Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
unwillkürlich eine Gesprächspause. Als alles still blieb, fuhr sie fort: »Natürlich weil du mich nicht in Ruhe lässt. Es ist gemein, jemandem so übel mitzuspielen, der nicht an Gespenster glaubt. All meine Gedanken zu beherrschen, mich immer wieder durcheinanderzubringen. Wäre es bei den beiden Blumensträußen geblieben, hätte ich die Angelegenheit vielleicht auf sich beruhen lassen.Aber du wolltest ja auf Nummer sicher gehen. Mir unbedingt beweisen, dass du mich auf Schritt und Tritt verfolgst!«
Belinda dachte zurück an jenen Tag, eine Woche nachdem sie die Blumensträuße gefunden hatte. Sie war auf dem Weg die Anhöhe hinauf zur Bushaltestelle und überlegte, wie sie so verrückt hatte sein können zu glauben, dass ihr toter Verlobter ihr auf mysteriöse Weise Rosen und Lilien geschickt hatte. Die Batterie ihres Wagens hatte inzwischen ihren Geist aufgegeben, und sie hatte noch keine Zeit gehabt, Ersatz zu besorgen. Und um noch rechtzeitig zur letzten Examensprüfung in die Uni zu kommen, musste sie unbedingt den Bus um 9.15 erreichen. Als sie sich der Kreuzung auf der Anhöhe näherte, an der sich die Bushaltestelle befand, sah sie, wie der Bus bereits in die Haltebucht einbog. Sie rannte los, wollte sich nach dem Sturz im Fitnessstudio jedoch nicht zu sehr verausgaben und hatte die Hügelkuppe schon fast erreicht, als der Bus wieder abfuhr. Sie hatte ihn verpasst und keine Möglichkeit mehr, rechtzeitig in die Uni zu kommen. Die Busse verkehrten um diese Tageszeit in immer größeren Zeitabständen, und der nächste fuhr erst in einer Stunde. Die Prüfung rückte in weite Ferne.
Belinda machte kehrt, schlug den Rückweg zu ihrer Wohnung ein, versuchte sich zu beruhigen. Nur Sekunden später ertönte lautes, anhaltendes Hupen. Sie blickte zurück. Der Bus hatte offenbar gewendet und fuhr jetzt auf der Castle Road in Richtung Haltestelle zurück. Der Busfahrer winkte ihr aus dem offenen Fenster zu, schien ihr ein Zeichen zu geben.
Was zum Teufel sollte das?
Belinda rannte wieder in Richtung Haltestelle, erreichte die Kreuzung auf der Hügelkuppe, überquerte die Straße und stieg in den Bus. »Wohin soll’s denn gehen, junge Frau?«, fragte der Busfahrer leicht gereizt.
»Uni Sydney, danke.« Sie bezahlte ihr Ticket, sah sich um und blickte in die ärgerlichen Gesichter der übrigen Passagiere, die fast ausnahmslos ungnädig auf die Kehrtwende des Busfahrers reagierten. Sympathiebekundungen für eine schwangere oder einfach nur zu dicke junge Frau, die den Bus verpasst hatte, waren hier kaum zu erwarten. Wer zu spät kam, hatte kein Recht auf Nachsicht.
Der Fahrer reichte ihr Fahrkarte und Wechselgeld. »Vielen Dank, dass Sie … also, dass Sie meinetwegen umgedreht haben«, murmelte Belinda, und angesichts der abweisenden Miene des Busfahrers versagte ihr fast die Stimme.
Der Fahrer grunzte unwillig. »Danken Sie nicht mir, Herzchen. Danken Sie ihm !« Und damit machte er eine Bewegung mit dem Kopf, die seitlich und nach oben gerichtet schien. »Offenbar haben Sie einen Schutzengel!« Dann schüttelte er missmutig den Kopf und betätigte dieTürautomatik. Belinda sank verlegen auf das von der Sonne erwärmte, unangenehm klebrige Plastikkissen einer Sitzbank.
Hat Andy den Bus für mich angehalten?
Wie sonst war die Bemerkung des Busfahrers zu verstehen? Mit »Schutzengel« konnte nur Andy oder eine höhere Macht gemeint gewesen sein. Sie war kein besonders gläubiger Mensch. Weshalb also sollte der liebe Gott einen Bus für sie angehalten oder den Busfahrer dazu veranlasst haben, ein gefährliches Wendemanöver auf einer verkehrsreichen Schnellstraße zu vollführen und einen Unfall heraufzubeschwören? Belinda starrte die ganze Fahrt über immer wieder nach oben in die Richtung, in die der Busfahrer gedeutet hatte; beinahe so, als erwarte sie jeden Moment,Andy über dem geöffneten Dachfenster zu entdecken.
Sie hätte jedoch auch diesen Vorfall aus ihrem Gedächtnis gestrichen oder sich eine Verbindung mit Andy von Stacey ausreden lassen. Zu unwahrscheinlich war es schließlich, dass sich ein unsichtbarer Schutzengel mit einem Busfahrer verständigen konnte. Doch dann war es wieder passiert.
Eine weitere Woche später hatte sie endlich die Pannenhilfe des australischen Automobilklubs angerufen, um die Batterie überprüfen zu lassen. Als der Mechaniker kam, führte sie ihn in die Tiefgarage. Der Mann testete die Batterie und stellte fest, dass die Batterie am Ende war. »Ich könnte sie
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