Mit dem Kühlschrank durch Irland
grenzte. Er nahm mir diese ganze »Will noch ein bisschen Zeit in Kells verbringen«-Geschichte nicht ab, und was ihn anging, so hatte ich ihn schwer gekränkt, weil ich nicht in seinem Bus nach Cavan fahren wollte. Er half mir mit dem Kühlschrank, behandelte ihn wie ein völlig normales Gepäckstück und verabschiedete sich von mir in einem Ton, der verriet, wie tief ich ihn enttäuscht hatte.
Na ja, manchmal muss man eben auf ein paar Hühneraugen treten.
4
Regen, Schlamm und ein Jack-Russell-Terrier
Das war es also. Der Grund, weshalb ich hierher gekommen war, die Verwirklichung eines lang gehegten Traums und der Beginn einer ungewöhnlichen, abenteuerlichen Entdeckungsreise. Ich war am point of no return angelangt. Ich hatte meinen Rucksack, ich hatte meinen Kühlschrank, und ich hatte meine Sehnsucht. Nichts würde mich jetzt noch aufhalten.
Außer dem Regen.
Schauen Sie, ich weiß, es klingt lahm, aber es regnete wirklich heftig. Meiner Meinung nach machte es wenig Sinn, eine Sache absolut durchnässt und schlecht gelaunt zu beginnen. Und — okay — ich musste mir etwas Mut antrinken.
Als ich den Kühlschrank in die Bar rollte, drehte sich der kleine alte Mann an der Theke sofort nach mir um.
»Ist das ein Kühlschrank?«, fragte er.
»Ja«, erklärte ich, inzwischen ganz gut im Beantworten dieser Frage.
Während eines Moments der Stille betrachtete der Mann mein Gepäck nachdenklich.
»Liebe Mutter Jesus, ich habe noch nie einen Mann mit Rucksack und einem verfluchten Kühlschrank hier reinkommen sehen!«, rief er aus. Und dann lächelte er. »Ist da eine Bombe drinnen?«
Ich erzählte ihm von meiner Wette, und er schüttelte verwundert den Kopf, aber schließlich meinte er: »Es ist ein sehr netter kleiner Kühlschrank. Jeder sollte so einen haben.«
Ich stimmte ihm zu und warf dann die Frage auf, ob die Möglichkeit bestehe, dass jemand hinter der Theke auf tauchen und mir was zu trinken geben würde.
»Klingeln Sie, und er wird sich gleich um Sie kümmern. Er macht gerade Inventur — Flaschenzählen oder so was.«
Ich klingelte, und während der zehn Minuten, die es dauerte, bis ich damit irgendeine Wirkung erzielte, erfuhr ich das meiste, was es über das Leben des alten Mannes zu wissen gab. Er hieß Willy, er lebte in Kells, er hatte die Jahre von 1952 bis 1962 in London verbracht, er hatte während des Zweiten Weltkriegs für die Briten in Nordafrika gekämpft, er gab seine Armeepension jetzt für eines seiner liebsten Hobbys aus, nämlich das Trinken von Whiskey, und seine Blutgruppe war o negativ. Ich wusste nicht einmal, was für eine Blutgruppe ich selbst hatte, war jetzt aber über die von Willy informiert. Er kam gerade aus Navan zurück, wo er Blut gespendet hatte, und war ziemlich stolz auf die Tatsache, dass es in Irland nicht viele Leute mit o negativ gab. Er konnte sich glücklich schätzen, denn er genoss das Privileg, als etwas Besonderes geboren worden zu sein. Andere mussten einen Kühlschrank mit sich herumschleppen, um diesen Status zu erlangen.
Schließlich tauchte der Pächter gelassen und ohne jedes Zeichen des Bedauerns aus den Kellergewölben seines Pubs auf, und ich bestellte ein Bier.
»Er hat sein eigenes Eis dabei«, sagte Willy zum Pächter, der den Witz nicht verstand, weil er den Kühlschrank vor der Theke noch nicht gesehen hatte. Willy lachte trotzdem, und ich lächelte zu seiner Unterstützung.
»Haben Sie auch was zu essen?«, fragte ich den verwirrten Pächter. Er schüttelte den Kopf.
»Oh.«
»Nächstes Jahr.«
»Was?«
»Nächstes Jahr. Ab nächstem Jahr haben wir auch Essen.«
Ich wurde allmählich ziemlich hungrig, vermutete, dass nächstes Jahr für mich zu spät sein würde, und lief daher in den Laden auf der anderen Straßenseite, um mir ein Sandwich zu kaufen.
Bei meiner Rückkehr war der Pub deutlich voller, und es herrschten große Aufregung und Geschrei. Die Atmosphäre war völlig verwandelt. Nach wie vor schien es dem Pächter wichtiger, die Flaschen zu zählen als sie zu verkaufen. Zwei Paare mittleren Alters waren hereingekommen, und Willy wurde einem strengen Kreuzverhör unterzogen. Ich quetschte mich, so höflich ich konnte, zwischen sie, um mein Bier zu retten, setzte mich und lauschte, bis ich genug mitbekommen hatte, um zu verstehen, was genau los war. Die Neuankömmlinge waren zwei ursprünglich aus Kells stammende, jetzt aber in Kanada lebende Schwestern mit ihren kanadischen Ehemännern. Sie hatten Kells 1959
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