Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
Erlebnis mit mir geteilt zu haben.«
Statt jedoch zu lachen, zu schmunzeln oder die Anekdote einfach nur zur Kenntnis zu nehmen, wirkte Anya von seinen Worten seltsam berührt. Einen Augenblick lang lag ein so trauriger und sehnsüchtiger Ausdruck auf ihrem Gesicht, dass Drake sich fragte, ob er etwas Falsches gesagt oder sie beleidigt hatte.
»Ihr Vater … ist er … ein guter Mensch?«
Drake zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, er war wie alle anderen. Er hatte seine guten und seine schlechten Tage. Er war kein Heiliger, um es mal so auszudrücken, und wir waren nicht oft einer Meinung, aber … na ja, er war mein Dad.«
Zwischen seinem Vater und ihm hatte eine spannungsreiche und häufig recht abenteuerliche Beziehung bestanden, vor allem als Drake älter wurde. Sein Vater war ein komplexer, fordernder Mann gewesen; dazu jähzornig und kritisch, und er hatte ihm rasch das Gefühl gegeben, seiner unwürdig zu sein. Er war oft kalt und distanziert gewesen und doch gleichzeitig durchaus zu überraschenden und spontanen Gesten von Liebe und Zuneigung fähig.
Drake hatte einen großen Teil seiner Kindheit mit dem Versuch zugebracht, die Anerkennung und den Respekt dieses Mannes zu gewinnen, oft ohne Erfolg. Als Teenager war er störrisch, aufsässig und rebellisch und hatte immer wieder neue und einfallsreiche Wege gefunden, sich in Schwierigkeiten zu bringen und seinen Vater zu verärgern. Ihre Auseinandersetzungen waren in dieser Zeit so heftig gewesen, dass sie manchmal tagelang nicht mehr miteinander geredet hatten.
Erst als Drake erwachsen wurde, hatte sich ihre Beziehung etwas stabilisiert, und schließlich hatten die beiden Männer eine gewisse Toleranz und einen gewissen Respekt füreinander entwickelt. Jedenfalls eine Weile.
Anya war seine Wortwahl nicht entgangen. »War?«
Drake nickte langsam. »Er ist vor drei Jahren gestorben. Er hatte einen Herzinfarkt an einem Sonntagnachmittag … Er ist im Schlafzimmer gestorben. Der Arzt meinte, er hätte nicht gelitten; es wäre so gewesen, als hätte jemand das Licht ausgeschaltet. Ich nehme an, dass sie den Leuten immer so einen Unsinn erzählen.« Er blinzelte, unterdrückte die Erinnerung und sah dann seine Begleiterin an. »Was ist mit Ihnen? Wie sind Ihre Eltern?«
Ihr Gesicht zeigte immer noch diesen entrückten, traurigen Ausdruck.
»Kommen Sie, selbst Sie müssen eine Mutter und einen Vater gehabt haben.«
Sie mied seinen Blick und starrte auf die Straße. Mittlerweile kannte er diese Reaktion; es war ihr üblicher Weg, ein Gespräch abzuwürgen.
Er verstand den Wink, lehnte sich in seinem Sitz zurück und sah zu, wie die Außenbezirke von Al Aqiq an ihnen vorbeizischten. Vor ihnen lag die endlose, schimmernde Wüste.
»Erklären Sie mir, warum sie bei der Passkontrolle nicht abgefangen wurden«, knurrte Dietrich, der sein Handy fest umklammert hielt, als er durch die Ankunftshalle für die internationalen Flüge in Riad International schritt. »Wir hatten Hendersons Reisepassnummer. Warum zum Teufel wurde er nicht aufgehalten, als er versucht hat, damit in Saudi-Arabien einzureisen?«
Die Passanten warfen ihnen neugierige und missbilligende Blicke zu, aber er ignorierte sie. Er kochte vor Wut, weil sie diese einmalige Gelegenheit verpasst hatten, Drake abzufangen. Und er wollte wissen, wer es vermasselt hatte.
»Es hat Zeit gebraucht, bis die Befehle weitergegeben wurden. Außerdem waren die Saudis nicht sonderlich kooperativ«, erwiderte Franklin von der anderen Seite der Welt. Er schien ebenso müde und angespannt zu sein wie Dietrich. »Sie dürfen es als ein Wunder betrachten, dass sie überhaupt ein Shepherd Team ins Land gelassen haben. Sie wollen ganz gewiss nicht wissen, wie viele Gefälligkeiten ich dafür einfordern musste.«
Sollte Franklin auf Dankbarkeit aus sein, redete er mit dem falschen Mann. Irgendetwas an dieser ganzen Sache war faul. Auch wenn die Beziehungen zu den Saudis angespannt sein mochten, hatte die Agency in diesem Teil der Welt durchaus ihre Möglichkeiten. Sie hätten längst ein eigenes Team in Bereitschaft haben sollen, als Drake und Anya landeten. Dieses Team hätte sie bei der ersten passenden Gelegenheit hochnehmen können.
»Sieben Stunden, Dan. Sie haben sieben verfluchte Stunden Vorsprung.«
»Dann schlage ich vor, Sie vergeuden keine Zeit damit, sich bei mir auszuheulen!«, fuhr Franklin ihn an. »Machen Sie mir keine Probleme, Jonas. Davon habe ich hier in D.C. schon genug. Erledigen Sie Ihren
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