Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
sie über ihrem Kalender, versuchte sich zu überzeugen, dass nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Und überhaupt! Weshalb hatte sie neun lange Wochen das Ausbleiben ihrer Regel nicht registriert? Sie war bereits vier bis fünf Wochen überfällig. Beim Blättern im Kalender stieß sie in den vergangenen Wochen auf den Eintrag in leuchtender pinkfarbener Schrift am 5. August: »Jennys Junggesellinnenabschied«. Das war die Nacht, in der sie sich mit hausgebrauter Sangria betrunken hatte. Furchtbar betrunken hatte. Alles durcheinandergetrunken hatte. In den frühen Morgenstunden hatte sie sich kurz nach der Rückkehr in die Wohnung im Badezimmer übergeben – kurz nachdem sie zu Bett gegangen war und nachdem sie wie immer vor dem Schlafengehen die Pille genommen hatte. Sollte das heißen, dass sie die Pille zusammen mit all der grauenhaften Sangria wieder von sich gegeben hatte?
Großer Gott! Vielleicht ist es doch passiert.
Noch sechzig Sekunden. Sie gab sich ganz unbeabsichtigt einem Tagtraum hin, stellte sich vor, wie sich dieser Augenblick abspielen würde, wenn Andy noch lebte. Obwohl sie sich für die Mutterrolle noch nicht reif fühlte, wäre es ein völlig anderes Gefühl. Voller Nervosität und Aufregung. Es hätte eine Hand gegeben, an der sie sich beim Warten hätte festhalten können. Einen Menschen hier neben ihr auf dem Rand der Badewanne, gegen den sie sich ängstlich hätte schmiegen können. Sie hätten Witze gemacht und sich besorgt gefragt, was wohl ihre Eltern dazu sagen würden – aber letztendlich hätten sie gewusst, dass sie einander hatten, und wenn sie die Hochzeit beschleunigten, konnten sie Mann und Frau sein, bevor die Schwangerschaft offensichtlich wurde. Sie hätten das irgendwie hingekriegt.Andy hatte sich immer viele Kinder gewünscht. Für ihn wäre das alles ganz in Ordnung gewesen … Und zweifellos hätte sein freudiger Optimismus auch auf sie abgefärbt. Bei einem positiven Resultat hätte er vermutlich begeistert gejubelt, sie vom Badewannenrand gezogen und in die Luft geschwenkt und wäre mit ihr durch den Raum getanzt, seine sonnengebräunten Arme eng um ihre Taille geschlungen.
Sie fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, und schüttelte den Tagtraum von sich ab. Es war Zeit, das Ergebnis zu prüfen.
Zwei Linien. Eine davon blasser als die andere.
Na großartig! Was zum Teufel bedeutete diese verschwommene Linie?
Sie las noch einmal die Gebrauchsanweisung durch. Demnach waren zwei Linien, ob blass oder nicht, zwei Linien.
Und zwei Linien bedeuteten ein positives Ergebnis.
Der begeisterte Jubelschrei blieb aus. Sie holte tief Luft, warf den Schwangerschaftstest in den Mülleimer und ging aus dem Badezimmer. Sie lief minutenlang im Wohnzimmer auf und ab und zweifelte an ihrem Verstand.
Nein, ich muss das falsch verstanden haben. Ich sehe Gespenster. Daran muss wohl der Kummer schuld sein. Und die zweite Linie verblasste in ihren Gedanken immer weiter bis zur Unkenntlichkeit. Schließlich war sie fast sicher, sich diese Linie nur eingebildet zu haben. Wow, ist ja nicht zu fassen! Fast hätte ich mir eingeredet, schwanger zu sein. Wie peinlich! Was soll ich nur heute Abend kochen?
Einen weiteren Monat lang weigerte sich Belinda, über ihre ausbleibende Periode nachzudenken. Jeden Morgen, während die Übelkeitsattacken zunahmen und sie jedes Mal beim Zähneputzen würgte und sich übergeben musste, tat sie dies als … einen unangenehmen Infekt ab! Als Kater! Als Lebensmittelvergiftung – wieder mal ! Sie lebte weiter wie bisher. Vier Kurse pro Woche bei ihrer Teilzeitbeschäftigung im Schwimmbad. Ein- oder zweimal wöchentlich im Fitnessstudio. Ein Pfannengericht, Eintopf oder Pasta zum Abendessen – alles, worauf sie gerade Lust hatte, ohne auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Vor dem Fernseher einkuscheln und fernsehen … was immer sie wollte! Auch in diesem Punkt musste sie sich mit niemandem abstimmen. Es gab niemanden mehr, der ihre höchst peinliche Leidenschaft für Trash- TV wie Das lustigste Heimvideo oder Die Junggesellin belächelte. Da waren nur sie und der kleine Hund, die sich auf dem Kuschelsofa aneinanderschmiegten. Anschließend ging sie ins Bett, wann immer sie wollte. Mit einer Packung Eiscreme, falls ihr danach war. Häufig genug glitt ihr der Becher mit Eis beim Einschlafen aus der Hand. Dann fand sie beim Aufwachen die Bezüge mit geschmolzenem Fürst-Pückler-Eis bekleckert. Aber das störte niemanden. Das Leben war
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