Mit dir im Paradies auf Erden
Einschätzung nach war sie mit sich und der Welt zufrieden, wenn auch etwas müde.
„Da ich ein großmütiger Mensch bin, fasse ich das als Kompliment auf.“ Ihre Stimme klang schläfrig. „Natürlich könnte ich auch beleidigt sein, weil Sie mir anscheinend nicht zutrauten, ein ganz normales Steak braten zu können.“
In der Zwischenzeit hatte sich im Kamin, den Sebastian direkt nach seiner Rückkehr angezündet hatte, eine dicke Glutschicht gebildet, und die frisch aufgelegten Scheite knisterten und zischten in den munter züngelnden Flammen.
Sebastian lehnte sich genüsslich in seinem Ohrensessel zurück. Sein Hemd stand am Kragen offen, er trug Chinos, und seine Füße steckten barfuß in weichen Mokassins. Er war verwundert, wie entspannt er sich in Fleurs Gesellschaft fühlte, es kam ihm vor, als seien sie schon immer befreundet gewesen. Im Gegensatz zu anderen Frauen machte Fleur nicht die geringsten Anstalten, mit ihm zu flirten. Nichts deutete darauf hin, dass er sie nicht nur als Mensch, sondern besonders als Mann interessierte. Er schien ihr durchaus sympathisch zu sein, mehr aber auch nicht, und das gefiel ihm. Es machte es ihm leichter, seine Gefühle für sie im Zaum zu halten.
Keiner von beiden war auf eine Affäre aus, das erklärte wahrscheinlich, weshalb sie so unkompliziert miteinander umgingen. Ein selbstironisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Die Sache hatte nämlich einen Haken: Fleurs Schönheit. Wäre Fleur nicht so verführerisch weiblich gewesen, wäre er auch innerlich ruhig geblieben.
Darauf bestand jedoch leider keine Aussicht, seine Gefühle wollten sich dem Verstand einfach nicht beugen. Daher war es gut, wenn sie in wenigen Tagen abreiste. Mit etwas Glück würde er diese Frau nie wiedersehen …
Sebastian schenkte Fleur und sich noch ein Glas Rotwein ein. Aufmerksam sah er sie dabei an. Sie schien in ihrer Sofaecke gleich einzuschlafen, was er unbedingt verhindern wollte. Er wollte ihre Gesellschaft genießen, sich mit ihr unterhalten und ihre Meinung hören.
Fleur blinzelte verschlafen. „Bitte, nicht so viel. Der Wein ist zwar ausgesprochen lecker, aber ich habe zum Essen schon ein Glas getrunken … ich vertrage Alkohol nicht so gut.“ Aus halb geschlossenen Augen bewunderte sie seine schlanken und trotz der Jahreszeit gebräunten Hände. Seine Finger zitterten nicht ein bisschen, als er ihr Glas zur Hälfte füllte und die Flasche wieder auf den Tisch setzte.
„Die ist leer“, meinte er. „Doch wenn Sie wider Erwarten doch noch Lust auf Wein bekommen, mein Keller ist gut bestückt.“
„Besten Dank, ein Kaffee wäre mir lieber. Ich gehe gleich in die Küche und mache uns einen.“
Sebastian trank einen Schluck, lehnte sich zurück und ließ die rubinrote Flüssigkeit in seinem Glas kreisen.
„Bleiben Sie, wo Sie sind. Es wäre ausgesprochen herzlos, Sie aus ihrer gemütlichen Sofaecke zu vertreiben. Sie haben den ganzen Abend in der Küche gestanden, da kann ich wenigstens für den Kaffee sorgen.“
„Wenn ich mich richtig erinnere, verbringen Ihre Eltern die Feiertage in Boston“, redete er nach einer kurzen Pause weiter. „Haben Sie schon von Ihnen gehört?“
„Ja, an Neujahr haben sie mich angerufen, um die üblichen Glückwünsche zu übermitteln. Mein Vater hat mir ein produktives und erfolgreiches Jahr mit bahnbrechenden Forschungsergebnissen gewünscht.“ Sie lachte leise. „Meine Mutter dagegen denkt mehr an mein Privatleben, denn sie wünscht sich sehnlichst Enkelkinder. Wenn mein Vater es nicht hört, versucht sie ständig, mir ins Gewissen zu reden. Leider werde ich sie in dieser Hinsicht enttäuschen müssen.“
Sebastian runzelte die Stirn. „Sie möchten keine Kinder?“
„So kann man das nicht sagen. Ich mag Kinder ausgesprochen gern – der Vater ist das Problem. Ich bin einfach nicht bereit, meine Eigenständigkeit aufzugeben und mich den Wünschen eines Ehemanns unterzuordnen.“ Das Leben ihrer Mutter war für Fleur ein abschreckendes Beispiel. In ihren Augen war die schöne, talentierte Frau durch die Ehe zu einem melancholischen Paradiesvogel in einem goldenen Käfig geworden. Um nichts in der Welt wollte Fleur dieses Schicksal teilen, die Erfahrungen, die sie als Kind und Jugendliche mit ihrem dominanten Vater gemacht hatte, reichten für ein ganzes Leben.
Sebastian benötigte keine weiteren Erklärungen. Fleurs Erziehung hatte sie offensichtlich stark geprägt und den natürlichen Wunsch einer jeden Frau nach Ehe
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