Mit dem Kühlschrank durch Irland
danach, raus in die Sonne zu gehen, und diese Sehnsucht beeinträchtigte mein Spiel. Egal, welche Variante wir spielten, ich belegte immer den dritten Platz, während Brian und Joe in ihrem titanenhaften Ringen um den endgültigen Sieg abwechselnd triumphierten. Es war beinahe spannend.
»Wie weit ist es von hier nach Killarney?«, fragte ich, nachdem ich gerade mit drei Würfen 16 Punkte erzielt hatte.
»Och, ungefähr eine Stunde«, antwortete Joe und rechnete ein bisschen im Kopf. »Sechzehn, häh? Nicht schlecht. Besser als deine letzten beiden Versuche.«
Hatten wir erst mal Nachricht von der sehnsüchtig erwarteten Lieferung erhalten, würden wir das Darts-Spiel abbrechen, und Brian und Joe könnten sich mit Klebstoff vollschmieren und damit beginnen, einen Boden zu verlegen.
Als es Mittag wurde, hatten wir immer noch nichts von der Lieferung gehört, aber wir machten uns trotzdem auf den Weg nach Killarney. Ich verstand nicht, auf welcher Theorie dieser Entschluss fußte, stellte sie aber nicht in Frage, denn Killarney war die Stadt, die ich bis zum Ende des Tags erreichen wollte. Als wir dort ankamen, unternahmen Brian und Joe einen Rundgang durch die Stadt, in dessen Verlauf sie mir das Innere dreier Pubs zeigten. Glücklicherweise waren diese ohne Fenster und von einem schummrigen Licht erfüllt, das einen willkommenen Kontrast zu dem strahlenden Sonnenschein bildete, unter dem die armen Leute draußen zu leiden hatten. In einer der Bars beugte sich ein hagerer alter Mann, der aussah, als wäre er bettelarm, zu mir herüber und bot mir eine Pfund-Münze an, nachdem er erfahren hatte, dass ich der Kerl war, der mit einem Kühlschrank herumreiste.
»Hier, nimm das! Gott segne dich!«, erklärte er.
»Wofür ist das?«
»Für die gute Sache, für die du sammelst.«
»Ich tue das für keine gute Sache.«
»Doch, das tust du. Komm schon, nimm das Pfund!«
»Ehrlich, ich tue es für keine gute Sache.«
»Komm schon, warum sonst würde wohl jemand mit einem Kühlschrank durchs Land reisen? Nimm schon das Pfund, komm!«
Es dauerte volle fünf Minuten, bis ich ihn davon überzeugen konnte, dass ich keine gemeinnützige Einrichtung war und sein Pfund in keiner Weise verdient hatte.
»Na gut, wie du willst«, brummte er schließlich und gab gleich darauf den doppelten Betrag für ein Bier aus, das er mir spendierte, als ich gerade nicht hinschaute.
Brians und Joes Holzlieferung traf nie ein. Es war fast fünf Uhr, als wir uns nach einem Essen im Keller eines chinesischen Restaurants, das ganz in künstliches Licht getaucht war, voneinander verabschiedeten. Brian und Joe setzten mich vor einem Bed & Breakfast am Stadtrand ab und machten sich auf den Rückweg nach Ballyduff. Das gehörte offenbar alles zum Tagwerk eines durchschnittlichen Parkettlegers.
Ich duschte und machte einen drei Kilometer weiten Spaziergang nach Ross Castle am Ufer von Lough Leane. Auf dem Weg kamen mir Touristen in kleinen, von Ponys gezogenen Kutschen entgegen. Killarney scheint die Touristenhauptstadt Westirlands zu sein, weil es das Tor zu einer der atemberaubendsten Landschaften im ganzen Land ist.
Ross Castle war das letzte irische Widerstandsnest, das 1653 von Cromwells Truppen eingenommen wurde. Ich kam um 18.53 Uhr an, was ein perfekter Zeitpunkt war, denn das Schloss machte um 18.00 Uhr zu. Die letzten Touristenreste kehrten in ihre Hotels zurück, um sich für das Abendessen frisch zu machen, und ich durfte die Schönheit dieses Ortes in fast völliger Einsamkeit genießen. Ich kämpfte mich am Ufer des Sees entlang, kletterte über Ruderboote und kroch durch Sträucher, bis ich den idealen Platz gefunden hatte, um zum ersten Mal an diesem Tag den Sonnenschein zu genießen. Es war ein völlig abgelegener und magischer Ort — perfekt, um den Sonnenuntergang über dem Lough und den fernen Bergen, den Macgillycuddy’s Reeks, die sich im Wasser spiegelten, zu betrachten. So zeigte die Natur, dass sie es wert waren, zweimal gesehen zu werden.
Als ich über das spiegelnde Wasser mit seinem beeindruckenden Hintergrund blickte, wurde ich nachdenklich. Ich begann mich zu fragen, ob man in meiner »Kühlschrank-Reise« eine Allegorie auf das Leben sehen konnte. Ich kam zu dem Schluss, dass es dafür überzeugende Gründe gab. Jeden Tag musste ich einige Entscheidungen fällen, manche fielen leichter, manche schwerer. Das Gleiche traf auch auf das Leben zu.
Ich hatte gelernt, mir keine Sorgen zu machen, meine Entscheidung zu
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