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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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wissen, dass das Mädchen nie im Leben Selbstmord begangen hat.« Ritter zog die Tür hinter sich zu und nahm Platz.
     
    Hastroll musste Hannah irgendwie aus dem Schlafzimmer locken. Es musste einen Weg geben. Er überlegte sich, sie herauszulocken, an ihr vorbeizulaufen und die Tür abzuschließen. Er legte sich Pläne zurecht. Er spielte mit dem Gedanken, eine Flasche Motten ins Schlafzimmer zu schmuggeln, denn Hannah ekelte sich vor allen Flattertieren, vor Tauben, Motten, Fledermäusen; aber woher sollte er einen ganzen Schwarm Motten bekommen?
    Er beschloss, ihr Mobiliar abzustoßen. Nicht, es zu verkaufen. Er würde es im wahrsten Sinn des Wortes zum Fenster rauswerfen. Im Laufe der Jahre hatte Hannah jede Neuanschaffung mit Bedacht ausgewählt. »Besser, man legt ein bisschen mehr an und kauft sich was fürs Leben«, hatte sie immer gesagt. (Was für eine vernünftige Frau er doch hatte!) Viele der Einrichtungsgegenstände waren für Hannah von besonderem sentimentalen Wert. Sie würde gezwungen sein, aus dem Bett zu steigen und ihn aufzuhalten! Er rief bei der Heilsarmee an. »Ich mache Ihnen ein Angebot, das Sie nicht ausschlagen können«, sagte er. Die Heilsarmee winkte ab. Beziehungsweise war sie nicht in der Lage, innerhalb der nächsten Woche vorbeizukommen, und eine zusätzliche Woche mit Hannah im Bett schien Hastroll unerträglich. »Schön«, sagte er. »Dann beschenke ich jemand anderen!« Er rief beim Verein für geistig behinderte Mitbürger an. Ein geistig behindert klingender Mensch kam an den Apparat. »Ich möchte meine Möbel loswerden«, sagte Hastroll.
    »Okay, wo wohnen Sie?«
    »Greenwich Village«, antwortete Hastroll.
    »Tut mir leid«, sagte der Mensch, »aber nach Connecticut fahren wir nicht.« Dann legte er auf.
    »Mit wem telefonierst du?«, fragte Hannah vom Bett aus.
    »Mit niemandem!«, rief Hastroll.
    »Du liebe Güte«, sagte Hannah, »da hat wohl jemand schlechte Laune.«
    Er rief bei Gesucht und Gefunden an, einem Secondhandladen, aber nachdem er aufgezählt hatte, was zu vergeben war – ein Sofa, ein Sessel, ein Fernseher, eine Stereoanlage, Tafelsilber, Weingläser, Geschirr, Töpfe und Pfannen, vier Lampen, eine Kaffeemaschine, ein Kronleuchter, ein Schreibtisch, eine Essgruppe, eine Anrichte, Bücher, eine Machete und eine Säge, alles in untadeligem Zustand und »alles«, wie Hastroll betonte, »von bester Qualität« –, lehnte der Ladeninhaber dankend ab, sein Lager sei voll mit derartigem Krempel. Hastroll rief Obdachlosenheime und die Pfadfinder an, aber niemand war interessiert. Er versuchte es bei Goodwill, die aber keinen Abholservice anboten. Schließlich rief er aus lauter Verzweiflung ein Taxi, fuhr nach Alphabet City, ging auf die beiden nächstbesten, verdächtig aussehenden Schlägertypen zu, verhaftete sie und scheuchte sie ins Taxi, nicht ohne ihnen beim Einsteigen den Kopf sanft niederzudrücken. Er erklärte ihnen die Lage – »Ihr werdet all meine Möbel klauen, ich komme für den Transport auf!« – und nahm sie mit nach Hause.
    Die Männer, Roscoe und Lee Browne, traten ein und schauten sich um. »Psst«, sagte Roscoe.
    »Wie, psst?«
    »Das ist ’ne Falle, garantiert«, sagte der Mann.
    »Das ist viel zu schön, um wahr zu sein«, sagte Browne.
    »Nein«, sagte Hastroll, »das ist keine Falle. Und auch nicht zu schön, um wahr zu sein. Das ist Nächstenliebe.«
    »Vielleicht wollen wir Ihre Nächstenliebe gar nicht«, sagte Roscoe.
    »Umgekehrt«, sagt Hastroll. »Ein Akt der Nächstenliebe von euch für mich.«
    Die beiden Männer sahen sich an, schüttelten mitleidig den Kopf und machten »Ts!«.
    »Vielleicht gefällt uns Ihr Zeugs nicht«, sagte Browne.
    »Bitte«, sagte Hastroll, »bitte nehmt es mit. Ich flehe euch an. Andernfalls seid ihr verhaftet.«
    Die Männer machten sich daran, die Möbel hinauszutragen.
    »Was ist da draußen los?«, fragte Hannah.
    »Nichts«, antwortete Hastroll. »Ich verschenke bloß unsere Möbel.«
    »Oh«, sagte Hannah.
    »Genau«, sagte Hastroll, »immer raus damit!«
    »Alles?«
    »Ja.«
    »Ach komm, Ward«, rief sie, »du machst Witze.«
    »Sieh selbst.«
    Als sie schwieg, schlich Hastroll an die Schlafzimmertür und machte sich bereit, sich auf sie zu stürzen.
    »Nicht nötig«, sagte sie. »Ich glaube dir.«
    Roscoe ließ Hannahs Lieblingslampe fallen, die sofort zerbrach. Browne nahm das Bild, das Hannah von Hastrolls Rosenbeet gemalt hatte, von der Wand. Auch das fiel zu Boden, und der Rahmen

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