Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
war nichts wirklich Persönliches – sie waren einfach nur gelangweilt und genervt. Das verstand sie sogar bis zu einem bestimmten Punkt. Es gefiel ihr zwar nicht, aber sie verstand es.
Doch es gab einen Mann, den sie wirklich fürchtete und hasste. Sie nannte ihn einfach nur Bastard.
Ein sehr passender Name.
Denn er gab sich nicht mit willkürlichen Brutalitäten zufrieden. Andere leiden zu sehen bereitete ihm ein makaberes Vergnügen, und er verwandte offenbar sehr viel Zeit darauf, sich neue Möglichkeiten auszudenken, wie er seiner Leidenschaft frönen konnte.
Fesselungen, Nahrungsentzug, Dunkelhaft – all das und mehr hatte er bereits angewendet, aber diese Foltermethoden waren schließlich nur Variationen der Ideen anderer. Ebenso häufig wurde Bastard gerne selbst kreativ.
Zum Beispiel hatte er einmal ein Dutzend Gefangene mitten im Winter in den verschneiten Innenhof geschickt, sie gezwungen, Stiefel und Socken auszuziehen, und nur ein einziges Paar Stiefel in der Mitte des freien Platzes stehen lassen. Im Verlauf der nächsten Stunde hatte er von einem der Türme beobachtet, wie die verzweifelten Männer sich wie die Tiere wegen dieser Stiefel bekämpft hatten.
Sie hatte das nicht selbst gesehen, da man sie nie aus ihrer Zelle ließ, aber sie hatte gehört, wie die Wärter darüber redeten. Sie schienen ihn beinahe ebenso zu hassen und zu fürchten, wie sie selbst es tat.
Beinahe, aber nicht ganz.
Sie war für ihn jedenfalls zu einer fixen Idee geworden. Er war scharf auf sie, während er sie gleichzeitig hasste und verachtete; sie hatte diesen Blick so oft in den Augen anderer Männer gesehen, dass sie ihn in den seinen ebenfalls erkannte. Doch wo die anderen Wärter einen gewissen Respekt ihr gegenüber gelernt hatten, stachelte ihr Widerstand ihn nur noch stärker an, sie zu brechen. Er hatte sie oft genug vergewaltigt, wenn sie Handschellen trug oder von anderen Männern zu Boden gepresst wurde und sich nicht wehren konnte. Ihre ohnmächtige Wut hatte ihm immenses Vergnügen bereitet.
Wahrscheinlich hatte er auch dafür gesorgt, dass sie nicht mehr verprügelt wurde und ihre täglichen Essensrationen deutlich größer geworden waren. Jetzt musste sie nicht mehr hungern wie zuvor. Auf seine eigene perverse Art und Weise kümmerte sich Bastard um sie, damit er sie am Ende dann ganz allein brechen konnte.
Sie setzte sich auf, als der Riegel mit einem metallischen Kratzen zurückgezogen und ihre Zellentür aufgestoßen wurde. In der Öffnung standen zwei Wärter – Triefauge und Krätze.
Ersterer war etwa Mitte fünfzig, und sie vermutete, dass er irgendwann einen leichten Schlaganfall erlitten hatte. Sein linkes Auge hing schlaff herunter, und er hatte Schwierigkeiten, gewisse Worte auszusprechen. Allerdings beeinträchtigte ihn das ansonsten nicht weiter. Er machte sich nur allzu gerne mit Fäusten und Stiefeln verständlich, wenn ihm nicht nach Reden zumute war.
Krätze war ein vergleichsweise junger Mann, etwa Anfang dreißig, der im Unterschied zu seinen Kameraden nahezu schüchtern und unterwürfig wirkte. Man hätte ihn sogar als gut aussehend bezeichnen können, hätte er nicht ein Ekzem gehabt, das ihm ständig zu schaffen machte. Die Haut um seinen Hals herum war dort, wo er sich rasierte und sein Uniformkragen scheuerte, immer gerötet und wund, und seine Hände und Unterarme waren häufig von Schorf und blutigen Striemen überzogen.
Hinter den beiden stand wie ein Koloss ein dritter Wärter. Bastard.
Er war eins fünfundneunzig groß und wog mindestens einhundertfünfzig Kilogramm. Allein seine körperliche Präsenz war gewaltig und beherrschend. Seine Uniform spannte sich über seiner gewaltigen, tonnenförmigen Brust, den breiten, abfallenden Schultern, zwischen denen ein gewaltiger Stiernacken saß, und dem Schmerbauch.
Er hatte derbe Gesichtszüge; alles an ihm schien größer und ausgeprägter zu sein als nötig. Er war zweifellos mindestens fünfundvierzig, aber die harten Winter, der billige A lkohol und sein Nikotinkonsum hatten ihn vorzeitig alter n lassen. Seine Gesichtshaut war schlaff, gelblich und von Falten und kleinen Narben überzogen. Sein breiter Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen, als er seine Gefangene von Kopf bis Fuß maß.
»Komm mit«, sagte er auf Russisch und winkte sie aus der Zelle. »Duschen.«
Das war die vielleicht einzige Pflicht, die die Wärter in Khatyrgan ernst nahmen: Sie achteten peinlich genau auf körperliche Hygiene.
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