Misstrauen Sie dem unverwechselbaren Geschmack

ist, die denjenigen gegenüber, die bei der Herstellung des Produkts zum Einsatz kamen, gleichwertig oder sogar überlegen sind. Abgesehen von menschlichem Kapital (also Talent) fehlen dem Endverbraucher-Schrägstrich-Schöpfer heutzutage im Vergleich zu den Großkonzernen der Musikindustrie lediglich die finanziellen Mittel zur Vermarktung des Produkts. Beim Geschäft mit populärer Musik geht es heute deshalb interessanterweise hauptsächlich um Werbung.
    Dem Film steht vermutlich eine andere Entwicklung bevor – schon allein, weil der technische Produktionsaufwand verhältnismäßig hoch ist. Terminator III Unplugged ist ein Widerspruch in sich. Ohne den massiven Gebrauch von Technologie geht in Hollywood heute gar nichts mehr. Zahlreiche Technologien wurden sogar extra für die Filmbranche entwickelt. Das Monopol auf die Produktionsmittel (zumindest was die schöpferische Seite betrifft) bleibt den Studios – für den Moment – erhalten, weil sie sich ständig der neuesten Technologie bedienen.
    In der Zukunft könnten heute gedrehte Filme aber – genau wie in der Musikindustrie – irgendwann mit einer End-User-Technologie konfrontiert sein, die weitaus intelligenter und vielseitiger ist als die, die bei der Entstehung des Films zum Einsatz kam.
    Das heißt: Egal, wer Sie sind, worin Ihre künstlerische Absicht besteht, oder wie groß Ihr Budget war, Ihr Produkt wird irgendwann Menschen ausgeliefert sein, deren Rechner undProgramme leistungsfähiger sein werden als alles, was heute überhaupt verfügbar ist.
    Erinnern Sie sich an die Debatte um die Kolorierung von Schwarzweißfilmen? In der Zukunft kann man sich wahrscheinlich aussuchen, ob man einen Film in Farbe oder in Schwarzweiß anschauen möchte. Die kolorierte Fassung ist dann vermutlich die Standardeinstellung, die sich per Knopfdruck verändern lässt.
    Unsere Urenkel werden sich bestimmt einmal darüber wundern, wie viele Einzelgeräte mit speziellen Funktionen wir besaßen. Ihr Kühlschrank wird sie an Termine erinnern, und der Kofferraum ihres Autos wird, wenn nötig, die Lebensmittel kühlen. Sie werden in einer intelligenten Umgebung leben, in der funktionale Knotenpunkte überflüssig geworden sind. Wirklich universelle Software breitet sich aus wie warme Vaseline. Hoch entwickelte Schnittstellen sind durchscheinend, fast schon unsichtbar.
    Dieses Ausbreiten, Zusammenfließen und Verschmelzen einzelner Medien, die ursprünglich getrennt voneinander existierten – das ist die Zukunft, auf die wir meiner Ansicht nach zusteuern. In der Zukunft kann beispielsweise ein linear erzählter Film die Oberfläche für eine virtuelle Welt abgeben. Für Johnny X, einen achtjährigen Endverbraucher, ist das die Realität. Sagen wir, er schaut sich den Film Gesprengte Ketten mit Steve McQueen an – allerdings nicht ohne die Kung-Fu-Künste seines Avatars an den deutschen Wachen im Gefangenenlager auszuprobieren. Einfach, weil es möglich ist. Weil es für ihn immer schon möglich war. Er denkt nicht bewusst darüber nach. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal, dass früher alles anders war. Dass man Kulissen nicht virtuell erkunden oder aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten konnte, dass man keine Türen öffnen oder Räume betreten konnte, die im ursprünglichen Film gar nicht vorkamen.
    Und wenn seine Aufmerksamkeit abschweift, beschließt er vielleicht, sich den Film aus dem Blickwinkel von Steve Mc-Queens Baseball anzuschauen.
    Irgendwo unter den zahllosen Einstellungen in Johnnys System gibt es auch die Möglichkeit, den Figuren im Film Hundeköpfe zu verpassen. Dass diese Einstellung auf das Motiv von Poker spielenden Hunden zurückgeht, das zu Zeiten von Edward VII. sehr populär war, weiß er nicht. Aber das ist okay, schließlich ist er kein Geschichtsprofessor. Und wenn er es wissen müsste, würde das System es ihm mitteilen. Man kann sich sogar die Hunderassen aussuchen – aber das ist nur eine Spielerei.
    Ein paar Stunden später stößt er auf einen Film namens The Hours , den er langweilig findet, und er fragt sich, wie die Hauptdarstellerinnen wohl mit Hundeköpfen aussehen würden. Damit gefällt ihm der Film viel besser. Bis er beschließt, mal wieder die Kung-Fu-Künste seines Avatars auszuprobieren …
    In diesem Szenario ist das uralte Projekt, das damals am Feuer begann, zum Abschluss gelangt. Die Muster in den Köpfen unserer Vorfahren, die über Tausende Jahre hinweg nach außen projiziert wurden, existieren nun unabhängig vom