Mit Fünfen ist man kinderreich
verankerte ihn. Jetzt stand das Prachtstück endlich, exakt fünf Meter hoch, wunderbar gewachsen und so schön nackt! Übrigens war es mittlerweile fünf Uhr. In früheren Jahren hatte um diese Zeit immer die Bescherung angefangen!
»Steckt wenigstens die Kerzen auf und hängt die Kugeln hin, das Lametta können wir morgen immer noch aufhängen«, drängte Omi, »ihr werdet doch sonst überhaupt nicht mehr fertig. Außerdem müssen wir noch irgendwie dieses profane Bierfaß kaschieren.«
Ich holte eine Weihnachtsdecke, von denen ich dank der Vorliebe meiner Großmutter für Kreuzsticharbeiten genügend besitze, und wickelte sie um die Tonne.
»Sieht scheußlich aus!«
Ich entfernte die bunte Decke und holte eine weiße. Jetzt sah die Tonne aus wie eine Kesselpauke! Omi befestigte mit Sicherheitsnadeln ein paar Tannenzweige und erklärte die Dekoration für abgeschlossen.
Rolf hatte inzwischen die drei Lichterketten auf die Zweige gewurstelt. Jede Kette hatte einen Stecker, doch Steckdosen gab es in Weihnachtsbaumnähe überhaupt nicht. Also suchten wir im ganzen Haus Verlängerungskabel zusammen, die sich später wie Bandwürmer durch das Wohnzimmer schlängelten. Die Beleuchtungsprobe klappte auf Anhieb, wenn auch manche Kerzen sehr hell flammten, während andere nur spärlich glimmten. Offenbar hatte man Rolf verschiedene Wattstärken angedreht.
Der stand schon auf der Leiter und versuchte, Kugeln an die oberen Zweige zu hängen. Trotz 1,78 m Körpergröße zuzüglich Armlänge klappte das nicht so recht. Sven brachte einen Besen. Die erste Kugel wurde über den Stiel gehängt und an den vorgesehenen Ast gebracht. Dann fiel sie runter und zersprang. Der zweiten erging es ebenso. Jetzt hatten wir noch 36, einschließlich der beiden mit Loch. Sven brachte Hammer und Nägel. Rolf schlug in den Besenstiel einen Nagel von Bleistiftlänge, daran befestigte er die dritte Kugel. Die blieb dann auch tatsächlich hängen. Am Nagel!
Jetzt platzte mir endgültig der Kragen! Und als in fast allen Häusern Heidenbergs Weihnachtslieder gesungen und Geschenke ausgepackt wurden, tobte bei uns ein sehr unchristlicher Familienkrach. Er endete damit, daß ich den nächstbesten Gegenstand auf den Fußboden schmiß, die Tür hinter mir zuknallte und ins Schlafzimmer floh, wo ich mich heulend aufs Bett warf.
Eine Stunde später erschien Omi, festlich gekleidet, in einer Hand eine Tasse Kaffee, in der anderen einen großzügig bemessenen Cognac. »An deiner Stelle wäre ich schon heute mittag explodiert«, meinte sie und flößte mir den Cognac ein, »und ich hätte die Vase nicht auf den Boden, sondern garantiert Rolf an den Kopf geworfen. Du weißt ja, ich mische mich sonst nie in eure Streitigkeiten, aber diesmal stehe ich voll auf deiner Seite. Trotzdem mußt du auch an die Kinder denken. Die Jungs ziehen sich jetzt um, Steffi hat schon den ersten Fleck im neuen Kleid und ist gerade dabei, sich den Magen zu verderben. Die Zwillinge schlafen noch. Mach dich in Ruhe fertig, um acht fangen wir mit der Bescherung an.«
Es wurde doch noch ein schönes Weihnachtsfest, obwohl bis zum Dreikönigstag am Baum kein einziger Lamettafaden hing, und er ziemlich unfertig aussah. Rolf meinte denn auch versöhnlich: »Ich glaube, das nächste Mal nehmen wir ihn wieder eine Nummer kleiner!«
Die Feiertage standen ganz im Zeichen wechselnder Besucherscharen, hauptsächlich minderjähriger. Sebastian erschien als einer der ersten, nahm dankend seinen Schmetterling entgegen und revanchierte sich mit einer einbalsamierten Termite. Weiß der Kuckuck, wo er die aufgetrieben hatte, und was ihn bewogen haben mochte, die Leiche auch noch dunkelrot einzufärben. Sven konnte im letzten Augenblick verhindern, daß Stefanie sich das Vieh als vermeintliches Gummibärchen in den Mund schob.
Oliver kam in Begleitung seines Vaters, der mir einen Nelkenstrauß überreichte und sich für die häufige Betreuung seines Sohnes bedankte. »Ich weiß ja selbst, daß ich mich viel zu wenig um ihn kümmern kann, aber schließlich schufte ich ja nur für ihn. Er soll doch später einmal die Bar übernehmen.« (Oliver studiert inzwischen im zweiten Semester Chemie!)
Es kamen Gerhard und Kinta und Rita und Peter-Michael und noch ein paar andere, deren Namen ich nicht mehr weiß, aber die meisten blieben im unteren Stockwerk und tauchten nur auf, um die ihnen aufgetragenen Grüße loszuwerden und Nachschub an Weihnachtsgebäck zu holen.
Ich hing inzwischen an der
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