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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hawks
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kommen.«
    Ich kehrte mit gemischten Gefühlen zum Auto zurück. Ich war froh, dass ich dort uriniert hatte, war aber auch enttäuscht, weil mir als Erwiderung auf die Rüge nur eine klägliche Entschuldigung eingefallen war. Ein munteres »Wenn es Ihnen nicht gefällt, dann stellen Sie doch mehr Klos auf, Sie blöde Kuh!« hätte mir viel besser gefallen. Kindisch, sicher, und vielleicht auch ungerechtfertigt, aber ich war ziemlich wütend, weil in einigen dieser großartigen alten Häuser immer noch Briten wohnten. Veränderungen passieren ganz offensichtlich nicht von heute auf morgen.
    Als ich Chris und Jan die Toiletten-Geschichte erzählte, wurde ich ihnen ausgesprochen sympathisch. Ich war jetzt beinahe ein Australier ehrenhalber, nachdem ich, zumindest metaphorisch, auf die Briten gepisst hatte. Wir begannen, uns über das Leben in Australien zu unterhalten, und achteten kaum noch auf die Straßenschilder und den Weg. Als ich ein Schild sah, auf dem stand, dass Skibbereen zwanzig Kilometer weit in der Richtung lag, aus der wir kamen, wurde ich misstrauisch. Wir hielten an, studierten gemeinsam die Karte und kamen zu dem Schluss, dass wir Skibbereen irgendwie übersehen haben mussten. Es war nicht sehr schlau von mir, mir eine Mitfahrgelegenheit zu sichern, die mich genau dorthin brachte, wo ich hinwollte, und dann zuzulassen, dass wir zwanzig Kilometer zu weit fuhren. Es wäre zu viel verlangt gewesen, Chris und Jan umdrehen zu lassen, und so wurde ich am Straßenrand ausgesetzt, um mich den Konsequenzen meines Fehlers zu stellen.
    Und ich zahlte den vollen Preis. Dunmanway an einem Sonntagnachmittag. Eine Geisterstadt, die die Gespenster verlassen hatten, weil sie ihnen zu ruhig war. Keine Seele weit und breit, und ungefähr ein Fahrzeug alle zehn Minuten auf einer der ödesten Straßen, auf der ich je einen Kühlschrank abgestellt hatte.
    Fünf entsetzliche Stunden in Dunmanway. Es war so... so langweilig. Keiner fuhr irgendwohin. Ich suchte nach den guten Aspekten meiner misslichen Lage. Die Sonne schien, aber das war auch schon alles. Um mich ein bisschen aufzuheitern, spielte ich Spiele mit mir selbst und gab mir Punkte, wenn ich die Farbe des nächsten Autos richtig erriet, aber die Tatsache, dass ich ganz allein war, machte es schwierig, so was wie Wettkampfatmosphäre zu erzeugen. Ich versuchte sogar eine Parodie auf Frank Sinatras My Way zu schreiben, als Tribut an diesen besonderen Abschnitt meiner Reise. Von Zeit zu Zeit sang ich die letzten Zeilen so laut ich konnte, um mir zu beweisen, dass ich noch am Leben war:

    Ich bin in diesem Land herumgetrampt
    Mein Kühlschrank und ich, auf verrückte Art
    Aber mehr noch, ich hab’s getan
    In Dunmanway

    Okay, ich gebe zu, ich habe nicht die ganzen fünf Stunden neben diesem öden Stück Straße verbracht. Irgendwann ging ich zu dieser Versammlung von Gebäuden, die vorgaben, eine Stadt zu sein, und fand eine Bar, in der ich zwei Glas Murphys trank. Dann spazierte ich auf den Hauptplatz und schlief auf einer Bank ein. Junge, Junge, ich wusste, wie man das Leben leben muss. Als ich aufwachte, beobachtete eine Frau mich und mein Gepäck nervös, und als ich lächelte und mich und den Kühlschrank zum Straßenrand schleppte und wieder mit dem Trampen begann, rannte sie in die Kirche hinter ihr. Wenigstens hatte die entsetzliche Erfahrung, die ich durchmachte, einen anderen Menschen Gott näher gebracht.
    Sie muss für mich gebetet haben, diese Dame, denn nur zweieinhalb Stunden später hielt ein junger Kerl namens Kieran an und fuhr mich zehn Minuten weit die Straße hoch nach Drimoleague. Drimoleague war Dunmanway sehr ähnlich, nur weniger hektisch.
    Eineinhalb Stunden später kam ich dank Barry und Moira, einem liebenswürdigen Paar aus Bandon, das mir über die letzte Etappe dieses Marathontags hinweghalf, endlich in Baltimore an. Die Fahrt durch Skibbereen war besonders bitter, weil sie fast sieben Stunden später stattfand, als nötig gewesen wäre, hätte ich mich am Vormittag nicht als so ein Trottel im Umgang mit der Karte erwiesen.
    In Baltimore, einem bezaubernden kleinen Fischerhafen, stieg ich in einer Pension mit Blick auf den hübschen Hafen ab und setzte mich zusammen mit Barry und Moira vor den Pub nebenan. Ich lud die beiden ein, um ihnen dafür zu danken, dass sie mir zuliebe einen weiten Umweg gemacht hatten. Als die Sonne unterging und das Bier seine Wirkung tat, verdunsteten die Schrecken des Tags, und meine gelassene Stimmung kehrte

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