Mit dir im Paradies auf Erden
hatte er ihm nicht einen Drink angeboten und ihn dann wieder seiner Wege geschickt? So fand der schöne Tag ein unschönes Ende, zumal Rudy alle Register zog, um Fleur zu beeindrucken, und ausgesprochen plump mit ihr flirtete. Wenn er Rudy gegenüber nicht den zuvorkommenden Nachbarn hätte spielen wollen, wäre der Abend erfreulicher verlaufen. Unnötig heftig stieß er mit der Gabel in das Stück Fleisch auf seinem Teller und hielt dann erschrocken inne.
Was war nur los mit ihm? War er etwa – eifersüchtig? Empfand er es schon als Zumutung, Fleurs Gesellschaft für einen einzigen Abend mit einem anderen Mann teilen zu müssen? Was lief hier schief?
7. KAPITEL
Am nächsten Morgen wachte Fleur später als gewöhnlich auf. Gegen Mitternacht hatte sie sich schließlich entschuldigt, war aber erst nach geraumer Zeit eingeschlafen. Rudy Malones aufdringliche Stimme und seine anzüglichen Bemerkungen hatten ihr immer noch in den Ohren geklungen. Es war ihr unerklärlich, wie Sebastian mit einem Mann wie Rudy befreundet sein konnte. Doch vielleicht fühlte sich Sebastian ihm lediglich gesellschaftlich verpflichtet, weil sie alte Nachbarn waren.
Während sie duschte und sich anzog, musste sie ständig an den vergangenen Abend denken. Sebastian schien Rudys Anwesenheit überhaupt nicht gepasst zu haben. Doch, wenn er ihn nicht mochte, warum hatte er ihn dann zum Essen eingeladen? Er hätte ihn ebenso gut mit einer höflichen Entschuldigung wieder fortschicken können.
Energisch bürstete sie ihr Haar. Die beiden Männer hätten nicht unterschiedlicher sein können. Rudy machte einen flotten Spruch nach dem anderen und tat affektiert, was Fleur besonders bei einem Mann abstoßend empfand. Sebastian dagegen …
Sie betrachtete ihr errötendes Gesicht im Spiegel. Es war eigenartig. In jener Nacht hatten sie sich stürmisch geküsst und leidenschaftlich umarmt, und trotzdem taten sie jetzt so, als sei es nie passiert. Weder Sebastian noch sie hatten den Vorfall je erwähnt.
Doch spielte es eine Rolle? Sie zuckte die Schultern. Ein Tag noch, dann würde sie abreisen. Es wurde auch Zeit, sonst kam es womöglich noch zu emotionalen Verstrickungen. Bisher war glücklicherweise außer einem Kuss noch nichts passiert, und was war das schon?
Lügnerin, schalt sie sich und blieb nachdenklich einen Moment vor der Treppe stehen. Der Kuss war nicht nur eine unverbindliche Sympathiebezeugung gewesen. Sebastian Conway, allem Anschein nach ein Experte in Sachen Liebe, hatte eine solche Sehnsucht und Leidenschaft in ihr geweckt, dass sie sich ihm ohne Hemmungen hingegeben hätte, wenn er es wirklich gewollt hätte. Doch er hatte ihr Nein ohne Widerrede akzeptiert.
Das war ihre Rettung gewesen, denn an einem One-Night-Stand war sie nicht interessiert, und eine ernsthafte Beziehung hätte nicht in ihr Lebenskonzept gepasst. Es war wirklich höchste Zeit, diesem Wirrwarr der Gefühle ein Ende zu setzen und nach Hause zu fahren.
Als sie die Küche betrat, hielt sie überrascht den Atem an. Sebastian saß mit einem Becher Kaffe am Tisch und las in der Tageszeitung. Und das um halb zehn! Normalerweise frühstückte er sehr viel früher.
„Guten Morgen, Sebastian“, begrüßte sie ihn betont fröhlich, da er nicht von seiner Lektüre aufblickte. Sie setzte sich an den Platz, der für sie gedeckt war.
„Guten Morgen … Fleur.“ Hatte er ihren Namen vergessen? Als er endlich den Kopf hob, musterte er sie wie eine Fremde. „Gut geschlafen?“
Ihr Herz wurde schwer. Das war nicht mehr der Mann, mit dem sie unbeschwerte Stunden in Truro verbracht hatte, mit dem sie gegessen und gelacht hatte. Es war nicht mehr der Sebastian, der in der Kathedrale still und einfühlsam sein Taschentuch reichte, um die Tränen zu trocknen. Dies war ein undurchschaubarer Fremder mit abweisender Miene.
„Pat ist einkaufen“, informierte er sie sachlich. „Sie wird in einer guten Stunde zurück sein. Heute Nachmittag bist du ja dann wohl bei ihr zum Tee eingeladen, oder?“ Er machte eine kleine Pause. „Den Kaffee habe ich gerade frisch aufgesetzt, bitte bedien dich.“
Fleur schluckte. Warum behandelte er sie so distanziert? Er schien völlig verwandelt, was bestimmt nicht an einer gestörten Wahrnehmung ihrerseits lag. Sie griff zur Kanne und schenkte sich ein.
„Ich habe gerade einen Anruf aus dem Labor bekommen, Sebastian“, erklärte sie ruhig. „Ich muss sofort abreisen. Es gibt ein Problem, das nur ich lösen kann.“ Erstaunlich, wie
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