Mit deinen Augen
ist.«
»Ach so. Ja.«
Ich wüsste gern, ob sie Sid deswegen mag. Weil er einen Vater hat, der gestorben ist.
»Autounfall«, sagt sie. »Er war betrunken. Der andere Fahrer auch. Sie waren beide betrunken. Aber der andere Typ ist nicht gestorben. Er war noch ganz jung.«
Ich möchte sie fragen, wie Sid damit umgeht und ob er deswegen hier ist. Ob die tragischen Erlebnisse sie miteinander verbinden.Vielleicht will sie ja von ihm lernen, wie es ist, wenn ein Elternteil tot ist. Ich glaube, ich kenne die Antwort auf meine Fragen bereits.
»Hilft es Sid?«, frage ich. »Wenn er hier ist, meine ich?«
»Keine Ahnung«, sagt Alex.
»Hilft es dir? Hilft er dir dadurch, dass er hier ist?«
»Ja«, sagt sie.
Ich erwarte eigentlich, dass sie weiterredet, aber sie schweigt. Wir gehen den Strandzugang hinunter, und als wir unten angekommen sind, zieht sie die Schuhe aus. Der Sand ist trocken, man sinkt tief ein. Ich fahre mir mit der Hand übers Gesicht. Seit vier Tagen oder so habe ich mich nicht mehr rasiert. Ich wette, Brian hat geduscht und ist überhaupt makellos gepflegt, seine Frau und seine Kinder ebenfalls, und es kommt mir nicht richtig vor, diese Sache anzugehen, wenn er besser aussieht als ich. Ich sehe Scottie und Sid vor uns und rufe ihnen zu, sie sollen warten. Als wir sie einholen, sage ich ihnen, dass wir die Frau mit dem Hut und ihre Kinder besuchen wollen.
»Du meinst den Versager, der fast ertrunken ist?«, fragt Scottie. Der weiße Fruchtdrink ist in ihren Mundwinkeln getrocknet, und sie sieht aus, als hätte sie Tollwut.
»Ja«, sage ich. »Genau den.« Ich weiß, die Jungs könnten die Brüder meiner Töchter sein, und fast wünsche ich mir, es wäre dazu gekommen - Brian meine wilden Mädchen ins Haus zu schicken, wäre die ultimative Rache. Er wäre total überfordert.
Alex geht vor. Im Vorbeigehen streift sie Sid, und er folgt ihr. Ich weiß, sie erzählt ihm alles. Er dreht sich zu mir um, dann legt er Alex die Hand auf den Kopf, eine Geste, die intim und kalt zugleich wirkt.
Ich nehme Scottie an der Hand, damit sie nicht hinter den beiden herläuft. »Hat die Frau dich eingeladen?«, will sie wissen.
»Nein. Ich dachte, wir schauen einfach mal vorbei und sagen Hallo. Ich kenne ihren Mann. Ich muss mit ihm reden.«
Alex und Sid bleiben stehen und warten, bis wir bei ihnen sind.
»Gut gemacht«, sagt Sid.
»Finde ich auch«, sage ich.
Wir haben Ebbe, und der Strand ist breit; eine schräge Linie im Sand markiert, wo die Wassergrenze früher am Tag verlaufen ist. Die Leute sind an den Strand gekommen, um den Sonnenuntergang zu verfolgen, der inzwischen schon vorbei ist, aber sie sitzen immer noch in ihren Liegestühlen und trinken Wein oder Bier. Sie drücken die Schultern zurück, als würden sie immer noch sonnenbaden. Als wir näher kommen, habe ich das Gefühl, als müsste ich über die Planke gehen.
Ich schaue Sid an, vielleicht, weil ich Unterstützung suche, aber er merkt es nicht.Wenn er nicht redet, vermute ich jetzt immer, er denkt an seinen Vater, und das macht mir Angst. Ein Teil von mir wird dann fast wütend. Im Moment geht es um mich, ich habe ein schweres Päckchen zu tragen, und ich will seine Probleme nicht auch noch mittragen. Ich habe außerdem auch keine Lust, mich mit Pornos, Seeigeln und junger Liebe auseinanderzusetzen, aber so ist das nun mal.
Der Pier ist vor uns. Kinder rennen zum Wasserrand, dann wieder den Abhang hinauf. Scottie schließt sich ihnen an. Ab welchem Alter kann man sich nicht mehr einfach anderen Kindern anschließen, frage ich mich. Dann stelle ich fest, dass Brians Söhne bei der Gruppe sind. Ich schaue den Strand hoch, weil ich wissen will, ob ihre Eltern in Strandstühlen sitzen, um den Abend zu genießen, aber sie sind nicht da.
Der Mond ist von einer dunklen Wolke halb verdeckt, und durch das silberne Leuchten hinter den schwarzen Fetzen sieht die Kombination Wolke-Mond aus wie eine Röntgenaufnahme. Ich höre das Wasser über den Sand schwappen, und es klingt, als würde jemand einen Behälter mit Glasscherben schütteln. Die im Sand spielenden Kinder kommen in meine Richtung gerannt und wollen einen Ball fangen. Der kleinere von Brians Jungen trommelt mit den Fäusten auf den Sand.
»Sind deine Eltern im Cottage?«, frage ich ihn. Er ist verblüffend sauber für ein Kind, das am Strand spielt. Unter Scotties Fingernägeln ist schwarzer Dreck, den ich immer zu entfernen vergesse.
»Ja«, sagt er.
»Schauen sie sich Pornos an?«,
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