fahrers. Er hieß Raúl. Im Lauf der vergangenen Tage hatte sie ihn so großzügig mit Trinkgeld versorgt, dass er ihr sein schwarz-gelbes Auto gerne für ein paar Stunden überlassen hatte.
Munroe lehnte sich zurück und richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Den wenigen, die sich ein Taxi nehmen wollten, sagte sie, dass sie auf einen Fahrgast warten musste, und dazwischen plauderte sie mit Bradford, einfach nur um die Zeit totzuschlagen, mehr oder weniger belangloses Geplänkel. Immer wieder gelang es ihm, sie mit einer originellen Bemerkung zum Lachen zu bringen. Sein Verstand war fast so wendig wie ihrer, hüpfte von einem Thema zum nächsten, eines abseitiger und obskurer als das andere, so lange, bis der Kleinbus der Oase in die Straße einbog.
Munroe entdeckte ihn im Rückspiegel, und beinahe im selben Moment machte Bradford sie ebenfalls darauf aufmerksam. Durch die näher kommende Windschutzscheibe hindurch waren der Mann und die Frau auf den Vordersitzen ebenso gut zu erkennen wie eine Reihe kleinerer Köpfe auf der Rückbank.
Munroe wartete ab, zählte die parkenden Autos und versuchte, die Geschwindigkeit des Busses einzuschätzen. Dann legte sie, auf Bradfords Kommando, den ersten Gang ein und fädelte sich in den fließenden Verkehr ein, sodass der Kleinbus geschmeidig in die soeben frei gewordene Parklücke gleiten konnte.
Kaum war sie um die nächste Ecke gebogen, gab sie Raúl das Taxi zurück, tauschte mit ihm die Jacken und setzte sich dazu noch einen Hut und eine Sonnenbrille auf. Sie wollte auf keinen Fall von Bianca, der Boutiquen-Verkäuferin, erkannt werden. Wer weiß, was sich daraus sonst entwickelt hätte.
Munroe ging wieder zurück, während Bradfords Stimme die Minuten zählte und sie über jede Bewegung der Zielpersonen auf dem Laufenden hielt. Er hatte das Café verlassen und ging jetzt langsam auf den Kleinbus zu, als Absicherung, sollte wider Erwarten etwas schieflaufen.
Sie ging am Bug des Fahrzeugs vorbei und vergewisserte sich, dass es leer war. Am Heck angelangt, ging sie in die Knie und band sich die Schnürsenkel. Laut Bradford war die Luft rein. Sie schob eine Hand unter die Karosserie, schnell und gewandt, und hinterließ dort eine kleine magnetische Scheibe. Sie verharrte, wartete, beschäftigte sich eingehend mit ihrem Schnürsenkel, so lange, bis Bradford ihr erneut ein Kommando gab.
Sie umrundete den Kleinbus und stellte sich vor die Fahrertür, wobei sie darauf achtete, der Boutique den Rücken zuzukehren. Sie knackte das Schloss und öffnete selbstsicher und unauffällig die Tür. Selbst einem aufmerksamen Beobachter wäre sie lediglich wie die rechtmäßige Besitzerin des Wagens vorgekommen, die schnell etwas holen wollte, was sie vergessen hatte. Sie blieb nur so lange, wie sie brauchte, um einen Kugelschreiber in die unaufgeräumte Mittelkonsole zu werfen und einen Signalverstärker unter dem Armaturenbrett anzubringen. Dann drückte sie den Verriegelungshebel nach unten, klappte die Tür zu, drehte sich um und ging wieder dahin zurück, woher sie gekommen war.
Die Batterie des Abhörgeräts besaß eine kurze Lebensdauer, wenn sie Glück hatten vielleicht zwölf bis vierzehn Stunden. Der Peilsender hingegen würde so lange halten, bis er entdeckt wurde.
Munroe verlangsamte ihre Schritte, sodass Bradford aufholen konnte. Dann wechselte sie auf seine Straßenseite. Sie bogen gemeinsam um die nächste Ecke, nickten dem wartenden Raúl zu und setzten sich in das Taxi.
Ihre Arbeit war vorerst getan. Anstatt dem Kleinbus selbst durch die Straßen der Stadt zu folgen, überließen sie das dem GPS-Peilsender. Jede Straße, jede Abzweigung und jeder Stopp wurde an die Geräte im Operationszentrum übermittelt, aufgezeichnet und analysiert.
Wenn der Wagen tatsächlich das war, was Gideon und Heidi vermuteten, dann kannten
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