Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
auf ihren Bauch gestrichen wurde, und wandte den Blick ab, als Dr. Vashna etwas in ihren Computer tippte. Während sie warteten, dass das Bild auf dem Monitor erschien, fiel Belinda etwas ein, das sie bisher nicht bedacht hatte. Sie griff nach dem Handgelenk der Ärztin, als diese gerade das Ultraschallgerät auf ihren Bauch setzen wollte.
»Warten Sie! Der Vater war ein Zwilling. Was, wenn ich Zwillinge bekomme? Oh, mein Gott! Himmel, ich kann unmöglich zwei Babys kriegen!« Sie begann beinahe zu hyperventilieren, doch Dr. Vashna lachte nur laut auf.
»Vertrauen Sie mir! Ich weiß Bescheid. Dafür werde ich schließlich bezahlt. Dass der Vater Zwilling war, bedeutet nicht, dass er auch zwangsläufig Zwillinge zeugt.Also keine Sorge! Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Zwillinge bekommen, ist genauso gering wie bei mir. Und jetzt lassen Sie bitte meine Hand los, Kindchen.«
Belinda ließ los, entspannte sich und wartete verlegen. Die Ärztin setzte den Schallkopf auf ihren Bauch, begann, diesen mit leichtem Druck hin und her zu bewegen. Ein grießiges Bild erschien auf dem Monitor. Belinda starrte darauf, versuchte etwas zu erkennen, als Dr. Vashna abrupt mit dem Schallknopf in der Hand innehielt.
»Oh!«
»Was ist? Stimmt was nicht?« Belindas Herz klopfte schneller. Da ist was nicht in Ordnung. Ich habe das vermasselt, weil ich es einfach nicht wahrhaben wollte.
»Eigentlich alles in Ordnung. Es ist nur … sehr verwunderlich.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun ja, Belinda … Gibt es auf Ihrer Seite, also in Ihrer Familie, auch Zwillinge?«
Nach ihrem ersten Besuch bei der Frauenärztin begann Belinda, mehr und mehr Zeit im Fitnesscenter zu verbringen. Man hatte ihr versichert, dass sportliche Betätigung noch erlaubt sei, sie jedoch davor gewarnt, es zu übertreiben oder sich zu überanstrengen. Dr. Vashna wollte sie auch an einen Psychologen überweisen, damit sie mit diesem ihre anfängliche Schwangerschaftsverdrängung aufarbeiten konnte. Doch Belinda versicherte der Ärztin, dass sie sich mittlerweile mit ihrem Zustand und sogar mit dem ersten Schock, tatsächlich Zwillinge zu erwarten, abgefunden habe. Zwillinge!
Eines Abends, spät, nach einem langen Uni-Tag, schleppte sie sich müde und gereizt ins Fitnesscenter. Eigentlich hätte sie ein Nickerchen auf ihrer Couch vorgezogen. Aber es war die letzte Woche vor den Examensklausuren, und sie hatte das Gefühl, der Kopf müsse ihr von all den Wiederholungen und Fakten platzen. Im letzten Seminar desTages hatte Jules neben ihr gesessen und von ihrem iPhone eine Nachricht auf Belindas Facebook-Seite geschickt.
Großer Gott, danach brauchen wir dringend einen Drink!
Cocktails in der Uni-Bar?
Belinda hatte irritiert die Stirn gerunzelt. Offenbar hatte Jules Probleme damit, ihre Schwangerschaft und das, was sie für ihr gesellschaftliches Leben bedeutete, zu akzeptieren.
Im Fitnessstudio versuchte Belinda, die Gedanken an Jules und all die anderen zu verdrängen, die jetzt genüsslich ihre Cocktails schlürften. Sie stieg auf das Laufband, stellte das Programm ein und begann in gemächlichem Anfangstempo. Währenddessen wiederholte sie im Stillen gebetsmühlenhaft: 27. April, 27. April, 27. April . Das war das Datum, an dem sich ihr Leben radikal verändern sollte. Das Geburtsdatum ihrer Zwillingsbabys. Sie war in der fünfzehnten Schwangerschaftswoche, und ihr Bauch wies bereits eine kleine – na gut, eine deutlich sichtbare – Rundung auf. Das Bäuchlein dem reichlichen nächtlichen Eiscremegenuss zuzuschreiben funktioniert nicht mehr, dachte sie mit einem Anflug von Sarkasmus. Das Wissen darum, dass sie bereits schwanger gewesen war, als Andy noch gelebt hatte, ließ die Erinnerungen an die letzten gemeinsamen Wochen in einem anderen Licht erscheinen. Immer wieder musste sie daran denken, dass zwei winzige, unbekannte Wesen schon damals Teil ihres gemeinsamen Lebens gewesen waren.
Als sie die Schrittfrequenz leicht erhöhte, dachte sie wieder einmal an sich und Andy in ihrer gewohnten alltäglichen Routine beim Fernsehen, beim Ausgehen mit Freunden, beim Fußballspiel, bei Andys verrückten Turnieren – und unbändige Wut erfasste sie. Wut auf sich selbst: Jetzt, da sie von ihrer Schwangerschaft wusste, kam es ihr geradezu absurd vor, dass sie es nicht viel früher gemerkt hatte – noch bevor Andy aus ihrem Leben verschwunden war. Es war nicht fair, dass er gestorben war, ohne zu wissen, was ihm entgehen würde. Es war einfach nicht fair.
Dann kam
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