Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
eine Spur Argwohn.
Drake überlief ein Schauer. Einen Moment lang sah er ein anderes Mädchen, das ihn anstarrte. Ein Mädchen in einem blauen Kleid, das seine Augen vor Entsetzen weit aufgerissen hatte.
Er blinzelte, und die Vision war verschwunden.
»Kinder«, sagte Hussam, der wieder ins Englische wechselte, als er weiterging. Seine strenge Miene war einem nachsichtigen Lächeln gewichen. »Sie können einem wirklich zusetzen, aber das Leben wäre leer ohne sie. Haben Sie Kinder, Drake?«
Der schüttelte den Kopf. Er war der Überzeugung, eine Familie würde kaum zu dem Leben passen, das er führte. »Nein, ich habe keine.«
Der alte Mann schwieg eine Weile, und Drake drängte ihn nicht. Was auch immer er zu sagen hatte, er würde es aussprechen, wenn er so weit war. Dieser Mann besaß eine gewisse zielstrebige Zuversicht, die Drake nahezu entwaffnend fand, als ob alles, was sich um ihn herum abspielte, nur geschah, weil er es zuließ.
»Sie sehen aus wie ein Mann, der nicht weiß, wohin er gehen soll, mein Freund«, bemerkte Hussam schließlich beiläufig.
»Ganz so falsch liegen Sie damit nicht«, räumte Drake ein.
»Aber Sie reisen in guter Gesellschaft. Darauf können Sie bauen.«
Drake seufzte und richtete den Blick nach oben zum Himmel, als läge dort die Antwort. »Vor einer Woche hatte ich noch nie von Anya gehört. Und selbst jetzt kommt es mir vor, als hätte ich mehr Fragen als Antworten.«
Bei diesen Worten blieb der alte Mann stehen und drehte sich zu ihm herum. Er betrachtete ihn lange und nachdenklich. »Sie ist die ehrlichste Person, die ich jemals getroffen habe, ganz gleich ob Mann oder Frau. Was auch immer sie sagt, es entspricht der Wahrheit. Ist sie Ihr Freund, könnten Sie sich keinen besseren Freund wünschen. Stehen Sie ihr im Weg, werden Sie untergehen. Sollten Sie sie aber betrügen … Dann sei Ihnen Gott gnädig, denn sie wird es nicht sein.«
Drake blickte zur Seite. Erneut stellte er sich die Frage, die ihn verfolgte, seit all das angefangen hatte: Wer war Anya? Und wie ist sie in diese Welt hier geraten?
»Ehrlich gesagt ist das auch genau der Grund, warum ich Sie gebeten habe, mir Gesellschaft zu leisten«, fuhr Hussam fort und begann wieder mit seiner gemächlichen Wanderung. »Es geht um Ameera. Es ist Jahre her, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe, und seitdem ist, wie Sie sagen, viel passiert. Sie ist jetzt anders, in ihrem Innersten; diese Anya ist nicht mehr die Frau, die ich einst kannte. Was ist mit ihr geschehen?«
»Sie … Als ich sie getroffen habe, war sie an einem Ort, der nicht besonders freundlich war. Sie hat viel gelitten. Ich weiß nicht, wie gut sie damit klarkommt.«
Der alte Mann nickte traurig. »Genau das habe ich befürchtet.« Er seufzte. »Sehen Sie mich an, Drake. Ich bin alt und fett und mit meinem Leben zufrieden. So wird sie niemals sein. Sie wird niemals alt werden.«
Seine Worte trafen Drake wie ein Schlag gegen die Brust. »Es ist ihre eigene Entscheidung«, erwiderte er.
»Das stimmt«, gab Hussam zu. »Und jedermann, der versuchen würde, das zu ändern, würde es ganz bestimmt bedauern. Ameera ist der tapferste Soldat, den ich je getroffen habe, aber sie ist dickköpfig und eigensinnig. Sie wird nicht auf vernünftige Argumente hören, und sie gibt niemals nach. Ich sehe sie irgendwann allein dastehen, umzingelt von Feinden. Wenn das geschieht, ist sie verloren.«
»Was kann ich tun?« Drake wusste nicht, worauf der Mann hinauswollte.
»Seien Sie für sie da«, kam die einfache Antwort. »Tun Sie alles, was Sie können, um sie zu beschützen, sogar vor sich selbst. Ich bin zu alt, um dieses Spiel jetzt noch zu spielen, aber Sie sind noch jung. Sie können an ihrer Seite stehen. Ich glaube, es wird der Zeitpunkt kommen, an dem Sie sich entscheiden müssen, ob Sie zu ihr halten oder sich gegen sie stellen. Wenn dieser Moment kommt, dann hoffe ich sehr, Ryan Drake, dass Sie die richtige Wahl treffen.«
Bei seinen Worten überlief es den jüngeren Mann kalt. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er Anya jemals vor irgendjemandem beschützen müsste, dass sie seine Hilfe brauchte oder auch nur wollte. Und doch sah er die Sorge und die Trauer im Blick des alten Mannes. Anya bedeutete ihm viel. Er respektierte sie, sie lag ihm am Herzen, vielleicht liebte er sie sogar.
Drake verstand das besser, als ihm lieb war.
»Wenn es irgendetwas gibt, das ich für sie tun kann, werde ich es tun«, versprach er.
Seine Gedanken wurden vom
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