Mister Peanut
gefolgt von einer kreisförmigen Sägearbeit am Brustbein, das, kurz bevor es aufgebrochen wurde, mit den abgehenden Rippen und den Schlüsselbeinen an die Unterseite eines riesigen Käfers erinnerte. Der Wundspreizer aus Edelstahl wurde abgesenkt, die Klammern wurden sanft gesetzt, und dort, in jenem rechteckigen Fenster, lag das Herz, vom purpurnen Herzbeutel umschlossen, dessen schützende Hülle kreuzförmig aufgeschnitten wurde. Anschließend wurden die vier Dreieckslappen wie eine Geschenkverpackung beiseitegeklappt und an das Gestell des Wundspreizers geklammert, sodass zuletzt das entblößte Organ auf dem gespannten Tuch lag wie in einer Hängematte. Wie Chappie erklärte, litt die Patientin an einer akuten Herzklappeninsuffizienz. Ihr Zustand war so kritisch, dass sie der Implantation einer noch im Experimentierstadium befindlichen Kugelkäfigprothese zugestimmt hatte, einer künstlichen Herzklappe, die mit Halteringen in der Hauptschlagader befestigt wurde. Ein erstaunlicher, siebenstündiger Eingriff, der ein hohes Maß an Präzision und einen nie da gewesenen Technologieglauben voraussetze. Genau so könnte ich hier leben. Glücklich, immer auf dem Sprung, eine Speerspitze der Medizin. Man erlaubte ihm, die künstliche Herzklappe einzusetzen, eine verflixt anspruchsvolle Aufgabe angesichts des schlechten Zustandes, in dem sich das Aortagewebe der Patientin befand.
»Das Gewebe ist so kaputt«, erklärte Chappie, »dass wir es eigentlich mit einem Stück Pulmonalarterie verstärken sollten.«
»Und woher nehmen wir die?«
»Organspende«, antwortete Chappie. »Leider hatten wir in der Vergangenheit Probleme mit den Abstoßungsreaktionen.«
Als sie die Frau von der Maschine nahmen, sagte Chappie mit einem Blick aufs EKG: »Mal sehen, ob die Pumpe anspringt.«
Die Frau starb noch auf dem OP-Tisch.
Als er Susan von ihrem Apartment abholte, war er zu müde, um von seinem Tag zu erzählen. Eigentlich wollte er nur noch schlafen. Aber Susan hatte Hunger, und ihr Kleid verriet ihm auf den ersten Blick, dass sie darauf wartete, ausgeführt zu werden. Chappie hatte ihm ein Restaurant in Santa Monica empfohlen – das Ernie’s am Barnard Way –, und der Tipp erwies sich als goldrichtig. Sie saßen draußen, mit Blick auf den Pier, wo eine Karussellorgel klagende Töne über den emaillierten Ozean schickte und das ferne Riesenrad Sheppard an eine geweitete Pupille denken ließ. Er versuchte tapfer, sich selbst aus seinem Schweigen und seiner Distanziertheit aufzurütteln, aus der schleichenden Entfremdung, die eine Folge der im OP verbrachten Stunden und der vergangenen Nacht war. Vielleicht aus einem vagen Unwohlsein heraus gab Susan eine Anekdote über ihre Vorgesetzte zum Besten, die Laborleiterin der Pathologie. Obwohl Sheppard kaum zuhörte, entging ihm nicht, dass sie sich wieder einmal eine ihrer Kolleginnen zur Feindin erkoren hatte, weil diese sie angeblich vom ersten Tag an in ihren Möglichkeiten beschneiden und ihr das Leben zur Hölle machen wollte – in Bay View hatte diese Frau Tricia geheißen –, und all diese vorsorglichen Schuldzuweisungen nur, damit Susan, wenn sie dann endlich entlassen wurde oder die Kündigung einreichte, vor sich selbst keine Verantwortung übernehmen musste.
»Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte sie.
»Entschuldige«, sagte er und legte seine Hand auf ihren Handrücken, auch wenn ihm die Geste aufgesetzt vorkam, wie eine Pantomime der Intimität. »Ich bin kaputt.« Er berührte ihre Finger und betrachtete den Hämatit, den er ihr geschenkt hatte, Grün mit zarten, roten Einschlüssen.
»Sam«, sagte sie. »In deinen Briefen hast du immer wieder geschrieben, du hättest mir etwas zu sagen, wenn du hier bist.«
»Ich weiß«, sagte er. Plötzlich hatte ihn seine Entschlossenheit verlassen.
»Wirst du es mir nicht sagen?«
»Doch«, sagte er, »aber ich bin gerade erst angekommen.«
Sie sah verwirrt aus.
»Ich möchte«, erklärte er, »dass wir einfach nur ein paar Tage zusammen sind – dass wir wir sind. Lass mich erst einmal ankommen.«
»Aber dann wirst du es mir sagen?«, fragte sie.
»Ja«, sagte er, »natürlich.«
Beim Abendessen stieg seine Stimmung, und Marilyn war weit, weit weg. Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, fuhren sie in nördlicher Richtung über den Pacific Coast Highway nach Palisades, dann weiter nach Westen zum Will Rogers Park. Gelegentlich beugte Susan sich herüber, um ihn zu küssen oder ihm mit der Hand über den
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