Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
richtete sich auf und drehte sich um. Sie erstarrte. Er kam näher und schnippte mit den Fingern direkt vor ihrem Gesicht herum. Als sie nicht reagierte, versetzte er ihr einen kräftigen Tritt in die Rippen. Sie stöhnte. Er drehte ihr den Rücken zu, und der Schein der Buglampe umrahmte seine Silhouette. Er war zwar bewaffnet, trug jedoch Zivilkleidung. Er warf die Zigarette weg und sah sie erneut an, ging in die Knie und fummelte an ihren Hemdknöpfen herum.
Der Rhythmus der Trommeln wurde schneller, lauter, übertönte jedes andere Geräusch. Eine einzige Bewegung, geschmeidig, lautlos, schlangenhaft, mehr war nicht nötig. Sie könnte sich das Messer schnappen, ihm die Kehle aufschlitzen und die Leiche ins Meer werfen. Sie zerrte an der Nylonschnur, die um ihre Handgelenke lag. Der Kommandeur des Mannes bellte einen Befehl. Er stand auf, verpasste ihr noch einen Tritt in die Eingeweide, zündete sich die nächste Zigarette an und stellte sich zu den anderen.
Erst ihn, dann die anderen. Mit dem Boot ans Ufer und dann … ja, was dann? Zurück nach Malabo, ohne eine Möglichkeit, sich irgendwo zu verstecken? Und gleichzeitig versuchen, irgendwie von dieser Gefängnisinsel zu entkommen? Atmen. Nachdenken. Zeit. Zeit war unabdingbar notwendig, um Informationen zu sammeln, um zu verstehen, um eine Strategie zu entwerfen.
Munroe warf einen Blick auf das Glühen am Horizont. Die Ölfirmen besaßen Hubschrauber, mit denen sie kranke Mitarbeiter im Notfall nach Kamerun fliegen konnten. Das war eine Option. Sie biss auf die Zähne, verdrehte ihren rechten Daumen, bis er aus dem Gelenk schnappte, zog die Hand aus der Fessel und kugelte sich den Daumen mit einem lautlosen, schmerzhaften Knacken wieder ein. Sie wickelte die Nylonschnur um beide Handgelenke, damit die Arme ihre Position beibehielten. Anschließend bewegte sie die Füße hin und her und stellte fest, dass die Kette nicht besonders fest saß. Vorsichtig, damit die Kettenglieder keine verräterischen Geräusche von sich gaben, zog sie die Füße ein Stückchen heraus. Gut. Sie würde den Anker ohne Probleme loswerden. Damit schob sie die Füße wieder in die ursprüngliche Stellung.
Luba. Sie konnte mit dem Boot nach Luba fahren, und es dort auftanken.
Und dann war die günstige Gelegenheit vorbei. Der Motor wurde abgestellt, und das Boot trieb im Wasser, hob und senkte sich im wogenden Rhythmus der Wellen. Kräftige Hände packten sie am Kragen und zerrten sie auf die Füße, schleiften sie zu der hüfthohen Reling und hoben sie hinauf.
Noch eine hitzige Diskussion in dieser unverständlichen Sprache. Die Hände lockerten für einen Moment ihren Griff, und sie sackte nach vorn. Die Hände schoben sie zurück, woraufhin Schweigen herrschte. Aus halb geöffneten Augen sah sie, wie der Kommandeur nach seiner Pistole griff, und begriff schlagartig, worum der Streit sich gedreht hatte.
Er zielte. Sie stieß sich mit den Beinen ab, warf sich nach hinten und landete mit dem Kopf voraus im Meer. Das Wasser schäumte und gurgelte. Kugeln. Ein Hitzestrahl schoss wie ein Messer durch ihren linken Oberarm. Die Ankerkette zog sich zusammen, und das Gewicht an ihren Füßen riss sie in die Tiefe. Die Kette hatte sich fest geschlossen, ließ sich nicht lösen. Sie strampelte mit den Beinen, riss mit den Fingern daran, so lange, bis sie den rechten Fuß frei bekam. Drei Meter unter dem Boot landete sie auf dem Grund. Der Anker hielt immer noch ihren linken Knöchel fest. Ihre Lungen schrien nach Luft, und sie zerrte voller Panik an der Kette. Keine Zeit. Denk nach. Sie quetschte ihre Finger zwischen Fuß und Kette, bekam zwei, drei Zentimeter Spielraum und war frei. Sie stieß sich vom Meeresboden ab und schwamm auf das Licht zu, löste dabei den Knebel, der ihr immer noch im Mund steckte.
Unterhalb des Bugs kam sie an die Oberfläche, nur mit dem Gesicht. Den Körper hielt sie schützend unter dem schaukelnden Rumpf versteckt, sog gierig den Atem ein, noch einmal und noch einmal, füllte ihre Lungen und ließ sich wieder ins Wasser sinken. Unter dem Boot wickelte sie den Knebel um die Wunde an ihrem Arm, so fest sie nur konnte. Sie wollte vermeiden, dass die Raubtiere der Tiefsee Witterung aufnahmen. Anschließend kam sie erneut an die Oberfläche, holte einmal tief Luft und tauchte. Dieses Mal brachte sie so viel Strecke wie nur möglich zwischen sich und das Boot.
Die Männer liefen auf beiden Seiten des Bootes auf und ab, hielten Ausschau nach einer Bewegung im
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