Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
glaubte, dass ihre Wohnungstür geöffnet wurde. Er stellte seine Last augenblicklich vor dem Lift ab und drückte auf den Knopf für die Parkgarage, um nicht ertappt zu werden.
Als er auf das Parkdeck trat und Belles Wagen in Sichtweite kam, blieb er abrupt stehen. Ein Mann stand daneben und griff gerade nach den restlichen Tüten. Irgendwie kam er Bazza bekannt vor.
He, Mann, was soll das? Wenn’s hier eine gute Fee gibt, dann bin ich das , dachte er ungehalten. In diesem Moment hörte er Schritte hinter sich. Offenbar kam Belle zurück, um die restlichen Einkäufe aus dem Kofferraum nach oben zu bringen. Wieder verschwand er hastig über die Feuertreppe – die immer öfter zu seinem sehr persönlichen Fluchtweg wurde.
Den Rest des Abends verbrachte er im Hangar von SkyChallenge. Neben der Halle erhob sich ein Grashügel, der an seiner höchsten Stelle einen großartigen Blick auf Umgebung und Stadt eröffnete: auf ein Meer von Kiefern und, im Osten und in klaren Nächten, in der Ferne, auf die Lichter der Stadt. Obwohl er es liebte, in der Stadt, mitten im Zentrum des Geschehens, zu wohnen, empfand er es gelegentlich als entspannend, die Metropole von außen zu betrachten. An einem ruhigen, warmen Sommerabend hier oben auszuruhen, mit Zikaden als einziger Gesellschaft, während sich im Westen eine dieser furchterregenden Gewitterfronten zusammenbraute, war ein Erlebnis.
Der Kerl, den er im Parkhaus gesehen hatte, war vermutlich Belles neuer Freund. Und das konnte für ihn doch nur eine Erleichterung bedeuten, oder? Damit war er aus seiner selbst auferlegten Verantwortung erlöst. Musste sich keinerlei Sorgen mehr um sie machen. Die Taten der guten Fee konnte er sich schenken. Vermutlich hatte sie den besagten Abend längst vergessen – verdrängt. Und wer wollte ihr das verübeln? Warum also wurde er dieses beschissene Gefühl in der Magengrube nicht los? Was hatte es zu bedeuten – Eifersucht? Hatte er trotz allem die Hoffnung gehegt, sie möge ihn irgendwann ertappen, ihm Gelegenheit geben, all das aufzuklären, was er für sie getan hatte?
Schmink dir das ab! Du kennst das Mädchen kaum.
Er zog das Handy aus der Tasche und schickte eine Textmitteilung an alle Freunde, die ihm gerade einfielen.
Wer möchte heute Abend einen draufmachen? King Street Wharf? In einer Stunde. Wir treffen uns dort.
Die Zeit, von außen hineinzuschauen, war vorbei.
Bazza traf seine Lieblingskundin erst im Februar wieder. Sie begegneten sich zufällig bei SkyChallenge, und er spürte recht schnell, dass sie deprimiert war.
»Was ist los, McGavin? Wie ich höre, stehen Sie kurz vor Ihrem dritten Solosprung. Neulich haben Sie noch mal einen Extrasprung mit Chad eingelegt, stimmt’s? Ich will nicht lügen, McGavin. Trifft mich irgendwie, dass Sie diesen Windhund mir vorziehen … Trotzdem! Sie können stolz auf sich sein. So professionell, wie Sie die Sache angehen.«
Evelyn hörte ihm gar nicht richtig zu, starrte nur mit leerem Blick in die Ferne.
»Hallo, McGavin! Hören Sie mir überhaupt zu?«
»Wie? Oh, tut mir leid, Bazza. War ganz in Gedanken. Was haben Sie gesagt?«
»Spielt keine Rolle. Nicht mehr wichtig. Was beschäftigt Sie denn so sehr? Vielleicht kann Doktor Bazza helfen. Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen. Ich lade Sie morgen Vormittag zum Frühstück ein. Schließlich weiß ich noch gar nicht, wie die Geschichte mit Ihrem Sohn ausgegangen ist. Ich meine, nachdem Sie ihn vor Weihnachten aus der Ausnüchterungszelle holen mussten.«
»Ich weiß nicht, Baz. Hab zurzeit eine Menge Stress.«
»Ist kaum zu übersehen. Deshalb akzeptiere ich kein Nein bei meiner Einladung. Frühstück. Morgen. Acht Uhr.«
Bazza führte sie in sein Lieblings-Café und bemühte sich herauszufinden, was sie so unglücklich machte, als eine ihrer Bemerkungen bei ihm wie eine Bombe einschlug. Evelyn hatte ihm nie zuvor erzählt, wie ihr Sohn ums Leben gekommen war, sie hatte lediglich erwähnt, dass sie ihn erst vor kurzem und völlig unerwartet verloren hatte. Zum ersten Mal begann sie, den Hergang detaillierter zu beschreiben. Und Bazza kam die Geschichte plötzlich sehr bekannt vor.
EzyMart.
In der Pitt Street.
Bei einem Raubüberfall erschossen.
Er fühlte, wie es ihm eiskalt über den Rücken lief, als ihm dämmerte, worüber sie sprach. »Evelyn, entschuldigen Sie, aber wann ist Ihr Sohn ums Leben gekommen? An welchem Tag und in welchem Monat?«
Zu Hause schaltete er seinen Computer ein und ging auf die
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