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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sonst die Arbeit in Madam Schwarzbachs Dienst, denn ihr Redefluss war so berüchtigt wie der schrille Klang ihrer Stimme.
    Schnell machte die Runde, beide Frauen seien ermordet worden, und zwar vom gleichen Täter, wobei die Methode variierte, mal wurde von erwürgt geredet, mal von erstochen oder von erschlagen.
    Seltsamerweise gab es kaum Vermutungen, wer der Täter sein könnte. Nur ein Irrsinniger kam in Frage. Der Kaufmannsberuf mochte Rivalen, Neider, sogar Feinde mit sich bringen, aber Feindschaft auf den Tod? Im Übrigen hatte Sibylla als wohltätig und liebenswürdig gegolten, ihre Zunge war ein wenig spitz gewesen, doch nie bis zur Bosheit. Es gab einige Herren wie Damen, die bei dieser Feststellung schwiegen, anstatt wie der Rest der jeweiligen Gesellschaft entschieden gleicher Meinung zu sein, doch darauf achtete niemand. Einige schwiegen immer, egal wie anregend das Thema und die Gesellschaft waren.
    Die Behauptung einer Milchfrau aus Wilhelmsburg, zumindest dieses unbekannte Mädchen, zweifellos eine Dirne, sei vom bösen Blick einer konkurrierenden Spießgesellin niedergestreckt worden, stieß auf Missbilligung. Jedenfalls öffentlich.
    Mehr Beachtung, wenngleich wenig Zustimmung fand die Vermutung eines ältlichen Fräuleins mit spiritistischen Neigungen, wonach Sibylla van Keupens Tod als ein himmlischer Fingerzeig zu verstehen sei, egal wer auf Erden dafür Verantwortung trage. Wie man höre, so ließ siewissen, werde ein großer Teil der Kosten der bevorstehenden Turmaufrichtung von Madam van Keupens privater Schatulle getragen, es sei eben schändlich, den Turm der ehrwürdigen Katharinenkirche mit teuflischen, zudem im Ausland erdachten Verfahren gerade zu machen, anstatt ihn im Gottvertrauen zu lassen, wie er war.
    Dieser Unsinn wurde dem Hauptpastor von seiner beunruhigten Gattin berichtet, er beschloss umgehend, dem am nächsten Sonntag von der Kanzel ein Ende zu bereiten. Er war kein Verehrer Baumeister Sonnins und seiner Methoden, aber der Turm musste nun mal gerichtet werden, er durfte nicht zulassen, dass andere Geldgeber durch solcherlei Geschwätz verschreckt wurden.
    Als Rosina an diesem Morgen den Schauplatz des doppelten Todes verließ, Wagner nachsah, der sich mit seinen raschen kurzen Schritten auf den Weg zum van Keupen’schen Haus machte, um jeden und jede zu befragen, die er dort fand, fühlte sie sich seltsam leicht. Die Überlegung, ob sie sich wegen ihres Mangels an Betroffenheit und Trauer schämen sollte, dauerte nicht lange. Sie hatte weder die eine noch die andere Tote gekannt, mehr als das Erschrecken, das die Nachricht von jedem gewaltsamen Tod bedeutete, wäre reine Heuchelei. Sie dachte an Kuno, Grabbes Untier mit der guten Spürnase, und lächelte. Nicht nur Wagner, auch sie war ein wenig wie Kuno. Einer Ahnung, einem dunklen Geheimnis nachzuspüren, war ihr ein Ansporn. An die unangenehmen Seiten einer solchen Spurensuche konnte sie sich später erinnern, falls es unangenehm wurde.
    Das Gefühl der Leichtigkeit bewies keine Gleichgültigkeit gegenüber dem Unglück anderer, es war einzig die Freude über eine sinnvolle Aufgabe, die ihren Kopf mehr fordern würde als die Planung der Mahlzeiten für dienächste Woche. Niemand hatte sie ihr gestellt, auch Wagner hatte sie um nichts gebeten, es war allein ihre Entscheidung. Ihre freie Entscheidung.
    Als sie im Frühjahr die Komödianten verließ und mit Magnus die Wohnung in der Mattentwiete bezog, hatte sie sich alles so schön vorgestellt. Sie wollte ein Heim schaffen, geschmackvoll und bequem eingerichtet, und die Hausarbeit – die konnte mit der Hilfe einer geschickten Magd kein Problem sein. Leider hatte sie dabei nicht bedacht, dass sie nie gelernt hatte, einen Haushalt zu führen. Die Einrichtung bereitete ihr keine Schwierigkeiten, die meisten Möbel, auch die kostbaren Gardinen und die feine Wäsche, stammten aus dem Erbe ihres Vaters. Sie hatten nach seinem Tod in einem soliden Speicher gewartet, bis sie sie brauchte. Sogar der Globus, an dem ihr Vater ihr einst die Welt erklärt und ihre Reiselust geweckt hatte.
    Aber wie kochte man eine Suppe? Wie verhinderte man, dass der Braten zäh, das Gebäck zu trocken wurde, dass der Pudding anbrannte? Und wie schaffte man es, Fenster blitzsauber zu polieren? Als Kind hatte sie Französisch, Englisch und das nötigste Latein gelernt, auch auf dem Spinett und ihrer silbernen Querflöte zu spielen, Reiten und feine Manieren. Für alles andere hatte es Dienstboten

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