Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
dich um Hilfe zu bitten, sondern nur um dich zu sehen. Das hier«, sagte sie und deutete erst auf sich und dann auf das umgebende Zimmer, »war, wie du gesagt hast, ein letzter Ausweg. Du hast recht, im Augenblick sitze ich auf dem Trockenen, aber das bedeutet nicht, dass ich keine Mittel zur Verfügung hätte. Ich komme hier auf der Insel bloß nicht an sie ran.« Sie machte eine kurze Pause und sagte dann: »Hast du ein Satellitentelefon?«
»Auf meinem Schiff.«
»Wie viel willst du haben, Francisco? Nenn mir deinen Preis.«
»Ich will gar nichts«, erwiderte er. »Ich werde tun, was ich für dich tun kann, Essa, einfach nur, weil du es bist.«
Sie war gerade dabei aufzustehen und erstarrte mitten in der Bewegung.
Beyard war kein Altruist. Er war ein Halsabschneider und würde niemals auf eine angemessene Bezahlung verzichten. Er wollte etwas von ihr und würde es bei Gelegenheit einfordern. »Wenn das hier vorüber ist«, sagte sie, »hast du die Möglichkeit, deinen Traum zu verwirklichen und Afrika zu verlassen.«
»Vielleicht«, entgegnete er und fuhr fort: »Geh erst mal wieder ins Bett, und schlaf deinen Kater aus. Du wirst deine Kraft noch brauchen.«
Sie zog sich ins Schlafzimmer zurück. Sie würde tun, was Beyard verlangte, weil das der einfachste Weg war, um ihren Willen durchzusetzen, aber sie schlief nicht, machte nicht einmal den Versuch. Sie fühlte sich immer noch leicht benebelt, und auch wenn es schwierig war, die einzelnen Teile des Puzzles, mit dem sie sich während der vergangenen Woche beschäftigt hatte, zusammenzusetzen, spulte ihr Geist ständig irgendwelche Gespräche und Ereignisse ab, und sie dachte über Miles Bradford und darüber nach, was ihm zugestoßen sein mochte.
Es war noch hell, als Francisco zur Tür hereinkam. Er trug einen Rucksack auf dem Rücken und reichte ihr einen zweiten, kleineren. »Kannst du den tragen?«, fragte er.
»Was ist da drin?«
»Bloß ein paar Sachen, die die Arschlöcher nicht in die Finger kriegen sollen, wenn sie das Haus hier plündern.«
Der Marsch zum Schiff führte über einen kaum sichtbaren Pfad, der sie von der Küste weg steil nach oben brachte. Er umging jede noch so kleine Siedlung entlang der Küste und führte stattdessen mitten durch den üppigen Vulkanerde-Dschungel. Francisco ging voraus. Die Umrisse seines Körpers, der Duft nach feuchter Erde, der Rucksack auf ihrem Rücken sowie das schmatzende Geräusch ihrer Schritte in der Stille ließen die Vergangenheit mit einem Mal so lebendig werden, dass sogar das lange Zeit verschüttete Gefühl von Heimat wieder in ihr auflebte.
Der Pfad schlängelte sich genauso schnell wieder zur Küste hinab, wie er sich von ihr entfernt hatte. Am Wasser angekommen deckte Beyard ein verstecktes Dingi auf. Sie schoben es ins Wasser und stiegen ein. Der Kutter lag im tiefen Wasser vor der Küste, und sie kletterten über eine Leiter an Bord. Als Beyard das Beiboot eingeholt hatte, war die Sonne untergegangen. Dunkelheit senkte sich über das Meer.
Das Schiff war größer als sein Vorgänger. Munroe wusste, dass auch hier das rostige, unauffällige Äußere lediglich Tarnung für eine hochmoderne schwimmende Herberge war. Beyard brachte sie nach unten in den Wohnbereich.
»Was sagst du dazu?«, fragte er.
»Beeindruckend.«
»Das ist ein ehemaliger ukrainischer Fischkutter, ausgelegt für fünfzehn Mann Besatzung. Hat aber nicht mehr viel Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Zustand.«
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte sie. Sie ging von Kabine zu Kabine, warf einen Blick in jede einzelne. Sie waren klein und kompakt, jedes bisschen Raum war ausgenutzt worden. Manche sahen so aus, als seien sie erst kürzlich benutzt worden. »Wo ist denn dein Team?«
»In der Nähe.«
»Auf dem Schiff?«
Er schüttelte den Kopf. »Wir treffen uns später. Seit hier in Äquatorialguinea diese Erdölgeschichte ins Rollen gekommen ist, ist unsere Arbeit schwieriger geworden. Aber es gibt immer noch Möglichkeiten. Und andere Geschäfte.«
»Und du hast keine Bedenken, dein Schiff unbeaufsichtigt zu lassen, wenn du an Land gehst?«
»Das mache ich nur selten«, erwiderte er. »Normalerweise nehme ich ein Schnellboot zur Insel und überlasse den Kutter meiner Crew. Nein, ich habe keine Bedenken. Wir sind doch hier am Arsch der Welt – wer sollte da schon auf dumme Gedanken kommen? Die einheimischen Fischer sind schlau genug, mich in Ruhe zu lassen, und falls sich tatsächlich jemand an Bord
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