Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
denken, oder hatte die wahnsinnige Lust nach Freiheit jeden gesunden Menschenverstand in ihnen erstickt?
Jedenfalls zweifelte sie keine Sekunde daran, dass Khatyrgan heute Nacht untergehen würde. Es gab hier zu viele Gefangene und zu wenig Wärter, um sie in Schach zu halten. Und die Insassen hatten während ihrer Gefangenschaft sehr viel erleiden müssen. Ihre Wut und ihre Rachsucht würden keine Grenzen kennen.
Sie hoffte nur, dass sie von hier wegkamen, bevor der Aufstand das gesamte Gefängnis in Schutt und Asche legte.
Sie riss ihren Blick von dem Chaos im Hof los und beobachtete, wie ihre beiden Retter aus dem Treppenhaus kamen. Sie keuchten und waren der Erschöpfung nahe, wurden nur noch von reiner Entschlossenheit angetrieben.
»Wie kommen wir hier weg?«, wollte sie wissen.
Drake deutete mit der Hand auf den unbeschädigten Turm am Südblock. »Da lang. Beeilung!«
23
»Ich sehe sie!«, rief Frost und deutete auf den Nordwest-Turm.
Keegan nutzte die leistungsstarke Optik seines Zielfernrohrs und bemerkte die drei Gestalten, die über das Dach auf sie zurannten. Die Frau lief vorneweg; Drake, der den verletzten und stark humpelnden Dietrich stützte, folgte ihr.
Er sah, wie Drake an sein Kehlkopfmikrofon griff. »Hier spricht Bravo. Wir sind fast da. Bereitet den Harnisch für das Abseilen vor!«
»Schon fertig«, erwiderte Keegan. »Beeil dich, Bravo. Der Laden hier geht gerade verdammt schnell den Bach runter.«
»Verstanden!«
Im selben Moment hörte Keegan einen Lärm, der das Heulen des Windes und das Knattern der Schüsse übertönte, ein tiefes, rhythmisches Wummern. Der Hubschrauber war im Anflug.
Er schaute nach oben und beobachtete staunend, wie ein riesiger Umriss aus der Dunkelheit im Osten auftauchte, der tief über das Gefängnis hinwegflog; die beiden Rotorblätter peitschten die eisige Luft.
Sein Funkgerät knisterte, als der Hubschrauber dröhnend über ihnen vorbeiflog. »Hier spricht Zulu. Wir landen außerhalb des Gefängnisses, aber das Wetter verschlechtert sich sehr schnell. Wenn wir unsere Position zu lange halten, können wir nicht mehr starten. Beeilen Sie sich!«
»Verstanden, Zulu«, erwiderte Keegan. »Wir sind schon unterwegs.«
Mason stand draußen auf der Brüstung und blickte in den etwa fünfunddreißig Meter tiefen Abgrund hinab. Das Seil führte als einsame weiße Linie an der düsteren Steinmauer nach unten. Ein Rettungsanker. Ihr einziges Fluchtmittel.
Frost stand neben ihm und hatte gerade ihren Harnisch angelegt. »Beweg dich! Los!«, drängte er sie.
Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. »Du hast leicht reden.«
Sie unterdrückte ein plötzlich aufwallendes Schwindelgefühl, trat über den Rand der Brüstung hinweg und sprang. Mit dem Bremshaken an ihrem Harnisch kontrollierte sie das Tempo des Abstiegs. Aber sie sauste erheblich schneller das Seil hinab, als ihr lieb war, weil, wie sie wusste, die Zeit drängte.
Erneut stieß sie sich von der senkrechten Oberfläche ab und löste mit der rechten Hand die Bremse, bevor sie wieder langsamer wurde, als sie zu der Wand zurückschwang.
Kaum hatte sie den Boden berührt, hakte sich Mason an das Seil. Die Kletterharnische waren Teil ihrer Uniform; sie hatten sie angelegt und gesichert, bevor sie in das Flugzeug gestiegen waren, das sie hierhergebracht hatte.
Er trat über den Rand der Brüstung und drehte sich zu dem Scharfschützen herum, der sich immer noch auf der Beobachtungsplattform befand. »Keegan, bei uns ist alles klar. Zieh dich jetzt zurück!«
»Bin direkt hinter dir, Kumpel«, erwiderte Keegan, ohne seinen Blick vom Zielfernrohr zu nehmen.
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er eine Bewegung in dem Turm wahrnahm, aus dem Drake und die anderen gerade gekommen waren. Er wusste nicht genau, ob es ein Wachposten oder ein entflohener Gefangener war, aber er bemerkte den unverkennbaren Umriss einer AK -47 in den Händen des Russen. Im nächsten Moment flammte Mündungsfeuer auf, als der Mann eine Salve abfeuerte.
»Mist! Ich bin getroffen!«, schrie Mason.
Keegan zielte kurz und feuerte. Er traf den Mann etwa in der Körpermitte.
Er hielt sich nicht lange damit auf zu beobachten, wie der Russe zusammensackte, sondern drehte sich zu der Brüstung herum. Er sah gerade noch, wie Mason rücklings über den Rand kippte.
»Cole!«
Er ließ sein Präzisionsgewehr fallen und rannte zum Rand der Brüstung. Als er sich darüber beugte, erwartete er, den Leichnam seines Kameraden auf dem
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