Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
können!«
Bazza zuckte bei ihren letzten Worten unwillkürlich zusammen. Evelyn hatte nie über Einzelheiten gesprochen. Erst jetzt wurde deutlich, dass Andrew in einem Lebensmittelladen erschossen worden war. Und Evelyn schien selbst über ihre offenen Worte erschrocken. Bazza hatte sich jedoch schnell wieder gefangen.
»Also ich muss schon sagen, McGavin! Ihr Urteil ist verdammt hart!«
»Hart? Mein Sohn ist tot, und Sie finden, dass ich hart urteile?«
»Bitte! Ich bin auf Ihrer Seite.Also ich an Ihrer Stelle hätte diesem Mädchen gegenüber ebenfalls meine Vorbehalte. Aber so weit zu gehen, sie für den Tod ihres Verlobten verantwortlich zu machen? Das ist nicht fair! Und ich sage Ihnen auch, warum – weil das einfach unmenschlich ist. Was lasten Sie dem Mädchen alles an? Sie allein soll für den Tod eines Menschen verantwortlich sein, obwohl viele Faktoren eine Rolle spielen?Wer will schon garantieren, dass Andrew nicht in derselben Firma und bei demselben Job gelandet wäre, hätte er sie nicht getroffen? Vielleicht hätten ihn seine Freunde trotzdem irgendwann überredet, bei Ihnen auszuziehen. Und weshalb ist er in diesem Laden gewesen? Wissen Sie überhaupt, warum er nach der Arbeit in dem kleinen Supermarkt einkaufen wollte? Begreifen Sie, worauf ich hinauswill?«
Evelyn wappnete sich für den Gegenangriff – sie war entschlossen, nicht klein beizugeben –, als Bazzas Augen plötzlich groß wurden und er sich über den Tisch beugte und sie mit ungewohnt erregter Stimme fragte: »Evelyn, entschuldigen Sie, aber wann ist Ihr Sohn ums Leben gekommen? An welchem Tag und in welchem Monat?«
Es war das erste Mal, dass Bazza ihren vollen Vornamen aussprach. Sie beschloss, ihren Gegenangriff zu verschieben und zu antworten. Irgendetwas schien ihn erschreckt zu haben.
»Das ist jetzt vier Monate, drei Wochen und sechs Tage her. Er ist am 8. September gestorben. Und wenn Sie die Tageszeit interessiert … es war um siebzehn Minuten nach fünf Uhr nachmittags.« Sie hielt seinem Blick stand, sprach mit ruhiger, emotionsloser Stimme. »Warum wollen Sie das wissen?«, erkundigte sie sich abschließend resigniert.
Bazza ging auf ihre Frage nicht ein. »Und er ist in einem EzyMart gestorben? In der Pitt Street? Und er wurde …« Er hielt nervös inne. »… wurde erschossen?«
»Ja, das ist richtig.«
»Aha. Tut mir leid, aber Sie müssen mich entschuldigen. Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch eine wichtige Verabredung hab.« Er deutete vage nach draußen , als würde das alles erklären.
Evelyn konnte nicht anders. Sie war wie vor den Kopf gestoßen. »Zuerst erklären Sie mir hier lang und breit, dass ich meiner ehemaligen zukünftigen Schwiegertochter unrecht tue? Ohne mir Gelegenheit zu geben, mich zu rechtfertigen? Sie haben mich zum Frühstück eingeladen. Und jetzt versetzen Sie mich einfach?«
Bazza drückte flüchtig ihre Hand. »Tut mir wirklich leid – mir ist nur etwas eingefallen, okay? Und das muss ich dringend erledigen. Außerdem habe ich Sie nicht versetzt. Schließlich bin ich ’ne ganze Weile hier gewesen.«
Damit ging er und ließ die Hälfte seines Frühstücks unberührt zurück. Evelyn schob ihren Teller von sich. Der Appetit war ihr vergangen.
»Ich hab nicht mal ausführlich von meinem Streit mit James erzählen können«, murmelte sie beleidigt.
»Was haben Sie gesagt, Ma’am?«
Evelyn bemerkte erst jetzt die Bedienung, die neben ihr aufgetaucht war. »Nichts«, versicherte sie ihr hastig. »Bringen Sie mir einfach die Rechnung.« Ha! Schon wieder auf der Rechnung sitzen geblieben. Zuerst James beim Abendessen und jetzt Bazza beim Frühstück. Die jungen Männer heutzutage! Keine Manieren!
Es war ärgerlich, Bazza war in den folgenden Wochen für Evelyn nicht erreichbar. Sie verpassten sich bei SkyChallenge, was bedeutete, dass sie ihre weiteren Sprünge mit dem langweiligen Chad absolvieren musste. Auch ans Telefon bekam sie ihn nicht. Evelyn war frustriert. Sie hatte sich all diese schlagfertigen Antworten für ihn zurechtgelegt, all die vernünftigen Gründe, warum sie Belinda für alles verantwortlich machte. Gelegenheit, sie an den Mann zu bringen, hatte sie nicht.
Und was noch ärgerlicher war, waren die zunehmend drängenden Anrufe ihres Büros. Offenbar hielt man dort für eine Mutter fünf Monate Trauerzeit für ausreichend, um über den Tod ihres Sohnes hinwegzukommen und sich erneut ihrer »Pflicht und Verantwortung« zu stellen.
»Hi, Evelyn. Wollte
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