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Mit Fünfen ist man kinderreich

Mit Fünfen ist man kinderreich

Titel: Mit Fünfen ist man kinderreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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der Terrasse.
    Nun kam Saschas großer Auftritt: Mit viel Geschrei, Deckelgeklapper und fernsehreifen Prügelszenen schlug das Kasperle reihenweise Räuber, Schutzmann, Hexe und in Ermangelung weiterer Bösewichte auch noch König und Prinzessin in die Flucht.
    »Nun reicht's! Jetzt könnt ihr wieder gehen!« verabschiedete mein Sohn seine Mitarbeiter, um anschließend seinem Vater mitzuteilen, daß er ihm drei Fünfziger schulde.
    Die Karnevalszeit – hierzulande Fasching genannt -treibt im Schwäbischen manchmal absonderliche Blüten. So hatten wir vor Jahren zusammen mit Freunden einen Faschingsball in Stuttgart besucht, waren gemäß den rheinischen Gepflogenheiten kostümiert aufgekreuzt und kamen uns nach kurzer Zeit einigermaßen deplaciert vor. Die übrigen Gäste trugen ausnahmslos Abendkleid und Smoking und wickelten sich zu vorgeschrittener Stunde allenfalls ein paar Luftschlangen um den Hals. Das Ganze erinnerte mich an den Abschlußball einer Tanzschule und nahm mir die Lust an ähnlichen Veranstaltungen.
    Ich bin ohnehin kein Freund programmierter Fröhlichkeit, und meine Resonanz auf Wenzel-Bertas blumenreiche Schilderungen vergangener Heidenberger Faschingsbälle muß wohl ziemlich lauwarm gewesen sein. Aber es gab mir doch einen Stich, als sie ihren Bericht mit den Worten beendete:
    »Sie sollten da wirklich mal hingehen, weil die Leute sagen schon, Sie sind zu fein für so was!«
    Es stimmte zwar, daß wir weder das Winzerfest besucht noch an der Jubiläumsfeier des Schützenvereins teilgenommen hatten, aber schließlich besaßen wir keinen Weinberg, und geschossen habe ich höchstens mal auf Jahrmärkten – und auch dort meistens daneben! Ich wäre gar nicht auf den Gedanken gekommen, daß man unsere Abwesenheit nicht nur registriert, sondern quasi als Beleidigung empfunden haben könnte. Außerdem hatten beide Veranstaltungen in Aufeld stattgefunden, und wenn ich überhaupt irgendwelche lokalpatriotische Gefühle hatte, dann natürlich für Heidenberg! Damals wußte ich aber noch nicht, daß Frau Häberle vom Heidenberger ›Löwen‹ mit Herrn Flammer vom Aufelder ›Hahn‹ aus kommerziellen Gründen ein Abkommen getroffen hatte, wonach Festlichkeiten größeren Umfangs abwechselnd in Aufeld und Heidenberg stattzufinden haben. Es war also durchaus nichts Ungewöhnliches, wenn die Aufelder Feuerwehr ihren Jahresausflug in Heidenberg beendete, während der Heidenberger Landfrauenverband sein Kaffeekränzchen in Aufeld abhielt. Der alljährliche Faschingsball spielte sich allerdings immer in Heidenberg ab. Für das leibliche Wohl der Ballbesucher sorgten Frau Häberle und Herr Flammer gemeinsam; sie konkurrierten allenfalls beim Vollschenken der Biergläser. Die von Frau Häberle liefen immer über!
    Sascha hatte uns schon Wunderdinge von den Vorbereitungen erzählt, die seit Tagen in vollem Gange waren. Wenn man ihn hörte, konnte man wirklich glauben, die künstlerische Ausgestaltung der Ballsäle läge allein in seinen Händen. In Wahrheit hatte sich seine Mitwirkung auf gelegentliches Zureichen eines Hammers beschränkt sowie auf die Konsumierung alkoholfreier Getränke, die man den Dekorateuren der Festräume zur Verfügung gestellt hatte.
    Erwartungsgemäß handelte ich mir bei Rolf erst einmal einen Korb ein.
    »Soll ich mich mit den Dorfhonoratioren über Kälberzucht und Kunstdünger unterhalten? Oder das gräßliche Weib von dem Schrezenmeier über den Tanzboden zerren? Nein, danke! Geh doch allein hin, wenn du unbedingt willst, schließlich ist Fasching!«
    Nach zwei Tagen stellte er seine eventuelle Begleitung in Aussicht, nach zwei weiteren sicherte er sie zu. Wenzel-Berta hatte ihn mürbe gemacht.
    »Aber ein Kostüm ziehe ich nicht an!« wagte er einen letzten Protest, »oder soll ich mich vielleicht als Eunuch verkleiden?«
    Der diesjährige Faschingsball stand unter dem Motto ›Orientalische Nacht‹, was immer man sich auch darunter vorzustellen hatte. Ich bezweifelte zwar, daß auch nur ein einziger Heidenberger Bürger bis dato den Orient in natura gesehen hatte – ich natürlich auch nicht, Fernostreisen waren damals noch nicht ›in‹ –, aber man hatte ja als Kind die Märchen aus Tausendundeiner Nacht gelesen. Außerdem rauschte Königin Sirikit durch den deutschen Illustriertenwald und Soraya und Farah Diba und der emigrierte Dalai Lama. Und da regelmäßig donnerstags der Lieferwagen des Lesezirkels in Heidenberg hielt und der Fahrer jedesmal fast eine Stunde

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