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Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge

Titel: Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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wegen Muffin-Zerteilen.«
    »Wegen was?«, fragte Daisy und setzte sich.
    »In der Klinik. Ich hab mal meinen Muffin halbiert. Die Vorschrift war, dass niemand mit seinem Essen in Beziehung treten darf - so hieß das dort, in Beziehung treten -, außer um es zu essen. Und ich hatte eben zufällig dieses Plastikmesser in der Tasche, mit dem hab ich meinen Muffin durchgeschnitten, und jemand hat es Luke gepetzt. Und der baut sich vor mir auf, Arme verschränkt, und sagt: ›Uns ist zu Ohren gekommen, dass du deine Muffins zerteilst, Nina.‹« Das Mädchen verdrehte die Augen zum Himmel, als der Satz heraus war. »Muffin-Luke. Das Arschloch.«
    Daisy und Harmon wechselten einen Blick.
    »Wie sind Sie denn aus der Klinik rausgekommen?«, fragte Harmon.
    »Getürmt. Aber das nächste Mal lassen sie mich einweisen, sagen meine Eltern, und dann war’s das.«
    »Dann runter mit dem Doughnut«, sagte Harmon.
    Das Mädchen kicherte. »Sie sind auch irgendwie schräg drauf.«

    »Er ist nicht schräg drauf. Er sorgt sich um dich. Und jetzt iss den Doughnut«, sagte Daisy mit singender Stimme.
    »Und was läuft zwischen euch beiden?« Das Mädchen schaute von einem zum anderen.
    »Wir sind gute Freunde«, sagte Daisy, aber Harmon sah, wie sie rot wurde dabei.
    »Okay.« Wieder wanderte Ninas Blick zwischen ihnen hin und her. Neue Tränen stiegen ihr in die Augen und flossen über. »Ich weiß nicht, wie’s mit mir weitergehen soll, ohne Tim«, sagte sie. »Und zurück in die Klinik gehe ich nicht.« Sie zitterte jetzt. Harmon zog seine große Wolljacke aus und legte sie ihr um die Schultern.
    »Musst du ja auch nicht«, sagte Daisy. »Aber essen musst du. Du findest einen neuen Freund, wirst schon sehen.«
    Etwas in ihrem Ausdruck veränderte sich, und Harmon begriff, dass das ihre Angst war - nicht geliebt zu werden. Wer hatte diese Angst nicht? Aber er wusste auch, dass die Wurzeln ihrer Probleme lang und verworren waren und dass die Sicherheit von Daisys Häuschen keine dauerhafte Zuflucht bedeuten konnte. Sie war sehr krank. »Wie alt sind Sie?«, fragte er.
    »Dreiundzwanzig. Also denken Sie nicht, Sie kriegen mich in die Klinik. Ich weiß Bescheid mit diesem Scheiß«, fügte sie hinzu. »Keine Tricks also.«
    Er streckte ihr beide Handflächen entgegen. »Keine Tricks.« Er ließ die Hände sinken. »Sind Sie nicht auch verhaftet worden?«
    Nina nickte. »Musste mich mal wieder mit der JGH rumschlagen. Wir haben beide Bewährung gekriegt, aber ich durfte mir noch eine Extra-Standpauke anhören, weil ich, na ja, ein bisschen auf diesen Bullenarsch losgegangen bin.«
    »Was ist JGH?«
    Aber Nina war erschöpft, sie verschränkte die Arme vor
sich und bettete den Kopf darauf, wie er es schon im Clubhaus beobachtet hatte. Er und Daisy tauschten einen Blick. »Nina«, sagte er leise, und sie wandte ihm die Augen zu. Er nahm den Doughnut in die Hand. Er sagte: »Ich glaube nicht, dass ich bisher jemals einen Menschen um etwas angefleht habe.« Ein klein wenig lächelte sie. »Und ich flehe Sie jetzt an, essen Sie.«
    Das Mädchen setzte sich sehr langsam auf. »Nur weil Sie nett waren«, sagte sie. Sie machte sich so gierig über den Doughnut her, dass Daisy sie ermahnen musste, sich zu bremsen.
    »Er hat Ihnen was geklaut neulich«, sagte Nina mit vollem Mund zu Harmon. »Er hat ein Stück Schlauch geklaut, für eine Bong.« Sie griff nach dem Glas mit der Milch.
    »Du bist besser ohne ihn dran«, sagte Daisy.
    Ein lautes Klopfen an der Küchentür ließ sie alle herumfahren; die Tür öffnete sich, fiel mit einem Knall zu. »Hallo!«
    Das Mädchen stieß ein Wimmern aus, spuckte den Doughnut in Harmons Taschentuch, erhob sich halb von ihrem Stuhl. Harmons Jacke rutschte von ihren Schultern und auf den Boden.
    »Nicht, Kindchen.« Daisy legte ihr die Hand auf den Arm. »Das ist nur eine Nachbarin, die fürs Rote Kreuz sammelt.«
    Olive Kitteridge stand in der Esszimmertür. Sie füllte sie fast völlig aus. »Nun schaut euch diese kleine Teegesellschaft an. Tag, Harmon.« Zu dem Mädchen: »Und wer sind Sie?«
    Das Mädchen sah Daisy an, sah den Tisch an, die Faust um das Taschentuch geballt. Dann schaute sie wieder zu Olive und sagte sarkastisch: »Wer sind Sie denn?«
    »Ich bin Olive«, sagte Olive. »Und ich würde mich gern hinsetzen, wenn’s recht ist. Um Geld betteln macht mich immer völlig fertig. Ich glaube, heuer ist das letzte Mal, dass ich Klinken putzen gehe.«

    »Kann ich dir einen Kaffee anbieten,

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