Mit Haut und Haar (German Edition)
Und?«
»Diese Patrizia hat mich heute Mittag angerufen und war zwei Stunden später schon hier. Sie hat sich all meine Bilder angeschaut und möchte mich unbedingt ausstellen.«
»Dich?« fragte Charlotte grinsend. Die Dreizehnjährige hatte in der letzten Zeit einen Heidenspaß daran, ihre Eltern aufs Korn zu nehmen und ihnen das Wort im Mund zu verdrehen. Oder sie allzu wörtlich zu nehmen.
»Meine Bilder natürlich.«
Daniel legte sein Besteck beiseite.
»Liebling, das ist großartig! Ich freue mich für dich! Wann geht es los?«
»Ach«, sagte Clarissa. »Ich soll meinen Bildern Namen geben und mir ein paar Sätze zu jedem Bild einfallen lassen. Und eine Vita schreiben. Und außerdem muss ich zum Fotografen um ein gutes Foto zu bekommen. Wenn ich das alles habe, muss ich sie anrufen und wir machen einen Termin aus.«
»Eine richtige Ausstellung? Mit Presse und allem was dazu gehört?«
Clarissa nickte. »Aber«, sagte sie beschwichtigend. »Es ist eine kleine Galerie mit wenigen Stammkunden, die eigentlich noch im Aufbau ist. Ich werde ganz sicher mit dieser Ausstellung nicht in allen Zeitungen auf dem Titelbild sein, wahrscheinlich muss ich eher froh sein, wenn sich überhaupt jemand dazu herablässt, die Ausstellung zu besuchen.«
»Liebling, ich bin stolz auf dich, sehr stolz sogar! Du glaubst gar nicht wie sehr! Und das wird schon, glaub mir. Wenn nur ein paar Leute kommen, das genügt schon für den Anfang.«
Später am Abend, als die Kinder im Bett waren und Ruhe im Haus eingekehrt war, zündete Daniel den Kamin an. Es war Freitagabend und die Nacht war noch jung. Als der Kamin brannte, lief Daniel in den Keller und holte eine Flasche Wein, griff im Vorbeigehen nach dem Korkenzieher im Schrank und nach zwei Gläsern und reichte ihr kurz darauf ein Glas Rotwein. Sie griff danach und stieß mit ihm an.
»Auf dich, mein Liebling«, sagte er. »Herzlichen Glückwunsch. Ich bin so froh, dass du wieder angefangen hast zu malen. Ich habe ohnehin nie verstanden, warum du damit aufgehört hast.«
Clarissa zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Mir fehlte die Lust und die Energie.«
»Und die Trauer«, warf Daniel ein, und er sah ihr ernst in die Augen.
»Vielleicht.«
Ohne es zu wollen, empfand sich Clarissa schon wieder in Abwehrposition. Sie starrte ins Feuer und nippte an ihrem Wein.
»Was würdest du dir wünschen?« fragte Daniel. Clarissa antwortete nicht. Sie zuckte mit den Schultern und konzentrierte sich auf ihr Weinglas und das Kaminfeuer.
»Ich liebe dich genauso leidenschaftlich wie vor achtzehn Jahren. Das schwöre ich dir. Und ich begehre dich genauso wie damals. Vielleicht noch mehr, denn ich hatte dich fast verloren.«
»Warum kannst du es mir dann nicht mehr zeigen?«
Er lehnte sich zurück.
»Weil du dich steif machst, sobald ich dich anfasse.«
Ja, da hatte er recht. Er hatte es oft versucht. Abende, Nächte, in denen die Leidenschaft sie beide übermannt hatte, in denen auch Clarissa nur noch eines wollte: Sich ihm hingeben, in seinen Armen versinken, sich an ihn schmiegen und sich von ihm nehmen lassen, hart und energisch, so wie er es früher getan hatte. Aber immer wieder tauchten dann im unpassenden Moment diese Bilder in ihrem Kopf auf. Die Bilder von Daniel mit der anderen Frau. Die Szene, die sie im Hotel mit eigenen Augen gesehen hatte und die eine so niederträchtige Basis für das unerträgliche Kopfkino waren. In solchen Sie merkte in solchen Momenten selbst, wie sie sich unwillkürlich versteifte und sie hasste sich dafür. Natürlich brauchte er Liebe. Natürlich brauchte er Sex. Natürlich konnte sie ihn nicht immer abwehren. Und sie sehnte sich ebenso sehr danach. Aber sie konnte auch nicht mit ihm schlafen. Es ging einfach nicht.
Daniel gab sich alle Mühe. Er schenkte ihr noch ein Glas Wein ein. Er massierte ihr liebevoll die Schultern und den Nacken. Schließlich trug er seine leicht beschwipste Frau nach oben ins Schlafzimmer, legte sich neben sie, löschte das Licht und versuchte sie einfach nur in den Armen zu halten. Es gelang ihm nicht, sie versteifte sich wie sie es seit einem Jahr immer tat. Behutsam streifte er den schmalen Träger ihres Nachthemds von ihrer Schulter und küsste sie sanft. Da sie nicht reagierte, sich aber auch nicht weinend abwandte wie sie es sonst immer tat, wurde er etwas mutiger und zog ihr langsam, Stück für Stück das Nachthemd aus. Schließlich zündete er die Kerze auf seinem Nachtschrank an. Sie lag da, mit offenen
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