Mistreß Branican
zwei Monate – vom 15. März bis zum 15. Mai – untersuchte der Capitän, nachdem er seinen Kohlenvorrath im Hafen von Damaring ergänzt hatte, alle Buchten und Einschnitte im Osten.
Die Insel Celebes, welche von Magellan entdeckt wurde, hat nicht weniger als hundertzweiundneunzig Meilen Länge und fünfundzwanzig Meilen Breite. Sie hat eine so eigenthümliche Gestalt, daß einige Geographen sie mit einer Tarantel verglichen haben, deren große Füße, welche Halbinseln bilden, ausgestreckt sind. Der landschaftliche Reiz, der Reichthum ihrer Producte, die glückliche Lage ihrer Gebirge wetteifern mit denen von Borneo.
Aber ihre zerklüftete Küste bietet den Piraten ausgezeichnete Schlupfwinkel, so daß hier den Schiffen die größten Gefahren erwachsen.
Trotzdem setzte Ellis mit peinlichster Genauigkeit seine Nachforschungen fort. Nachdem er seine Kessel ordentlich hatte heizen lassen, besichtigte er die Küste mit den Booten, immer bereit, bei der geringsten Gefahr sofort an Bord zurückzukehren.
Als das Schiff sich dem südlichen Theile dieser Meerenge näherte, war die Gefahr keine so große mehr. Dieser Theil von Celebes steht ja unter holländischer Herrschaft.
Die Hauptstadt dieser Besitzungen ist Mahkassar, früher Wlaardingen, die von dem Fort Rotterdam geschützt wird. Hier landete der Capitän Ellis am 17. Mai, um seiner Mannschaft ein wenig Ruhe zu gönnen. Wenn er hier auch nichts vernahm, was ihn auf die Spur des »Franklin« hätte führen können, so erhielt er doch in diesem Hafen eine höchst wichtige Nachricht: Am 3. Mai 1875 war dieses Schiff in einer Entfernung von zehn Meilen von Mahkassar in der Richtung nach dem Javanischen Meer gesehen worden. Es war daher mit Bestimmtheit anzunehmen, daß es nicht in den furchtbaren malayischen Gewässern gescheitert war. Also jenseits von Borneo und Celebes, d. h. im Javanischen Meere, mußte man die Nachforschungen fortsetzen, und zwar bis nach Singapore selbst.
In einem Briefe, den er über diese wichtige Nachricht sofort an Mrs. Branican absandte, erneuerte er sein Versprechen, sie von den Untersuchungen im Javanischen Meere und zwischen den Sundainseln auf dem Laufenden zu halten.
Und es war auch wirklich schon von vornherein bestimmt gewesen, daß der »Dolly-Hope« nicht den Meridian von Singapore überschreite, der also die äußerste Grenze nach Westen bilden sollte. Bei der Rückfahrt sollte er dann noch die südlichen Gestade des Javanischen Meeres durchsuchen und die Inselgruppe, welche hier die Grenze bildet, durchforschen; dann sollte er durch die Molukken wieder in den Stillen Ocean fahren und nach Amerika zurückkehren.
Der »Dolly-Hope« verließ am 23. Mai Mahkassar, fuhr den südlichen Küsten der Meerenge, welche die Insel Celebes von der Insel Borneo trennt, entlang und landete in Bandger-Massing. Hier residiert der Gouverneur von Borneo oder vielmehr von Kalematan, um schon den richtigen geographischen Namen zu nennen. Die Schiffsregister wurden hier mit der größten Genauigkeit durchgesehen, doch konnte man nirgends finden, daß der »Franklin« signalisiert worden wäre.
Zwei Tage später fuhr das Schiff südwestlich weiter und warf in dem Hafen von Batavia Anker, an der äußersten Spitze jener großen Javanischen Insel, die vulcanischen Ursprunges ist und fast noch immer thätige feuerspeiende Berge hat.
Einige Tage genügten der Mannschaft, die Vorräthe in dieser großen Stadt zu ergänzen, welche der Hauptort der holländischen Besitzungen in Oceanien ist. Auch der Generalgouverneur konnte nicht die geringste Mittheilung über das Schicksal des »Franklin« machen. In dieser Zeit ging die Meinung der Seeleute von Batavia dahin, daß der amerikanische Dreimaster in einen Wirbelsturm gerathen und mit Mann und Maus untergegangen sei. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1875 ging eine große Anzahl von Schiffen verloren, von denen man nichts mehr gehört hatte, und die so verschwunden waren, daß nicht die geringsten Trümmer an die Küste gespült wurden.
Das Schiff verließ Batavia, ließ die Sunda-Meerenge, welche das Javanische Meer mit dem von Timor verbindet, backbord und fuhr dann auf die Inseln Billitow und Bangha zu. Ehemals war das Anlaufen der Schiffe, die hier Eisen und Zinn faßten, wegen der Piraten mit steten Angriffen verbunden, aber die Seepolizei vernichtete dieselben schließlich, und es war kein Grund vorhanden, zu denken, daß der »Franklin« und seine Mannschaft ihnen zum Opfer gefallen
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