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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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net nervös sei.«
    »Jo, donn konnstas e du a mochn.«
    »Wiso soi des jezt auf oamoi i mochn?« - »….
    So ein dusliger Zirkus, den die beiden Senoritas mit einsatzbereiter Kamera und Mikrofon in der Hand verfolgen. Schließlich verliere ich den Argumentekampf und räuspere meine Stimme zurecht. Also von vorne! Der inzwischen bekannten Frage folgt eine in den Himmel gesprochene Antwort. Nein, nein - beim Sprechen bitte in die Kamera schauen. Also bitte von vorne! In Gedanken ziehe ich Vergleiche mit Loriots himmlischem Sketch eines Interviews mit einem Lottogewinner, und ich höre mich bereits wie jener verwirrte Lindemann alias Lottemann lauter Nonsens stammeln, in der Art, daß wir vor einigen Bergen mit unseren Jahren schon einmal in den Rädern unterwegs waren oder so ähnlich. So spontan mir dieser Sketch einfiel, so unbedingt muß ich jetzt wieder lachen, und um meinen heiligen Ernst ist es bald nicht mehr gut bestellt. Also dieses Interview gerät zweifellos zum wunden Punkt des Programms, da retten uns ehrenvolle Beteuerungen, daß die Galicier »Very friendly people« sind und ihr Land »so lovely und beautiful« ist, auch nicht mehr. Und ob wir mit »once day we’ll come back again« die Herzen der Zuschauer stürmen werden, bezweifle ich sehr. Leichterweise wollen sie sich so ausgemachte Spinner wie wir, eher von Land und Leib halten. Trotzdem, ein sakrischer Spaß war’s und eine »ultimative« Erfahrung obendrein.
    Bis zur Hauptstraße wartet unsere Fernsehcrew immer wieder am Straßenrand oder an Wegkreuzungen mit gezückter Kamera auf unser filmreifes Vorbeituckern, das beherrschen wir nämlich mit Bravour. Schließlich verabreden wir uns in einem Café im nächsten Ort. Leider waren das dann auch die letzten Mißverständnisse zwischen uns, denn aus unbekannten Gründen verfehlen wir den Treffpunkt, und so fahren wir nach langmächtiger Suche, ohne die beiden wiedergesehen zu haben, weiter. Wolfgang rast mit 20 km/h nach Palas de Rei in der Hoffnung, die Senoritas dort vielleicht noch aufzuspüren, umsonst. Bei unserem Kriechtempo sind sie bestimmt schon zehnmal über alle Berge. Die meisten unterschätzen die Langsamkeit eines Traktors, die wissen sie erst dann zu ermessen, wenn sie fünf Minuten ohne Überholmöglichkeit hinter uns hergeschimpft haben.
    In Palas de Rei halten wir uns nicht weiter auf, erst nach der Ortsausfahrt schwenken wir zu einem kleinen Häuseridyll mit einigen für Galicien so typischen Maisspeichern ab. Diese »horreos« gehören ins Bild eines jeden Dorfes mit landwirtschaftlich genutztem Umfeld. Und da den hochgestelzten, meist granitenen Kunstwerken mit Satteldach und steinernem Giebelkreuz eine besondere Stellung in der Lagerhaltung zukommt, wirken sie nicht selten besser instandgehalten als Häuser und Stallungen. Ruinösen Horreos wird man demnach auch kaum begegnen, es sei denn, der ganze Ort kämpft bereits gegen eine allgemeine Einsturzgefahr. Während wir nun einen dieser Kornspeicher näher inspizieren, beäugt ein altes Mütterlein unseren Rundgang mit äußerstem Mißtrauen und läßt uns bis zu unserem Rückzug keine Sekunde aus den Augen. Recht hat sie!
    Für uns beginnt dann jener Streckenabschnitt, den wir bereits zu Hause in unserer Erinnerung immer und immer wieder abgefahren sind: eine Abzweigung zum sieben Kilometer entfernten Castillo de Pambre. Hier erleben wir ohne nennenswerte Veränderungen, wonach wir uns die ganze Zeit über gesehnt haben. Als hätte jeglicher Pulsschlag ausgesetzt, so empfinden wir diese selten stoische Ruhe über der Landschaft und in den Winzigdörfern entlang unseres Weges. Ein Schäfer steht reglos, einer Vögelscheuche gleich, abseits seiner weidenden Herde und bietet ein fast biblisches Abbild jener Tage. Auf einem Feldweg zittert ein Großväterchen im Zeitlupentempo spazieren, undenkbar, daß er jemals irgendwo ankommen könnte. Das Örtchen San Xulian do Camino welkt in einer köstlichen, weltvergessenen Abgeschiedenheit dahin, und nur etwas Wäsche auf schlappen Leinen zwischen Obstbäumen verrät die Anwesenheit menschlicher Wesen. Um leerstehende Granithäuser aus mittelalterlichen Jahrhunderten rankt üppiges Buschwerk, und aus den dunklen Öffnungen der verlassenen Behausungen atmen Stille und Einsamkeit, auch aus jenem Haus an der Straße, das vor Jahren noch bewohnt war und aus dessen Garten uns ein bösartig kläffender Hund entgegensprang. Jetzt steht es leer, doch in seinem verwilderten Obstgarten summt

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