Mit Haut und Haar (German Edition)
bereits erste Opfer gefordert. Der Garten lag voller Laub. Die Blätter, die noch an den Bäumen hingen, waren dunkelrot. Die Rosen blühten zwar noch, aber sie sahen nicht mehr besonders frisch aus. Sie hatte viel zu tun. Das Leben musste weitergehen. Sie wusste nur nicht wie sie es anpacken sollte.
»Ich schätze, ich werde mich bei Patrizia entschuldigen müssen«, sagte sie leise. »Sie wird dafür Verständnis haben«, sagte Herr Meierhofer. »Immerhin, sie war zwar nach den Aussagen der Kollegen erst mal sehr aufgebracht, als die in ihr Geschäft marschiert sind, aber sie hat sich schnell beruhigt, war kooperativ und sie schien in erster Linie sehr besorgt um Sie zu sein, Frau Ostermann.«
»Als ich gehört habe, dass die Frau lange, rote, und auch noch lockige Haare hat, dachte ich wirklich, es wäre Patrizia.«
»Das kann man Ihnen nicht übelnehmen, Frau Ostermann«, sagte Meierhofer. »Die Beschreibung hat gepasst und ein Motiv hätte es auch gegeben.«
Clarissa fuhr herum und blickte unsicher zwischen Daniel und dem Polizeibeamten hin und her.
»Ich habe es ihm gesagt«, sagte Daniel leise.
Sie nickte.
Der Beamte erhob sich. »Wir werden natürlich weiter ermitteln«, sagte er. »Ich denke, inzwischen liegt genug vor.«
Er verabschiedete sich freundlich.
»Wo und wie wollen die ermitteln?« fragte Clarissa ihren Mann, als der Beamte das Haus verlassen hatte. »Wer weiß was als nächstes kommt. Und nach was wollen die suchen? Nach einer Frau mit auffälligen, langen, roten Locken?« »Zum Beispiel«, sagte Daniel.
»Und wenn es eine Perücke war?«
Daniel zuckte die Schultern. »Liebes, ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht. Ich bin momentan einfach nur froh, dass die Polizisten inzwischen einsehen, dass wir nicht hysterisch sind. Dass sie die Briefe nicht ernst genommen haben, kann ich jetzt im Nachhinein verstehen, aber das mit dem Hund, das mit dem Beerdigungsinstitut ... also wenn das kein Grund ist zu ermitteln, dann weiß ich auch nicht weiter.«
Clarissa versuchte sich in den nächsten Tagen mit Arbeit abzulenken. Sie reinigte gründlich die Schränke in der Küche, nahm sich die komplette Bügelwäsche vor und eines Morgens beschloss sie, den Garten winterfest zu machen. Gleich nach dem Frühstück ging sie nach draußen. Die Kinder hatten Herbstferien und schliefen noch, aber Daniel war längst aus dem Haus. Sie rechte das Laub zusammen und bildete mehrere kleine Haufen, holte schließlich die Biotonne und füllte sie mit dem alten Laub bis nichts mehr hineinpasste. Der Rest musste eben warten bis zur nächsten Leerung. Sie klaubte die verdorbenen Äpfel vom Boden und warf sie auf einen Laubhaufen. Vielleicht wäre es sogar eine gute Idee, einen Komposthaufen anzulegen, überlegte sie sich. In diesem großen Garten würde sich das bestimmt lohnen. Gegen elf Uhr vormittags war sie mit ihrer Arbeit fertig. Es war ein warmer, sonniger Herbsttag, aber der Wind wehte bereits recht kühl und es war zu erkennen, dass die Natur sich auf den Winterschlaf vorbereitete. Erschöpft ging sie wieder ins Haus.
Sie zuckte zusammen als das Telefon klingelte. Sie hatte in den letzten Tagen sehr oft an Patrizia denken müssen und nun hoffte sie inständig dass es nicht sie war, die da anrief. Selbstverständlich hatte sie vor, sich bei Patrizia zu melden. Mit ihr darüber zu reden, über alles was passiert war, über ihre Gründe, ihr die Polizei auf den Hals zu hetzen. Aber sie wusste nicht wie sie damit umgehen sollte und schob das Gespräch immer wieder auf, obwohl sie wusste, dass es überfällig war.
»Ostermann«, meldete sie sich.
»Clarissa?« vernahm sich eine männliche Stimme.
»Ja?« fragte sie. »Wer ist da?«
»Ich habe deine Anzeige in der Zeitung gelesen. Wie läuft das jetzt?«
»Wie läuft was jetzt?« fragte Clarissa. »Wer sind Sie überhaupt?«
»Ach Mäuschen, wie niedlich, jetzt spielst du aber Katz und Maus mit mir, was? Du hast doch eine Anzeige aufgegeben, oder etwa nicht?«
»Was für eine Anzeige?« fragte Clarissa verwirrt. Sie grübelte. Hatte Daniel ein Inserat aufgeben? Wollte er irgendetwas verkaufen? Das Auto vielleicht? Nein, das konnte nicht sein. Es war noch nicht so alt und lief über Leasing.
»Das mit den Haus- und Hotelbesuchen, Süße«, sagte der Mann am Telefon. »Was für Haus- und Hotelbesuche?« fragte Clarissa. »Kann es sein, dass Sie sich verwählt haben?«
»Nein«, sagte er. »Sicher nicht. Sie haben doch eine Anzeige in der Zeitung
Weitere Kostenlose Bücher