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Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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denken«, sagte Fen. »Die Pflicht ruft, nicht die Liebe. Was macht Samuel?«
    »Er war heute Abend wieder da. Bot mir ein Paar Eier an, unter einer Bedingung.«
    Fen war schockiert. »Zwei Eier? Das ist ein armseliges Angebot. Herodes bot Salome einhundert weiße Pfauen. Man möchte denken, dass zwei Eier einer Beleidigung gleichkommen.«
    »Ja, wahrscheinlich ist es das, jetzt, wo Sie’s sagen.« Anscheinend hatte Myra die Angelegenheit so noch gar nicht betrachtet. »Außerdem waren es sehr kleine Eier. Schienen von einem Zwerghuhn zu stammen.«
    »Nächstes Mal würde ich auf einhundert weißen Pfauen bestehen. Oder auf Berylle und Chrysoliten und Sardonyxe und Chalcedone.«
    »Oder den Kopf Johannes des Täufers auf einem Tablett«, gab Myra schlagfertig zurück. »Wie auch immer, ich werde drauf bestehen … Wissen Sie, was er über seine Frau sagt? ›Die ist kalt‹, sagt er, ›die ist so kalt wie ein totes Wiesel.‹«
    »Der Ärmste.« Fen schüttelte mitleidig den Kopf. »Nun, mit einem paar Zwerghühnereiern wird er sich da kaum Trost erkaufen können.« Nachdem er den Schlüssel erhalten hatte, zog er sich auf sein Zimmer zurück, legte sich auf das Bett und döste unruhig bis halb zwölf.
    Eine Viertelstunde später verließ er das Gasthaus. Zwischen Millionen von Sternen stand strahlend der fast volle Mond. Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern, hatte Pascal seinen hypothetischen Agnostiker bemerken lassen. Vermutlich sollte das bedeuten, dass sie Pascal nicht schaudern machten. Und wenn es um interstellare Weiten ging, überlegte Fen, waren die Christen zweifelsohne im Vorteil. Mathematiker mögen die Myriaden und Milliarden schätzen, die libertins mögen bei ihrer Betrachtung erzittern – der Christ, geborgen in einer Kosmologie, die dem keine Bedeutung zumisst, besitzt die Freiheit anzunehmen, dass die unzähligen fernen Sonnen zu keinem feierlicheren Zweck erschaffen wurden, als bei nächtlichen Streifzügen wie diesem seinem Auge zu schmeicheln; dass sie nichts weiter sind als die Gucklöcher der Engel im Himmelsfußboden, oder, noch besser, Scheiben lichten Goldes. »… Nun liegt die Erd, ganz Danaë, bei Sternen «, murmelte Fen bei sich – woraufhin er die Theopathie drangab, um über poetische Zusammenhänge zu spekulieren. Scheiben lichten Goldes. Nur für Gold, wie Danaë. Danaë bei Sternen . Während er ganz professionell über den möglichen Ursprung von Tennysons Zeile nachdachte, schlich Fen leise durch den Küchengarten und den Obstgarten und betrat den Hang hinter dem Gasthof.
    Die drei Birken standen da wie die gereimten Zeilen eines Gedichtes. Als Fen in Sichtweite des Waldes kam, bemerkte er, dass auch dieser in einem See silbrigen Lichts lag. Eine weiße Eule flog niedrig vor dem Mond, ihr Umriss gestochen scharf, und sie trug eine Feldmaus im Schnabel. Während er sich dem Wald näherte, hörte er den betörenden Gesang der Nachtigall. Ein Wald voller Nachtigallen ; es war nicht unmöglich, dass sich auch hier ein Sohn Circes verbarg, in der Gestalt des Verrückten – dessen Intentionen vielleicht weniger subtil als die des Comus, im Grunde aber dieselben waren. Außerdem wandelte unter diesem Mond auch der Mörder von Mrs. Lambert, sodass, was die Nachtigallen anging, Eliots ›steifes Totenhemd voll Schande‹ wohl angebrachter war als Williams’ geschönte und liebliche Sichtweise … In der Hütte auf dem Golfplatz säße bestimmt schon Bussy, dessen Hirn gegen den Zauber der Nacht völlig immun war, und zerbräche sich den Kopf über Strychnin. Bei diesem traurigen Gedanken blieb Fen einen Augenblick stehen. Wie eine Katze liebte er die dunklen Stunden; er war der Ansicht, dass sie ins Reich der Feen und der großen Abenteuer gehörten. Und obwohl er davon ausgehen konnte, dass ihn irgendeine Art von Abenteuer erwartete, begann er zu vermuten, dieses Abenteuer könnte sich eher als mühsam und öde erweisen denn als spannend und erhebend. Er unterdrückte den Impuls, einfach zu desertieren, und betrat widerwillig den Wald.
    Keine Begegnung, weder der mörderischen, der exhibitionistischen oder sonstigen Art machte ihm das Durchqueren des Waldes interessanter. Auf der anderen Seite stieg er über einen Zaun und stand inmitten eines Ginstergebüsches, dessen buttergelbe Blüten nun bleich und merkwürdig unheilvoll wirkten, auf dem Golfplatz. Der Fairway zum dritten Loch lag vor ihm, und er lief das Grün entlang. Zum vierten Loch,

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