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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell
Autoren: Julia Schoening
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gebeten, ein Poster über einen Fall von unserer Station zu machen. Für den Kongress in München.«
    Yvonne sah sie mit offenem Mund an. »Du sollst was? «
    »Nichts Großes. Nur ein Poster«, erklärte Linda. Ihr war nicht klar, warum Yvonne so überrascht reagierte.
    »Ich finde schon, dass es etwas Besonderes ist.« Yvonne tunkte ein Stückchen Kuchen in die Schlagsahne. »Das heißt, du fährst nach München?« Sie schob sich den Bissen in den Mund.
    Linda nickte. »Das hat Alexandra jedenfalls gesagt.«
    »Hm«, murmelte Yvonne kauend. »Du hast großes Glück. Ich bin jetzt in meinem dritten Jahr, und jedes Jahr habe ich versucht, dorthin fahren zu dürfen. Aber jedes Mal wurden andere vorgezogen – immer die, die dort etwas präsentierten. Ich gehörte immer zu dem Rest, der hier die Stellung halten musste.«
    Hatte Yvonne recht? War es wirklich etwas Besonderes, dass Alexandra ihr diese Chance geboten hatte? So hatte Linda das noch nicht betrachtet.
    »Ich habe Alexandra auch einmal gefragt, ob ich nicht hinfahren könnte«, fuhr Yvonne fort und kratzte die Krümel auf ihrem Teller zusammen. »Schließlich ist es der größte deutschsprachige chirurgische Kongress. Da kommen alle wichtigen Leute hin, und alles, was neu in unserem Fach ist, wird dort vorgestellt. Aber ich war wohl nicht interessant genug für sie. Für mich hatte Madame nur ein paar wohlgemeinte Worte übrig.« Yvonne hob eine Augenbraue, ähnlich wie Alexandra es immer machte. »Irgendwann darfst du auch mal fahren«, imitierte sie Alexandra. »Wenn du so weit bist.«
    Linda musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszulachen. »Ich wusste gar nicht, dass du so ein komisches Talent hast.«
    Yvonne zwinkerte ihr zu. »Wenigstens erkennt das mal einer. Aber im Ernst: Sei froh über diese Möglichkeit. Das ist nicht selbstverständlich.«
    Das war Linda tatsächlich nicht bewusst gewesen. Warum förderte Alexandra sie so? Konnte es etwa sein . . . Linda hielt die Luft an.
    Unsinn. Alexandra hielt sie wahrscheinlich einfach für talentiert. Mehr nicht. Was sollte auch sonst noch sein?
~*~*~*~
    A lexandra band ihre Sportschuhe zu und nahm ihr Handtuch und die Wasserflasche aus ihrem Spind. Als sie in den Trainingsraum des Fitnessstudios trat, sah sie Lennard bereits zwischen den Crosstrainern auf sie warten. Lennard Geis, ebenfalls Oberarzt an ihrer Klinik, war seit langem ihr Trainingspartner.
    »Ich habe uns die zwei hier mal gesichert«, sagte Lennard, sobald Alexandra in Hörweite war, und deutete auf die beiden Crosstrainer.
    »Sehr gut. Dann lass uns mal mit dem Aufwärmen beginnen.« Alexandra nickte ihrem Kollegen zu. Beide stiegen auf die Geräte und stellten sie ein.
    »Wie war dein Tag?«, erkundigte sich Lennard.
    »Abgesehen davon, dass ich mich ständig mit Jochen herumschlagen muss, gut«, brummte Alexandra.
    Lennard lachte. »Aber das sind wir doch schon gewohnt.«
    »Na ja, es verschärft sich.« Alexandra beschleunigte. Wahrscheinlich hatte Lennard die Neuigkeiten noch nicht mitbekommen – noch war es ja auch nicht offiziell bekanntgegeben worden. »Jochen will mich jetzt wohl endgültig aus dem Weg räumen.«
    Lennard runzelte fragend die Stirn. »Wie soll ich das verstehen?«
    Alexandra wandte sich ihm zu, ohne das Tempo zu verlangsamen. »Du musst mir versprechen, es noch nicht herumzutratschen«, bat sie, auch wenn sie wusste, dass Geheimnisse im Krankenhaus niemals lange geheim blieben. Zweifellos würde sich die Nachricht in wenigen Tagen ohnehin verbreiten wie ein Lauffeuer, ob Lennard es nun vorher wusste oder nicht.
    »Selbstverständlich. Und jetzt mach es nicht so spannend.«
    Sie holte tief Luft. »Rainer hört auf, und es soll eine interne Neubesetzung seiner Stelle geben. Und jetzt rate, wer sich Hoffnungen macht.«
    »Jochen?«, fragte Lennard so entgeistert, dass er aus dem Takt geriet. »Das ist doch nicht sein Ernst.« Er hielt an.
    »Doch, ich denke schon. Rainer hat allerdings mich beim Chef für seine Nachfolge vorgeschlagen.« Alexandra lächelte schelmisch. »Das passt Jochen wohl nicht in den Kram.«
    Lennard strahlte, während er von seinem Crosstrainer stieg. »Das ist ja großartig. Ich würde mich freuen, wenn du die Stelle bekommen würdest. Ich drück dir auf jeden Fall die Daumen.«
    Alexandra verzog die Mundwinkel. »Da wärst du aber wohl der Einzige.«
    »Unsinn«, versetzte Lennard. »Alle schätzen dich.«
    Alexandra hielt nun auch an und nahm einen Schluck Wasser.
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