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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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um die schönsten Blüten im Architekturgarten der Stadt hervorzuheben. Deshalb verzichte ich auf eine Aufzählung, um auch den Stiefmütterchen, Wicken, Akeleien, Steinnelken und anderen gerecht zu werden. Gerade ihnen verdankt der Garten ebenso seine heitere Buntheit beziehungsweise die Stadt ihr ganz spezielles Flair sowie ihren Zusammenhalt.
    Eine fast dörfliche Atmosphäre herrscht in Klein-Venedig, einer Ansammlung hübscher, einfacher Fachwerkhäuser entlang der Lauch. Trauerweiden an passenden Stellen sorgen für fotogene Blickfänge und für eine luftig-grüne Auflockerung zwischen den sonst dicht gedrängt stehenden historischen Bauten. In den Gassen fühlt man sich wohlig beschützt und stets animiert, Fassaden zu bewundern und in Auslagen zu schmökern. Hier deutet nichts darauf hin, daß auch Colmar mit seinem unvergleichlichen Charme in den Randbezirken zu Betongeschwüren neigt, die mehr oder weniger das Umland vereinnahmen und mit Wohnsilos, Einkaufszentren und großflächigen Gewerbegebieten die Stadt in diesem Bereich, wie alle anderen Städte ihrer Größenordung, austauschbar machen. Doch das soll uns nicht weiter kümmern. Wir spazieren geradewegs zum Höhepunkt des Tages, dem Unterlinden-Museum, das, im ehemaligen Dominikanerinnenkloster untergebracht, zu den wichtigsten Museen des Elsass zählt. Zum Kassenmagneten gehört zweifellos neben herrlichen Werken der Colmarer-Schule, der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Weder Drucke noch Fotografien werden je einem solchen Werk gerecht werden. Man muß schon selbst vor dem Meisterwerk Platz nehmen und einige Zeit dort verweilen, um sich der Figuren, der Leuchtkraft der Farben sowie des Bildaufbaus bewusst zu werden. Ich denke, man ist es dem Meister schuldig, sich diese paar Minuten von nichts anderem ablenken und nur sein Werk existieren zu lassen. Fast etwas benebelt wird man aufstehen, den Altar zwischen Dutzenden von Besuchern umrunden und immer wieder stehen bleiben, den Blick angesogen von der Vielfalt der Farbpalette, vom Ausdruck in den Gesichtern der Dargestellten und vom Ideenreichtum Grünewalds.
    Künstlerisch zufrieden gestellt, tappen wir schließlich wieder hinaus ans Tageslicht. Jetzt fordern auch unsere knurrenden Mägen ihr Recht. Mit wässrigen Mündern und der lebhaften Vorstellung riesiger Stücke »Gâteau fromage« (Käsekuchen) finden wir in einem proppenvollen Café beim Martinsmünster noch ein Sitzeckchen. Der Käsekuchen - zwar in kleinerer Ausführung - übertrifft allerdings unsere geschmacklichen Erwartungen und rundet den Ausflug nach Colmar im süßesten Sinne ab. Die verbleibende Zeit bis zu unserer Abfahrt gegen 18.00 Uhr vertrödeln wir natürlich in Buchläden oder in Gassen abseits des Geschäftsrummels. Gegen Abend trübt sich der Himmel erneut ein, und wir haben höchste Eisenbahn nach Neuf-Brisach zurückzukehren.
    Die ganze Nacht prasselt gnadenloser Regen auf das Land nieder. Auch ein nächtlicher Blick hinüber zum wunderbar angestrahlten Münster von Breisach jenseits des Rheins kann meine verregnete Seele kaum trösten.
     
    Der Morgen sieht uns schon zeitig beim Packen. Ein volles Programm wartet auf uns, und jeder Sonnenstrahl, so wie im Augenblick, wird zur Kostbarkeit. Auf einer ziemlich langweiligen Strecke quälen wir uns entlang des Rheins nach Marckolsheim, wo wir kurz zuvor bei einem Jausenstopp abseits der Straße mit zwei Gesetzeshütern Bekanntschaft machen. Unser Jockl-Oldie mit seinem kecken Kistenbürzel lockt einfach jedermann an, auch die beiden Herren der französischen Polizei. Ausgesprochen freundlich verlangen sie unsere Papiere, fragen nach dem Woher und dem Wohin und wechseln auch sonst noch einige Sätze mit uns, da einer der beiden sehr gut deutsch spricht. Zum Schluß wünschen sie uns noch eine gute Fahrt und einen schönen Urlaub und brausen davon. Wir hinterdrein, natürlich nur mit einem Bruchteil der Geschwindigkeit, aber immerhin so schnell, daß der Fahrtwind alle paar Kilometer Wolfgangs Schirmkappe in die Wiesen weht und wir nur in einem Stop-and-go-Tempo vorwärts kommen. »Fix no amoi, bei meina unföamign Bian hoit oafoch koa Huat!« - »Jo nogl dan hoit on, donn is a Ruah!« Soviel zum Thema: Birnen und ihre erfolgreiche Behütung!
    Allmählich werden auch die drei Burgruinen deutlich, die die herrliche Kulisse für Ribeauvillés Stadtbild liefern. Die Ebene am Rhein lassen wir hinter uns, und ab Illhaeusern nähern wir uns zusehends den bewaldeten Hügeln

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