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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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Oberschenkel zu streichen, woraufhin sich seine Gleichgültigkeit und Distanziertheit auflösten, bis wieder einmal feststand, dass sie schnell irgendwo hinfahren mussten, dass sein Verlangen nach dieser Frau wie ein unauslöschliches Feuer war, und als sie Michaels Haus erreicht hatten – es war spät, schon nach zehn, und niemand kam zur Tür, als er aufschloss –, scheuchte er sie gleich ins Gästezimmer durch. Später, als sie nebeneinanderlagen, flüsterte Susan: »Das habe ich schon mal geträumt.«
    Dann schlief sie ein und fing so laut zu schnarchen an, dass er sich aufsetzen musste. Und plötzlich kam er ins Grübeln. Eine weitere schlaflose Nacht, und er wäre erledigt. Er war durstig, weil er zu viel Wein getrunken hatte, also schlich er in die Küche. Er stellte sich an die Spüle, kippte zwei Gläser Wasser hinunter und wollte gerade das Licht ausknipsen, als Michael erschien. Er hielt die Hände in die Taschen seines Bademantels gedrückt, sah Sheppard grimmig an und nickte in Richtung des Gästezimmers. »Ist sie da drin?«
    »Susan? Ja.«
    Michael zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen. »Was tust du da, Sam?«
    Sheppard schwieg.
    »Lass es mich so ausdrücken: Was tust du da in meinem Haus ? Du liebe Güte, hier wohnen Kinder! Und zu allem Überfluss sind wir mit Marilyn befreundet. Wie konntest du uns in diese Lage bringen?«
    »Ich möchte, dass du nichts dazu sagst.«
    Michael tippte sich an die Stirn. »Sam, genau darum geht es.«
    »Dann tut es mir leid.«
    »Wirst du dich von Marilyn scheiden lassen?«
    Sheppard zuckte mit den Achseln.
    »Solltest du.«
    »Michael, bitte …«
    »Nichts da. Dein Verhalten ist krankhaft.«
    »Ich denke, wir haben uns beide schon krankhaft verhalten.«
    Michael kam näher heran und flüsterte: »Du spinnst ja. Du solltest dir dein verdammtes Hirn untersuchen lassen. Ich meine es ernst. Du solltest dir einen Psychologen suchen.«
    Vor Scham und Wut konnte Sheppard sich nicht dazu bringen, ihn anzusehen.
    »Du reist früh ab«, sagte Michael, »und zwar gleich morgen. Nimm mein Auto. Ist mir scheißegal. Fahr ins Hotel und tu, was du nicht lassen kannst. Hauptsache, du bist nicht mehr hier, wenn Emma aufwacht. Denn dann kann ich für nichts mehr garantieren, das schwöre ich dir. Hast du mich verstanden?«
    »Ja«, sagte Sheppard.
    Seltsamerweise brachte die Konfrontation endlich Klarheit. Worauf wartete er noch? Was stimmte nicht mit ihm? Am nächsten Morgen checkte er ins Hotel Argyle ein.
    Der Umzug schien Susan etwas zu bestätigen, sie auf rätselhafte Weise zu begeistern. Als er am nächsten Tag aus dem Krankenhaus kam, hatte sie einen frischen Blumenstrauß auf der Kommode platziert und war gerade dabei, ihm aus dem Schüttelbecher einen Martini einzuschenken. »Willkommen daheim, Doktor«, sagte sie und kam ihm mit dem Glas in der Hand entgegen. Und noch bevor er den Martini austrinken konnte, hatte sie sich über ihn hergemacht; die Frau, die er vor drei Jahren kennengelernt hatte, gierig und einfallsreich und unersättlich. Danach, als sie im Halbdunkel lagen, sagte sie zu ihm: »Sag mir, was du mir erzählen wolltest. Ich habe gewartet, Sam. Ich habe sehr viel Geduld bewiesen.«
    »Du willst hören, dass ich dich liebe?«, fragte er.
    »Das hast du mir schon einmal gesagt«, meinte sie. »Aber du kannst es natürlich gern wiederholen, wenn du das möchtest.«
    Ihre Beharrlichkeit drängte ihn in die Defensive. »Vielleicht könnte etwas zu essen meine Erinnerung auffrischen«, scherzte er.
    Während sie sich anzogen, wurde Susan still und mixte sich einen zweiten Drink, und als er am Spiegel hinter sie trat und seine Hände auf ihre Schultern legte, versteifte sie sich. Es war an Sheppard, gegen das Schweigen anzuplaudern und Gesprächsthemen zu finden – seine Fortbildung zum Beispiel. Immer schon hatte er sich gern mit Susan über seinen Beruf unterhalten. Anders als Marilyn war sie wissbegierig, und sie wusste, welche Fragen sie keinesfalls stellen durfte. Aber an diesem Tag gelang es ihm einfach nicht, sie aus der Reserve zu locken.
    Beim Dessert, noch während er den Eingriff vom Nachmittag schilderte, ließ sie plötzlich ihren Löffel fallen, der mit lautem Klappern auf dem Teller landete. »Wann reist du ab?«, fragte sie.
    »Wie meinst du das?«
    »Von hier«, sagte sie, »Los Angeles. Wann fährst du weg?«
    »Am Sonntag«, sagte er, »das weißt du doch.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Und wann kommst du wieder?

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