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Mit deinen Augen

Mit deinen Augen

Titel: Mit deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaui Hart Hemmings
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weil sie nicht wissen, was sie sonst tun sollen. Russell sitzt auf der Armlehne eines Sessels, gleich bei der Bar. Und Meg - wer weiß, was sie denkt, während sie die leeren Gläser und Teller einsammelt. Sie und Joanie gehen sich immer latent auf die Nerven: Sie hacken manchmal ganz offen aufeinander herum, ein Beweis dafür, wie nah sie sich sind. Orson scheint Lara einen Vortrag zu halten. Bestimmt zählt er alles auf, was irgendwie schuld sein könnte: Queen’s Hospital, das Zigarettenschiff, Howard Aaron, der Bootseigentümer, Troy Cook, der Motor, das Steuer, die raue See vor der Küste, die Motorbootrennen und der damit verbundene Wahnsinn, die irren Geschwindigkeiten.
    Lara kommt auf mich zu. »Was ist mit Shelley?«, fragt sie.
    »Ihr habe ich es schon gesagt. Ich habe jetzt alle informiert, die es meiner Meinung nach wissen sollen.Troy habe ich auch angerufen.«
    »Da fehlt aber noch jemand«, sagt Meg. Sie geht zu Kent, nimmt ihm die Sushi-Häppchen aus der Hand und funkelt ihn böse an.
    »Mom! Was soll der Quatsch? Ich liebe Sushi.«
    »Er kann ruhig Sushi essen, Meg.«
    Die Gäste schauen mich an. Sie erwarten noch irgendetwas von mir, was ja auch angebracht wäre.
    »Ich muss hier weg«, murmle ich so leise, dass nur Buzz und Kent mich hören.
    »Geh ruhig«, sagt Buzz, »ich kümmere mich um alles. Das verstehen die andern auch. Du brauchst es gar nicht zu erklären.«
    Ich starre auf den Käse, die Cracker und die kleinen roten Eier im Sushi.
    »Tut mir leid«, sage ich. »Ich weiß, ihr möchtet, dass ich noch mehr sage. Es ist so: Sie hat eine Patientenverfügung. Deshalb.«
    »Halt!«, ruft Lara so laut, dass alle sie hören. »Du musst nichts rechtfertigen. Es geht ja schon eine ganze Weile, Matt.Wir sind darauf vorbereitet und verstehen, was passiert. Wir sind auf deiner Seite, wir unterstützen dich.«
    Lara und Joanie sind zusammen in einer Hula-Tanzgruppe. Als ich Lara das letzte Mal gesehen habe, übte sie mit den anderen Frauen in meinem Wohnzimmer, barfuß auf dem Teppich. Mit den Armen beschrieben die Frauen große Kreise in der Luft, und ihr Blick folgte der Bewegung, als wollten sie sagen: Seht euch diesen Überfluss an! Was für ein wunderschöner Ort! Ich spüre, wie mir die Tränen kommen, und trinke schnell einen Schluck von Kents Cola, die kräftig nach Rum schmeckt. Er sieht mich erschrocken an, und ich klopfe ihm auf den Rücken. »Jungejunge«, sage ich. »Ganz schön stark.«
    Der Rum tut meiner Kehle gut. Buzz steht so dicht bei mir, als wäre er vom Secret Service. »Ich finde, jetzt reicht’s«, sage ich. »Kannst du dafür sorgen, dass alle gehen?«
    Buzz klatscht in die Hände. »Okay, Leute. Wir sollten die Familie nicht länger stören.«
    Ich spüre, wie ich rot werde. »Lasst euch Zeit«, rufe ich, aber alle haben den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Die Männer kommen zuerst zu mir und schütteln mir die Hand. Ich fühle mich wie der Pate, vor allem, weil Buzz neben mir steht und die Abschiedszeremonie beaufsichtigt. Dann umarmen mich die Frauen, so fest, dass es wehtut. »Gibt es noch jemanden, dem wir Bescheid sagen sollen?«, erkundigt sich Meg. »Haben wir auch keinen vergessen? Es wäre mir furchtbar peinlich, wenn wir jemanden übersehen hätten.«
    Kent trinkt sein Glas aus. »Mom, wenn uns noch einer einfällt, sagen wir ihm Bescheid.« Er umarmt mich, dann nimmt er seine Mutter an der Hand und führt sie hinaus. »Wir lieben dich, Matt«, höre ich sie noch sagen. Ich danke Buzz, der vorübergehend vergessen hat, dass er sich auch verabschieden sollte. »Ich muss mich kurz hinlegen«, sage ich. »Wir hören voneinander.« Ich drehe mich um und gehe. Auf dem glatten Steinweg muss ich vorsichtig sein. Ich sehne mich nach einem Sofa oder einem Bett, auf dem ich mich ausruhen kann. Ich bin froh, dass ich es gemacht habe, wie ich es gemacht habe, auch wenn es anstrengend war. Joanie hätte es so gewollt. Ich denke an die Dinge, die ihr Vater ins Krankenhaus gebracht hat - Wein, Bilder, Pralinen: Symbole ihrer Sehnsucht. Im Wohnzimmer überlege ich mir, was ich mitbringen könnte, welche Symbole und Andenken sie sich von mir wünschen würde, und dann kommt mir ein Gedanke, den ich lieber nicht denken würde. Ich denke an den Weg, den ich zurückgelegt habe, von Haus zu Haus, und an die Menschen, die ich zusammengerufen habe, damit sie sich verabschieden können.
    Was ist mit ihm? Ich habe noch gar nicht daran gedacht, dass er derjenige sein könnte, der sie

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