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Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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ein schlechtes Gewissen. Sie durfte nicht so streng mit ihm sein. Er war zwar altklug, und manchmal konnte er ganz schön nerven, aber er war klein für sein Alter und wirkte eher wie ein Sechs- oder Siebenjähriger, nicht wie ein Junge, der schon zehn ist. Er hatte es noch nie besonders leicht gehabt. Erstens war er drei Monate zu früh auf die Welt gekommen, außerdem hatte er Asthma und schlechte Augen, und seine Bewegungen waren nicht gut koordiniert. Und Ronnie wusste, dass Kinder in seinem Alter grausam sein konnten.
    »Ich hab's nicht so gemeint«, lenkte sie ein. »Mit deiner Brille hast du wirklich Adleraugen.«
    »Ja, jedenfalls sind sie ziemlich gut«, murmelte er, aber als er sich zur Wand drehte, zuckte sie wieder zusammen. Er war so ein süßer kleiner Junge! Manchmal eine schreckliche Nervensäge, wie gesagt, aber er meinte es nie böse. Nie.
    Sie setzte sich zu ihm auf die Bettkante. »Hey«, sagte sie. »Tut mir leid. Ich hab's wirklich nicht so gemeint. Aber für mich war der ganze Abend echt blöd.«
    »Ich weiß«, sagte Jonah.
    »Bist du noch mit irgendetwas anderem gefahren?«
    »Dad hat mich auf die meisten Sachen mitgenommen. Ihm ist dabei fast schlecht geworden, aber mir nicht. Und in der Geisterbahn hatte ich überhaupt keine Angst. Ich habe genau gesehen, dass die ganzen Gespenster gar nicht echt sind.«
    Ronnie tätschelte ihn ein bisschen. »Du hast doch eigentlich nie Angst.«
    »Stimmt«, sagte er. »Wie zum Beispiel damals, als in der ganzen Wohnung das Licht ausgegangen ist, weißt du noch? Du hast Angst gehabt, aber ich nicht.«
    »Klar weiß ich das noch.«
    Mit der Antwort schien er zufrieden zu sein. Aber er schwieg für eine ganze Weile, und dann flüsterte er so leise, dass Ronnie ihn kaum hören konnte: »Vermisst du Mom?«
    »Ja, schon.«
    »Ich glaube, ich vermisse sie auch. Und es hat mir auch nicht gefallen, als ich vorhin allein hier im Zimmer war.«
    »Dad ist doch nebenan.«
    »Ich weiß. Aber ich bin trotzdem froh, dass du jetzt heimgekommen bist.« »Ich auch.«
    Jonah lächelte, dann wurde seine Miene wieder sehr besorgt. »Meinst du, Mom geht es gut?«
    »Ganz bestimmt«, antwortete Ronnie und zupfte seine Bettdecke zurecht. »Und ich weiß, dass sie dich auch vermisst.«
     
    Als am Morgen die Sonne durchs Fenster schien, brauchte Ronnie ein paar Sekunden, um zu begreifen, wo sie war. Sie kniff die Augen zusammen und schaute auf ihren Wecker. Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie.
    Acht Uhr. Acht Uhr morgens! In den Sommerferien?
    Sie ließ sich wieder ins Kissen fallen und starrte an die Decke. Aber es war nicht zu leugnen - sie konnte nicht mehr einschlafen. Vor allem, weil die Sonne ihre grellen Strahlen ins Zimmer schickte. Und weil ihr Vater schon wieder Klavier spielte. Als ihr einfiel, was sich am Abend zuvor abgespielt hatte, stieg sofort wieder die Wut in ihr hoch.
    Willkommen im Paradies.
    Von draußen hörte sie fernes Motorengebrumm. Sie stand auf und trat ans Fenster, fuhr aber gleich wieder verdutzt zurück. Auf einem zerrissenen Müllsack hockte ein Waschbär. Die Abfälle lagen überall verstreut, was ekelhaft aussah, aber der Waschbär war niedlich. Sie klopfte an die Scheibe, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
    Erst da bemerkte sie, dass am Fenster Gitterstäbe angebracht waren.
    Gitterstabe am Fenster. Eingesperrt.
    Zähneknirschend drehte sie sich um und marschierte ins Wohnzimmer. Jonah sah sich gerade irgendeine Zeichentricksendung an und aß seine Frühstücksflocken. Dad blickte kurz auf, spielte aber weiter.
    Ronnie stemmte die Hände in die Hüften und wartete darauf, dass er aufhörte. Er hörte nicht auf. Das Foto, das sie durchs Zimmer geschleudert hatte, stand wieder an seinem Platz auf dem Klavier, allerdings ohne Glas.
    »Du kannst mich nicht den ganzen Sommer hier einsperren«, sagte sie. »So geht das nicht.«
    Wieder blickte Dad auf, ohne sein Klavierspiel zu unterbrechen.
    »Du hast Gitterstäbe am Fenster anbringen lassen. Heißt das, ich bin deine Gefangene?«
    Jonah nahm den Blick nicht vom Fernseher, als er sagte: »Dad, ich hab's dir doch gesagt, dass sie sich aufregt.«
    Steve schüttelte den Kopf, seine Finger eilten unermüdlich über die Tasten. »Ich habe die Stäbe nicht angebracht. Sie waren schon da, als ich eingezogen bin.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Doch, sie waren schon da«, sagte Jonah. »Damit die Kunst geschützt ist.«
    »Ich rede nicht mit dir, Jonah!«, fuhr Ronnie ihn an und wandte sich

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