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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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aufstehen?«
    Das Mädchen reagierte nicht, blieb einfach nur stumm und zusammengekauert sitzen. Munroe rückte näher. Das Mädchen musste vielleicht elf oder zwölf Jahre alt sein. Munroe streckte die Hand nach ihm aus, und das Mädchen stieß einen hilflos klagenden Schrei aus, wollte in Ruhe gelassen werden, wollte zusammengekauert und zitternd in seiner Ecke bleiben.
    Munroe blieb auf allen vieren sitzen, zog sich ein Stück zurück, um weniger bedrohlich zu wirken. »Wie viele Männer halten dich hier gefangen?«, fragte sie.
    Ohne sich zu bewegen, ohne den Blick zu heben, flüsterte das Mädchen: »Zwei.«
    »Der Dicke und der Kleine?«
    Das Mädchen nickte.
    »Du hast jetzt nichts mehr zu befürchten«, sagte Munroe. »Komm mit, komm, sieh selbst, sie sind weg.«
    Munroe streckte die Hand aus, doch das Mädchen machte keine Anstalten sie zu ergreifen. Munroe rutschte ein wenig näher, äußerst behutsam, bis sie das Kind berühren konnte. Das Mädchen zuckte zurück, fing aber nicht an zu schreien, und Munroe zog es so sanft wie nur irgend möglich auf die Füße, führte es zur Zellentür hinaus, die Treppe hinauf und über die Leiche hinweg, die mittlerweile in einer großen, roten Lache lag. Die Leiche, bei deren Anblick das Kind, im Gegensatz zu Munroes Erwartungen,
ruhiger wurde. Die Leiche, die von nun an Munroes nächtlichem Terror zusätzliche Nahrung geben würde.
    Das erste Kind war immer noch da, wo Munroe es zurückgelassen hatte. Sie brachte die beiden Mädchen in die Küche. »Esst«, sagte sie. »Ich muss noch etwas erledigen. Aber ich komme so schnell wie möglich wieder zurück.«
    Munroe sah auf ihre Armbanduhr. Was sich anfühlte wie drei Stunden, hatte nicht einmal zehn Minuten gedauert. Der erste Mann saß immer noch hinter dem Steuer des Wagens, den Kopf weit in den Nacken gelegt. Der Motor lief. Musik und Gelächter schwebten durch die Winterluft. Das Leben war weitergegangen, ohne die Toten zu beachten.
    Munroe schaltete den Motor aus, nahm die Schlüssel an sich, durchsuchte die Taschen des Mannes und nahm ihm das Geld ab, das er für das Mädchen bekommen hatte. Dann schleppte sie ihn zu der Eingangstreppe und setzte ihn neben den anderen Mann. Sie sahen aus wie zwei betrunkene, ins heimliche Gespräch vertiefte Verschwörer.
    Wieder zurück im Haus durchsuchte Munroe das Schlafzimmer nach dem Geld, das sie in einem Versteck dort vermutete. Sie entdeckte es in einer kleinen Kiste hinter einer losen Kachel und kehrte in die Küche zu den Kindern zurück, die mittlerweile alles aufgegessen hatten, was für ihre Entführer bestimmt gewesen war.
    Durch behutsame Fragen entlockte sie den beiden verschiedene Informationen. Das ältere Mädchen war weit, weit im Norden Boliviens aus dem Kreis seiner Familie entführt worden. Das jüngere hatte erst vor Kurzem seine Eltern verloren und war von seinem Onkel verkauft worden.
    Munroe brachte die beiden nach draußen und verfrachtete sie auf die Rückbank des Wagens. Dann setzte sie sich hinter das Steuer und startete den Motor.
    Sie war voller Zorn, ihr Adrenalinspiegel immer noch stark erhöht. Sie durchsuchte die Einträge des Navigationsgeräts, fand ein Kloster in der Nähe und fuhr los. Sie würde diese beiden Mädchen an einen Ort bringen, wo Männer keinen Zutritt hatten, und das Geld, das ursprünglich dazu dienen sollte, ihnen das Leben zu nehmen, würde ihnen nun das Leben retten.
     
    Mit zwei Stunden Verspätung kehrte Munroe ins Hotel zurück. Bradford saß am Schreibtisch und starrte ins Leere. Als sie die Tür öffnete, sprang er auf und hätte beinahe seinen Stuhl umgeworfen.
    Er stand im Zimmer und sagte kein Wort. Sein Gesichtsausdruck verriet Panik, die langsam zu Wut wurde, aber auch Erleichterung.
    Munroe trat ein und zog die Tür hinter sich ins Schloss.
    »Wo warst du?«, fragte er.
    »Ich wurde aufgehalten.«
    »Wäre nett gewesen, wenn du dein gottverdammtes Telefon eingeschaltet hättest.«
    Munroe biss sich auf die Unterlippe. Wartete. »Lass mich bloß in Ruhe, Miles«, sagte sie. »Das ist jetzt wirklich kein guter Zeitpunkt.«
    »Hast du eigentlich eine Ahnung, was ich mir für Sorgen gemacht habe, nachdem Raúl mir erzählt hat, dass du beim vereinbarten Treffpunkt nicht aufgetaucht bist?«, sagte er. »Kannst du dir auch nur im Entferntesten vorstellen, was ich in den letzten Stunden durchgemacht habe?«
    »Und kannst du dir vorstellen, was ich in den letzten Stunden durchgemacht habe?«, entgegnete

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