Mit Fünfen ist man kinderreich
nach links und hineinschieben. Diesmal klappte es, wir tuckerten los und erreichten ohne Zwischenfälle die Landstraße nach Aufeld.
»Jetzt den dritten Gang.«
Wenzel-Berta prüfte ihre Unterlagen, erkundigte sich, ob das »der in der Mitte« sei, kommandierte »Hebel nach links und dann ganz rein«, worauf der Wagen ruckartig abbremste und dann weiterkroch.
»Entschuldigung«, meinte Wenzel-Berta, »ich hab' rechts gemeint und bloß vor Aufregung links gesagt!«
Wir haben es trotzdem geschafft! Dreimal blieb das Auto mitten auf der Straße stehen, ein halbes Dutzend Mal kreischte das gequälte Getriebe in höchsten Tönen, und ich betete im stillen, daß Eugen nicht gerade jetzt nach Hause kommen und seinem stotternden und hüpfenden Laubfrosch begegnen würde.
Die Rückfahrt verlief so ähnlich, zusätzlich untermalt von dem zweistimmigen Gebrüll der Zwillinge, die die Impfprozedur höchst ungnädig aufgenommen und sich noch immer nicht beruhigt hatten.
Schweißgebadet brachte ich den Wagen zehn Zentimeter vor Wenzels Gartenzaun zum Stehen; sollte Eugen sein Auto lieber selbst in den Hof fahren, mir reichte es! Solche Angst wie jetzt hatte ich nicht einmal während der Fahrprüfung gehabt, als ich rückwärts einparken sollte und das erst beim dritten Anlauf schaffte. Ich kann das übrigens heute noch nicht, höchstens dann, wenn vorher ein Möbelwagen dort gestanden hat!
Eugens Zustimmung habe ich mir aber noch nachträglich geholt. Er nahm dankend die Zigarren entgegen und meinte: »War ja man nur gut, daß Sie keine Anfängerin nich sind!«
11
Als in Heidenberg der Winter begann, begriff ich zum ersten Mal etwas von Einsteins Relativitätstheorie. Zweihundert Meter sind relativ wenig, wenn man diese Strecke zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegt; zweihundert Meter sind relativ viel, wenn man Schnee schippen muß!
Während noch die ersten Flocken vom Himmel fielen und eine hauchdünne Schneeschicht auf dem Boden bildeten, kramte Sven den Schneeschieber aus der Garage. Es handelte sich hierbei um ein älteres Modell, vorwiegend aus Blech bestehend, das an der angerosteten Stelle auch sofort durchbrach, als es in nähere Berührung mit einem Feldstein kam.
»Ich hole schnell einen neuen«, beruhigte mich Sven, »Frau Häberle hat sie in jeder Größe.«
Eigentlich hätte es mich stutzig machen müssen, daß es ausgerechnet in unserem kleinen Nest eine beachtliche Auswahl an Schneeschiebern gab, während man sonst nicht einmal Nähnadeln oder ähnliche alltägliche Dinge kaufen konnte; allenfalls noch Strohbesen, die man zur samstäglichen Reinigung der Hofeinfahrten benötigte.
Ich wurde aber keineswegs stutzig, ich war im Gegenteil froh, daß ich dieses sperrige Ding nicht erst aus der Stadt herankarren mußte. Im übrigen hörte es bald auf zu schneien, und das neuerworbene Stück verschwand wieder in der Garage.
Ich hasse die kalte Jahreszeit, wenn es morgens noch dunkel ist und man lieber im Bett bleiben würde, statt mit klappernden Zähnen durch die eiskalten Räume zu wandern und erst einmal überall die Heizungen aufzudrehen. Ich mag die tiefhängenden Wolken nicht und nicht die Novembernebel. Ich mag auch nicht die bunten Herbstblätter, weil ich genau weiß, daß sie bald abfallen und kahle Bäume zurücklassen. Eigentlich gefällt mir an dieser Jahreszeit nur eins: Die Gewißheit, nicht mehr im Garten wursteln zu müssen!
Es gibt Leute – und wenn ich recht überlege, kenne ich gar keine anderen –, die mit einer wahren Begeisterung im Garten herumwühlen, stundenlang Unkraut jäten, Büsche setzen und wieder umpflanzen, Ableger ziehen, die sie dann in Marmeladengläsern zu Setzlingen aufpäppeln, und die Rosen kultivieren. Ich gehöre nicht dazu, und ich gebe ehrlich zu, daß ich einen Garten eigentlich nur zu einem Zweck brauche: Mich in einen Liegestuhl zu legen und von der Sonne braten zu lassen! Aber dazu reicht auch ein Balkon!
Weshalb Rolf immer so großen Wert auf einen Garten legte, ist mir nie ganz klar geworden. Seine Arbeit in demselben beschränkte sich überwiegend darauf, abends den Wasserhahn aufzudrehen und mit dem Schlauch alles, was da so wächst, gleichmäßig zu bewässern – Unkraut eingeschlossen. In Heidenberg bekamen auch die benachbarten Brennesseln regelmäßig ihren Teil ab und gediehen besonders in Zaunnähe auffallend üppig. Die etwas mühseligeren Arbeiten wie Unkrautzupfen, welke Pflanzen entfernen, Beete hacken und Rasen schneiden überließ er
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