Mistelzweig und Weihnachtskuesse
gehört.“
Ohne ein Wort zu sagen, starrte er auf einen Punkt links hinter ihr. Keine einzige Muskelbewegung verriet, was er dachte.
„Jordan?“
„Es ist egal“, sagte er. „Das ist alles lange her.“
„Es ist nicht egal. Da sind noch so viele ungelöste Fragen. Es tut mir leid, dass du das so lange mit dir herumtragen musstest. Es war bestimmt schwer für dich.“
Keine Antwort.
Langsam atmete sie ein. „Weißt du, es ist nicht nur Louises Fehler.“
„Schon klar, dass du als Frau dich auf ihre Seite schlägst.“
„Das hat mit nichts auch nur irgendetwas zu tun.“
„Wenn nicht ihrer, wessen Fehler ist es dann?“
„Louise hat einen Teil der Schuld, aber nicht die ganze.“
„Wie praktisch, dass du allen ihren Anteil zuweist“, gab er sarkastisch zurück. „Warum teilst du nicht alles auf und gibst mir dann Bescheid, wie viel meine Schuld ist, wie viel Louise gehört und allen anderen auch? Schließlich bist du ja Expertin in Beziehungsfragen.“
Wie spitze Steine prasselten seine Worte auf sie ein. Auch wenn sie keinen sichtbaren Schaden davontragen würde, spürte sie jeden einzelnen Schlag. Dieser Jordan war böse und kaltherzig. So konnte sie ihn weder mögen noch ihm vertrauen. Trotzdem war er ihr wichtig, also blieb sie sitzen.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sah er sie an und lächelte ihr schwach zu. „Entschuldige. Ich wollte nicht so ekelhaft sein. Es ist einiges passiert, und es fällt mir schwer, darüber zu reden. Du kannst das nicht verstehen, Holly. Du bist zu unschuldig.“
„So unschuldig wie Louise, als ihr all das passiert ist?“
Sein Lächeln verschwand. „Einen Punkt für dich.“
Sie spürte seinen Kummer, während sie angestrengt ihren eigenen ignorierte. „Jordan, hier geht es nicht um Punkte, um gewinnen oder verlieren. Das ist das Leben. Du musst dich damit abfinden. Nicht für Louise, sondern für dich selbst.“
„Du hast verdammt noch mal keinen Schimmer, wovon du sprichst. Wenn sie nur mit dem Alten geschlafen hätte, hätte ich es verstanden. Er war ein Mistkerl erster Klasse, und garantiert liebte er es, Schulmädchen zu verführen. Louise war wohl kaum die Erste oder die Letzte. Aber sie hat es nicht dabei belassen. Sie hätte einfach wegbleiben sollen, aber sie musste ja wiederkommen. Sie kam zurück in die Stadt und zerstörte meine Familie.“
Sein Zorn war beinahe mit Händen zu greifen, wie ein wildes Tier, das im Zimmer lebte und atmete. Für die nächsten Worte sammelte Holly all ihren Mut. „Für mich hört es sich an, als wäre deine Familie schon lange vor Louises Rückkehr auseinandergebrochen.“
„Wir hatten Probleme wie andere Familien auch. Aber ohne sie hätte meine Mutter uns nicht verlassen. Und jetzt ist Louise da, im Leben von uns allen. Ich hasse es. Kaum drehe ich mich um, taucht sie wieder beim nächsten Familientreffen auf.“
„Sie tut niemandem weh. Außerdem kümmert sie sich rührend um die Familie. Was soll daran falsch sein?“
„Sie führt uns an der Nase herum.“
„Nein.“ Holly lehnte sich vor und faltete die Hände. „Jeder in der Familie ist ihr wichtig, sogar du. Und sie liebt die Kinder.“
„Liebe.“ Verbittert lachte Jordan auf. „Das wird uns noch alle ruinieren.“
Eine Kältewelle schwappte über sie hinweg. „Was meinst du damit?“
„Deine hochgelobte Liebe zerstört nur. Wenn man meinen Vater gefragt hätte, er hätte geschworen, dass er seine Söhne liebt. Die Schläge sollten sie nur auf dem rechten Weg halten. Auch seine Frau hat er geliebt. Er hatte seinen Spaß, na und? Er kam ja jede Nacht nach Hause, das sollte alles wiedergutmachen. Sein Vater und seine Onkel, seine Brüder, ja sogar sein Großvater haben es nicht anders gemacht.“
Er hielt kurz inne und lehnte sich in seinem Krankenhausbett zurück. „Willst du mehr über die Liebe hören? Craig hat seine erste Frau geliebt. Krystal war ein Flittchen, aber jahrelang wusste er von nichts. Jeden von uns Brüdern hat sie angebaggert. Es hat uns angewidert, aber wir haben ihm nichts gesagt. Und Krystal hat sich ebenfalls angemaßt, Craig zu lieben. Angeblich liebte sie auch ihre Söhne.Trotzdem konnte sie sie verlassen und nach der Scheidung nie wieder besuchen. Liebe zerstört alles, womit sie in Berührung kommt.“
Hollys erster Impuls war zu widersprechen. Aber auch in ihrem Leben hatten Menschen unter der Liebe gelitten. Ihre Mutter hatte Hollys Vater geliebt, und er hatte sie enttäuscht. Selbst als sie im
Weitere Kostenlose Bücher