Mit dir im Paradies auf Erden
hoffentlich nicht mehr so emotional reagieren. Tränen, das hatte man sie schon sehr früh gelehrt, waren ein Zeichen von Charakterschwäche.
„Fass es ruhig als Kompliment auf“, antwortete Sebastian. „Ich habe es noch nicht einmal Mia gesagt.“
Fleur hatte plötzlich das Gefühl, für Sebastian ein wichtiger und besonderer Mensch zu sein. Verlegen ging sie zu der kleinen Bar, die in ihrem Wohnzimmerschrank versteckt war. „Möchtest du einen Drink, Sebastian? Aber außer Whisky und Wein habe ich nichts zu bieten.“
„Eigentlich hätte ich lieber einen schönen, starken Tee“, erwiderte er zu ihrer Überraschung. „Lässt das der Zustand deiner Küche zu?“
„Selbstverständlich.“ Sie lächelte. „Und ich habe sogar auch noch eine Packung Schokoladenkekse.“
Sebastian war ihr in die Küche gefolgt und blickte sich kritisch um. „Du hast ja schon die Hälfte fertig.“ Er zog seinen Mantel aus. „Eine Arbeit, die so gut gelungen ist, sollte man nicht abbrechen und liegen lassen. Mach du den Tee, ich streiche die Decke fertig.“
„Sebastian, bitte! Das ist doch eine Zumutung für dich! Ich kann doch morgen in aller Ruhe …“
„Keine Widerrede! Gib mir jetzt die Schürze, die einem Mann sowieso viel besser passt. Der Tee kann auch warten, mach dich lieber etwas frisch. In einer halben Stunde bin ich fertig, das verspreche ich dir.“ Er lächelte. „Sieh mich nicht so an. Du tust mir damit einen Gefallen. Etwas Schönes und Neues unter meinen Händen entstehen zu lassen ist genau das, was ich jetzt brauche.“
Das verstand Fleur sofort. Wortlos band sie die Schürze ab, reichte sie ihm, und keine vierzig Minuten später drückte Sebastian den Deckel auf den Farbeimer und ging zur Spüle, um die Rolle auszuwaschen.
„Solltest du morgen Flecken entdecken, komme ich zum Nachbessern. Weiß ist immer schwierig zu streichen, besonders bei künstlichem Licht.“
Fleur nickte stumm. Es kam ihr alles so unrealistisch vor. Sebastian war hier, half ihr beim Streichen und dass, obwohl sie vor zehn Tagen noch geglaubt hatte, ihn nie wiederzusehen.
Er band die Schürze ab. „Auf Tee habe ich keinen Appetit mehr“, meinte er. „Wenn dein Angebot mit dem Whisky noch steht, würde ich es jetzt gern annehmen.“
„Schön, und ich mache uns auch zu essen – oder hast du für heute noch andere Pläne?“ Als der den Kopf schüttelte, lächelte sie. „Dann spreche ich meine magische Formel und zaubere uns etwas auf den Tisch. Mit Pat kann ich allerdings nicht konkurrieren, das sage ich dir gleich.“
Sie ging mit Sebastian ins Wohnzimmer und stellte ihm die Flasche und ein Glas hin. Als er ihr seine Hilfe in der Küche anbot, lehnte sie ab. „Das mache ich schon alleine, doch wenn du uns hinterher einen Kaffee machen möchtest, würde ich mich darüber freuen.“
Während Fleur in der Küche hantierte, kreisten ihre Gedanken unablässig um Sebastian und seinen unverhofften Besuch. Dass sie ausgerechnet an diesem Abend die Küchendecke gestrichen hatte, war ein Glücksfall gewesen, denn die Arbeit hatte ihn vom Tod Bensons abgelenkt. Die erste Trauer schien sich gelegt zu haben, bis er den Verlust seines vierbeinigen Gefährten endgültig verarbeitet hatte, würde es noch geraume Zeit dauern. Immer noch wunderte sich Fleur darüber, dass Sebastian seinen Schmerz mit ihr und nicht mit Mia geteilt hatte.
Es war schon fast elf, als Fleur die Käseomelettes servierte, die ihr trotz aller Behelfsmäßigkeit vorzüglich gelungen waren.
„Es hat dir wahrscheinlich nur so gut geschmeckt, weil du den ganzen Tag nichts gegessen hattest“, wies sie Sebastians Lob zurück und räumte das Geschirr ab, um es in die Küche zu bringen.
Als sie Wasser in den Kessel laufen ließ, war Sebastian sofort bei ihr. Er legte ihr die Hände um die Hüften und schob sie sanft beiseite. So sehr Fleur die zärtliche Berührung auch genoss, trat sie doch hastig und verlegen zur Seite.
„Ich weiß, der Kaffee ist deine Aufgabe“, meinte sie. „Alles, was du brauchst, findest du dort auf dem Regal.“
Nebeneinander auf dem Sofa sitzend, tranken sie ihren Kaffee. Fleur hatte eine CD aufgelegt, und in einvernehmlichem Schweigen lauschten sie der Musik. Sebastian setzte seine Tasse zurück.
„Deine Wohnung gefällt mir“, meinte er und blickte sich um. „Sie hat eine sehr persönliche Note.“
Fleur lächelte. „Als ich vor drei Jahren hier einzog, habe ich mich ausschließlich nach meinem Geschmack eingerichtet.
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