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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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Wasser tauchen. Als sie das Kinn wieder senkt, schimmern und glänzen sie dunkel. Alex setzt sich auf die Swimmingpoolstufen, fischt Termiten aus dem Wasser und reiht sie am Beckenrand auf. »Warum hat sich Scottie überall eingeschmiert?«, fragt sie.
    Ich erzähle ihr alles: vom Seeigel, von den portugiesischen Galeeren, von Lani Muh.
    »Das ist ja irre«, sagt sie.
    »Du musst mir mit ihr helfen.« Ich lege die Arme auf den warmen Steinboden und schlage mit den Füßen.
    Alexandra taucht wieder unter. Als sie nach oben kommt, klebt seitlich an ihren Haaren ein kleines rautenförmiges Blatt. Ich zupfe es ab und lasse es auf dem Wasser schwimmen.
    »Gut, vielleicht rede ich mal mit ihr«, sagt Alex. Sie hält ihr Gesicht in die Sonne und schließt die Augen. »Vielleicht auch nicht. Ach, egal. Irgendjemand muss es ja tun.«
    »Das fände ich gut. Aber du darfst sie nicht mehr anschreien. Sie bewundert dich, und du hast keinen Grund, so herumzumeckern, selbst wenn sie deine Unterwäsche anzieht. Wie kommst du überhaupt zu diesen Sachen?«
    »Mom hat sie mir geschenkt«, sagt sie, »aber ich trage sie ja nie.«
    »Das ist auch gut so«, sage ich. »Na ja - sei jedenfalls nett zu Scottie.«
    »Vielleicht. Zu mir war auch keiner nett, und es ist trotzdem was aus mir geworden. Stark wie ein Bulle.« Sie hebt den Arm aus dem Wasser und lässt den Bizeps spielen.
    Diese Geste rührt mich, aber dann werde ich traurig, weil wir eigentlich nicht herumalbern sollten. Das Leben ist nicht lustig im Moment.Vielleicht nie wieder. Ich muss es ihr sagen.
    Alex dreht sich um und stützt sich auf den Beckenrand, sodass ihr Unterkörper vom Wasser getragen wird. Ich denke an ihre Postkarten. Warum hat Joanie ihr nur erlaubt, dafür zu posieren?
    »Deiner Mutter geht es nicht gut, Alex.«
    »Offensichtlich«, bemerkt sie.
    »Pass auf, was du sagst. Ich will nicht, dass du Dinge sagst, die du später bereust, so wie gestern Abend. Sie wird nicht mehr aufwachen. Die Ärzte werden die medizinischen Maßnahmen abbrechen.Verstehst du, was ich sage? Wir geben auf.«
    Sie rührt sich nicht.
    »Hast du verstanden? Komm her.«
    »Was ist? Was willst du?«
    »Nichts. Ich wollte dich nur trösten.«
    »Na toll!«
    »Warum schreist du so?«
    »Ich muss hier weg!« Sie klatscht mit der Handfläche aufs Wasser und zuckt zusammen, weil das Wasser ihr ins Gesicht spritzt. »Hör auf!«, brüllt sie. Ihr Gesicht ist rot und nass.
    »Womit soll ich aufhören?«, frage ich. »Ich hab doch gar nichts gesagt.«
    Sie schlägt sich die Hände vors Gesicht.
    »Alex.« Ich versuche, sie an mich zu ziehen, aber sie stößt mich weg.
    »Ich kapiere nicht, was los ist.«
    »Wir müssen uns verabschieden. Das ist es, was los ist.«
    »Ich kann das nicht.« Sie holt zweimal tief Luft, dann zucken ihre Schultern.
    »Ich weiß«, sage ich. »Wir müssen uns gegenseitig beistehen. Ich weiß nicht, was wir sonst tun können.«
    »Und wenn sie durchkommt?«
    »Ich werde Dr. Johnston sagen, er soll mit dir sprechen. Du wirst es verstehen. Mom wollte es so. Sie hat verfügt, dass wir es so machen.«
    »Das ist so krass.« Tränen laufen ihr übers Gesicht, und ihr Atem geht stoßweise. »Warum musst du mir das alles in dem blöden Swimmingpool erzählen?«
    »Ich weiß. Ich weiß. Es kam einfach so, okay?«
    »Ich kann damit nicht umgehen!«, schreit sie.
    »Ich weiß.Wir fahren zu ihr. Meinetwegen jetzt gleich. Wir können sofort zu ihr fahren.«
    »Nein«, sagt Alex. »Ich brauche noch Zeit.«
    »Ja, klar«, sage ich. »Ich habe gestern Abend über unsere Freunde nachgedacht. Sie sollen wissen, was los ist. Ich muss es ihnen sagen, aber ich finde, das sollte ich persönlich tun. Aus Respekt.Vor ihnen. Und vor deiner Mutter. Willst du mitkommen?«
    Aus irgendeinem Grund haben wir uns zur Mitte des Beckens bewegt und halten uns über Wasser, indem wir mit den Beinen kicken und mit den Armen rudern. Ich merke, dass Alex müde wird.
    »Wir können mit unseren Freunden über deine Mutter sprechen. Uns gegenseitig trösten und an sie denken.«
    Alex lacht.
    »Ich weiß, das klingt kitschig. Wir gehen nur zu ihren engsten Freunden. Und zu Barry und deinen Großeltern. Es reicht ja, wenn wir ihnen sagen, wie es aussieht. Wir müssen nicht bleiben, aber ich möchte sie gern alle persönlich informieren.«
    »Deswegen habe ich nicht gelacht«, sagt sie.
    »Heißt das, du kommst mit? Wir können zuerst zu Racer fahren und anschließend zu deinen Großeltern.« Ich habe lange

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