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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell
Autoren: Julia Schoening
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Jannes Stimme überschlug sich fast. »Hast du jemanden kennengelernt? Wer ist sie? Wie ist sie?«
    Linda kannte Janne nun schon so viele Jahre, sie waren von Anfang an beste Freundinnen gewesen, hatten gemeinsam Höhen und Tiefen durchlitten. Beide kannten das Liebesleben der anderen in- und auswendig. Es hatte eigentlich keinen Sinn, Janne etwas vorzumachen, sie durchschaute Linda sofort. Dennoch spürte Linda einen merkwürdigen Widerstand dagegen, ihrer Freundin ihr Herz auszuschütten.
    Sie umklammerte ihr Glas. »Es gibt da niemanden.« Das war schließlich die Wahrheit – rein objektiv betrachtet.
    Misstrauisch beäugte Janne Linda. Kleine Fältchen bildeten sich auf ihrer Stirn, während sie angestrengt nachdachte. Dann platzte sie heraus: »Diese Oberärztin?«
    Linda wurde ganz heiß. »Ähm . . .«, stammelte sie. Sie zupfte an ihrem Halstuch.
    »Du wirst ja ganz rot. Ich habe also recht.«
    Linda schluckte. »Unsinn. Sie ist meine direkte Vorgesetzte.«
    Janne nahm Lindas Hände in ihre und drückte sie leicht. »Fürs Erste werde ich dir das abnehmen, aber glaube ja nicht, dass du mir so einfach davonkommst. Du wirst mir schon noch mehr von ihr erzählen.« Sie lächelte Linda an. Diesem Lächeln konnte Linda niemals wirklich böse sein.
~*~*~*~
    D ie ganze Nacht über hatte Linda sich den Kopf zerbrochen, ob sie wirklich gemeinsam mit Alexandra an einem wissenschaftlichen Projekt arbeiten wollte. Natürlich war das eine große Chance. Nicht nur, um in der Klinik weiterzukommen. Es würde zwangsläufig auch bedeuten, dass sie noch häufiger und enger mit Alexandra . . .
    Linda schluckte. Vielleicht war es auch gerade das, was ihr Sorgen machte.
    Oder war es einfach, dass sie genau das nie gewollt hatte? Fallberichte, Forschung, wissenschaftliches Arbeiten – das alles war nichts für sie. Andere konnten ihre Freizeit gern damit verbringen; Linda hatte genug anderes in ihrem Leben vor. Sie musste ja auch so schon Janne ständig vertrösten.
    Aber letztlich ging es nur um ein kleines Poster, das in wenigen Stunden fertig sein würde. Deswegen hatte sie sich nun tatsächlich auf den Weg zu Alexandras Büro gemacht. Alexandra hatte sie am Morgen noch einmal ausdrücklich gebeten, später bei ihr vorbeizuschauen, um alles in Ruhe zu besprechen.
    Sie wollte gerade an Alexandras Büro anklopfen, als die Tür aufschwang. Hätte Linda nicht automatisch einen Schritt zurück gemacht, wäre sie geradewegs mit Melanie zusammengestoßen, die aus dem Zimmer stürmte.
    »Aus dem Weg«, zischte Melanie, schubste Linda unsanft zur Seite und verschwand mit stampfenden Schritten um die Ecke.
    Was war das denn schon wieder für ein Auftritt gewesen? Verblüfft sah Linda ihr nach. Dann holte sie tief Luft und wandte sich wieder der Tür zu, die noch immer offen stand.
    Alexandra saß an ihrem Schreibtisch, das Gesicht in den Händen vergraben. Vielleicht war es besser, sie einen Moment in Ruhe zu lassen. Doch ehe Linda sich zum Gehen wenden konnte, sah Alexandra plötzlich auf, und ihre Blicke trafen sich.
    Regungslos blieb Linda im Türrahmen stehen, wie gebannt von den tiefbraunen Augen. Ihr Atem ging flach.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit fand sie endlich ihre Sprache wieder. »Wenn ich störe, kann ich auch später wiederkommen«, sagte sie.
    Ein angedeutetes Lächeln schien über Alexandras Lippen zu huschen. »Nein, komm bitte rein.«
    Linda nahm gegenüber von Alexandra an deren Schreibtisch Platz und legte die Patientenakte, die sie vorsorglich mitgebracht hatte, auf dem Tisch ab. »Falls wir noch etwas nachgucken wollen«, erklärte sie dabei.
    Aber Alexandra schien sie plötzlich gar nicht mehr wahrzunehmen. Sie hatte sich in ihrem Stuhl herumgedreht und wandte Linda den Rücken zu. Mit vor der Brust überkreuzten Armen starrte sie aus dem Fenster. »Und hast du es dir überlegt?«, fragte sie in einem deutlich gereizteren Tonfall, als Linda das normalerweise von ihr kannte.
    Linda verknotete ihre Hände. Wie war dieses merkwürdige Verhalten zu deuten? »Ich würde es gern machen.«
    »Gut«, murmelte Alexandra. Sie drehte sich wieder zurück, aber sie sah Linda nicht an, sondern starrte ins Leere. Ihre Finger trommelten lautstark auf die Tischplatte. »Dann müssen wir noch einiges klären.« Ihre Stirn lag in tiefen Falten.
    »Dafür bin ich hier.« Lindas Finger hakten sich noch fester ineinander. Irgendetwas stimmte mit Alexandra nicht, sie wirkte wie in einer anderen Welt. Hatte das etwas mit
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