Mit Herz und Skalpell
fordernd auf der Tischplatte.
»Die Arbeit ist anstrengend«, verteidigte sich Linda. »Jeden Morgen so früh aufstehen und dann andauernd Überstunden. Das macht mich fertig.« Um dieser Antwort Nachdruck zu verleihen, gähnte sie herzhaft.
Janne musterte sie kritisch. »Und mit einer gewissen Oberärztin hat das alles gar nichts zu tun.«
Mit einem Mal war Linda wieder hellwach. »Nein«, konterte sie wie aus der Pistole geschossen.
»Natürlich nicht.« Janne verzog das Gesicht. »Wem willst du was vormachen? Mir oder eher dir selbst?«
Linda seufzte tief und nahm noch einen großen Schluck von ihrem Cocktail. »Das ist alles kompliziert.«
Janne nickte. »Das kann ich mir vorstellen. Schließlich küsst man seine Oberärztin nicht jeden Tag.«
»Danke, dass du mich daran erinnerst«, grummelte Linda. Natürlich hatte sie ihrer besten Freundin erzählt, was in München passiert war und auch danach. Aber es wäre ihr lieber gewesen, diese Ereignisse jetzt einfach in der Vergangenheit ruhen zu lassen, wo sie hingehörten.
Doch Janne ließ nicht locker. »Wie geht es denn nun weiter mit euch?«, versuchte sie sich dem eigentlichen Problem zu nähern.
»Gar nicht. Seit zwei Wochen, nach diesem Beinahe-Kuss in der Umkleidekabine, haben wir kaum mehr ein Wort über das Berufliche hinaus miteinander gewechselt. Es ist nicht so, dass sie mich ignoriert, aber . . .« Linda stieß laut die Luft aus. »Mehr als ein kollegiales Verhältnis ist da nicht mehr.«
»Und du wünschst dir etwas anderes?«, bohrte Janne nach.
»Nein . . .« Linda schüttelte den Kopf. »Es ist besser so.«
»Wo ist dann das Problem?«
Linda stützte das Kinn in die Hände. Wenn sie doch auch so analytisch an die Sache herangehen könnte . . . »Ich weiß es nicht.«
Janne schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Aber ich glaube, ich weiß es. Dein Herz gehorcht deinem Verstand nicht.«
Wie recht ihre beste Freundin hatte. »Vielleicht.«
»Pass auf«, sagte Janne resolut, »wir haben das Thema nun oft genug durchgekaut, und du bist immer wieder zu der Einsicht gekommen, dass du dich in Alexandra verliebt hast, es aber völlig sinnlos ist und du sie deswegen vergessen willst. Und wahrscheinlich ist das auch genau die richtige Entscheidung. Deswegen werde ich dir dabei helfen.« Sie grinste bedeutungsvoll.
Linda betrachtete ihre Freundin alarmiert. »Was hast du vor?«, fragte sie misstrauisch.
»Du musst Alexandra vergessen und ein für alle Mal abhaken. Hör auf, ihr hinterherzutrauern.«
»Wenn das so einfach wäre.« Linda umklammerte ihr Glas. Sie hatte es ja versucht. Aber ihre Gefühle wurden einfach nicht weniger, im Gegenteil.
Janne zwinkerte ihr zu. »Ich habe da eine Idee, schon seit längerem. Und ich finde, jetzt ist die Zeit reif. Ich habe eine Freundin, Frederike . . . die wirst du kennenlernen.«
Linda runzelte die Stirn. »Du willst mich tatsächlich verkuppeln?«
»Nenn es, wie du willst.« Janne winkte dem Kellner zu. »Können wir noch mal das Gleiche bekommen?«
»Sofort«, antwortete der junge Mann lächelnd.
Linda protestierte: »Ich muss morgen arbeiten.«
Doch den Einwand ließ Janne nicht gelten. »Du musst mal wieder etwas lockerer werden. Früher warst du doch auch nicht so steif und so superpflichtbewusst. Wo ist nur meine alte Linda hin?« Sie hob ihren Bierdeckel an, als suche sie darunter. Dann richtete sie ihren Blick wieder erwartungsfroh auf Linda. »Und nun wieder zurück zum Thema.«
»Es ist nett von dir, aber ich habe kein Interesse.«
Auch das war in Jannes Augen kein Argument: »Du kennst Frederike doch noch gar nicht. Sie würde gut zu dir passen. Und selbst wenn sie am Ende nicht deine Traumfrau ist, könntest du dich wenigstens etwas ablenken.«
Allein das Wort Traumfrau reichte aus, um Alexandras Bild vor Lindas innerem Auge erscheinen zu lassen. Aber es hatte ja keinen Sinn. Ob Janne vielleicht recht hatte – ob sie sich einfach nicht genug Ablenkung suchte?
»Okay, wenn du meinst«, willigte Linda schließlich ein.
Janne strahlte. »Sehr schön. Ich werde ein Treffen arrangieren. Für Sonntag nach dem Hockey. Erst mal zu dritt – nicht dass du die arme Frederike mit deiner momentan so charmanten Art völlig verstörst.«
»Sehr witzig.« Linda streckte ihrer besten Freundin die Zunge heraus. Aber sie musste trotzdem schmunzeln. »Du würdest ja sowieso nicht aufgeben.«
»Genau. Du kennst mich gut.« Janne nahm ihr gefülltes Glas, das der Kellner gerade
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