Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
Adern in seinen nackten Armen hoben sich deutlich von seiner Haut ab. Sein dunkles Haar war jetzt länger und irgendwie unordentlich, an den Seiten ein bisschen ergraut, und er hatte sich einen Ziegenbart wachsen lassen. Aber selbst das konnte seine hageren Gesichtszüge nicht verbergen.
Er trug ein graues Polohemd und eine Jeans, ein krasser Kontrast zu den Gucci-Anzügen, die er sonst bevorzugte.
Doch seine Augen funkelten immer noch vor Intelligenz, und er bewegte sich mit dem zuversichtlichen, gelassenen Gang eines Mannes, der die Situation vollkommen unter Kontrolle hatte.
»Schön, dass Sie uns Gesellschaft leisten, Jonas«, meinte Drake und warf einen nachdrücklichen Blick auf seine Uhr.
»Schön, hier zu sein, Ryan.« Er betrachtete Drake und runzelte die Stirn. »Sie sehen allerdings etwas müde aus.« Er beugte sich vor und fuhr fort: »Die Aufgabe eines Teamleiters ist wohl nicht so leicht, wie Sie es sich vorgestellt haben, stimmt’s?«
Drake erwiderte seinen Blick gelassen. »Jedenfalls ist das nichts, womit Sie sich jetzt noch belasten müssten.«
Dietrich lächelte kalt, während er einen Moment lang Drakes Blick erwiderte. Ohne etwas zu sagen, setzte er sich dann auf einen Stuhl, kippte ihn auf die beiden hinteren Beine und machte es sich gemütlich, bevor er Drake erwartungsvoll ansah. »Und? Wollen Sie uns nicht endlich aufklären?«
9
Nackt und halb erfroren hatte man sie in ihre Zelle zurückgeschleift und wortlos auf dem Boden abgelegt. Sie registrierte den Schmerz kaum, als ihr Kopf auf den Zement prallte, aber sie spürte, wie die Kälte in ihre Haut sickerte. Ihre Kleider wurden einen Moment später hineingeworfen und landeten auf der schmutzigen Matratze.
Bastard hatte dafür gesorgt, dass sie nackt durch den Gefängnisblock gezerrt wurde. Sie war immer noch von dem starken Elektroschock benommen und bemühte sich, die Kontrolle über ihre Muskeln wiederzuerlangen. Die anderen Insassen waren natürlich begeistert gewesen. Sie hatten gebrüllt und gegen die Gitterstäbe geschlagen. Einige hatten sogar ein paar neue obszöne Ratschläge in ihre Richtung gebrüllt, aber sie hatte kaum darauf geachtet.
Triefauge kicherte immer noch wegen des Spektakels, während er langsam rückwärts aus der Zelle ging und die Tür hinter sich zuschlug.
Sie war allein.
Sie hustete und spuckte aus. Blutiger Speichel klatschte auf den Boden. Wahrscheinlich hatte sie sich auf die Zunge gebissen, als sie den elektrischen Schlag bekommen hatte. Sie nahm einen metallischen Geschmack in ihrem Mund wahr, aber Schmerz spürte sie nicht.
Sie hatte sich mittlerweile so an Schmerzen gewöhnt, dass dieser Zustand fast normal für sie war.
Eine Minute lang rührte sie nicht einmal einen Muskel, sondern lag nur auf dem Boden und beobachtete die Wolken ihres Atems in der kühlen Luft. Es fiel ihr schwer, auch nur den Wunsch aufzubringen, sich zu bewegen. Sie fühlte sich, als hätte man ihr Innerstes nach außen gekehrt.
Es war schon eine Weile her, seit Bastard sie das letzte Mal vergewaltigt hatte, und er hatte sich Mühe gegeben, diese verlorene Zeit wiedergutzumachen. Zweimal hatte er sie in diesem kalten Duschraum vergewaltigt. Zweimal hatte sie das Gewicht seines schweren Leibes ertragen müssen, hatte seinen heißen Atem an ihrem Ohr gefühlt, als er sie grunzend genommen hatte. Sie wusste nicht, was schlimmer gewesen war: das harte, schnelle und brutale erste Mal oder sein zweiter, gründlicherer Versuch.
Sie hätte Wut über das Geschehene empfinden sollen. Sie hätte Ekel verspüren sollen, Hass und Widerwillen, Trauer und ein Dutzend anderer Emotionen, die normale Frauen in einer solchen Situation gefühlt hätten.
Aber nichts dergleichen regte sich jetzt in ihr. Der einzige Ärger, den sie spürte, war gegen sie selbst und ihren Körper gerichtet – gegen ihren weichen, verletzlichen Körper, dem man so leicht wehtun konnte. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie einen Ort wie Khatyrgan mit Leichtigkeit ertragen.
Sie hätte viele Dinge in ihrem Leben besser ertragen können.
Sie war müde. Und sie hatte diesen Ort satt, war es leid, auf die nächste Runde von Schmerz und Demütigung zu warten, war der Kälte überdrüssig, und das immer gleiche beschissene Essen jeden Tag hing ihr zum Halse heraus.
Sie hatte sich einmal für stark gehalten, hatte geglaubt, sie könnte alles ertragen, sich aus jeder Situation herauskämpfen. Vor Jahren war sie ein Soldat gewesen, eine Kriegerin, eine Killerin,
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