Mit Konfuzius zur Weltmacht
Ansonsten waren sie aber eher eine Variante von Bill Gates’ Garage für Arme. Umso mehr freuten sie sich, als sie nach einigen Jahren IBM-Computer in China verkaufen und warten durften.
Die Zeiten haben sich geändert. Im Jahr 2005 kaufte Lenovo, wie die Firma mittlerweile heißt, für 1,75 Milliarden Dollar die PC-Sparte von IBM – also von dem amerikanischen Unternehmen, das in der Computerentwicklung von Anfang an führend war und 1975 den ersten tragbaren Computer hergestellt hatte. Heute ist Lenovo der zweitgrößte Hersteller von Personalcomputern weltweit. 2011 übernahm das chinesische Unternehmen die deutsche Medion AG, die unter anderem Aldi mit elektronischen Konsumartikeln beliefert.
Ein Werbeslogan Lenovos behauptet, diese Computer seien »made in the world«. Im gewissen Sinne ist das wahr: Es gibt keine Unternehmenszentrale, sondern gleich mehrere Hauptsitze: in Peking und im US-Bundesstaat North Carolina, in Paris und in Singapur. Entwicklungszentren arbeiten in Shanghai und in Yamato, Japan. Der Vorstandsvorsitzende ist Chinese, lebt aber in den USA, der Präsident ist Amerikaner und wohnt in Singapur. Als erster chinesischer Konzern war Lenovo 2008 weltweit Sponsor von Olympischen Spielen, auf Augenhöhe mit Coca-Cola, McDonald’s und Adidas. Die Spiele in Peking wurden mit mehr als 12 000 Lenovo-Computern gesteuert und auf ebenso vielen Lenovo-Großbildschirmen übertragen. 600 Ingenieure und Techniker des Unternehmens arbeiteten Vollzeit für die Spiele. 15 Olympiateilnehmer wurden von Lenovo gesponsert, darunter der chinesische Leichtathletiksuperstar Liu Xiang, der dann wegen einer Verletzung ausschied, und die deutschen Schwimmer Markus und Steffen Deibler.
Lenovo-Designer entwarfen auch die olympische Fackel für 2008. Sie mussten sich damit in einem Wettbewerb gegen 388 andere Modelle durchsetzen. Die bildhübsche Chil Loong, damals 29 Jahre alt, gehörte zu den Chefs des 30-köpfigen Teams. Sie gab einen Einblick in den zehn Monate langen künstlerischen Prozess und in die schöpferischen Debatten, die manchmal spätnachts in Pekinger Bars weitergeführt wurden: »Wir gestalteten auch einen Phönix, der zum Olympiastadion Vogelnest fliegt und dort wiedergeboren wird«, erzählte sie lächelnd. »Doch dann kamen wir auf die jetzige Form, die an ein zusammengerolltes Papier erinnert. Schließlich gehört das Papier zu den wichtigsten Erfindungen, die China zur Weltkultur beigetragen hat.« Auch darüber, welche Grafiken auf der Fackel zu sehen sein werden, dachten die Designer lange nach. »Zuerst fiel uns natürlich der Drache als Symbol Chinas ein. Doch dann verwarfen wir ihn, denn er war traditionell ein Zeichen der Kaiser – Olympia aber soll für alle da sein. Schließlich entschieden wir uns für Wolken, denn die gibt es überall auf der Welt.«
Chil Loong steht selbst für dieses Weltläufige. Sie ist Neuseeländerin, wurde aber in Chinas Provinz Guangdong geboren. Ihre Eltern wanderten aus, als sie fünf Jahre alt war. 2005 kam sie dann nach China zurück, um für Lenovo zu arbeiten. Was empfand sie, als Gegner der chinesischen Tibet-Politik vor den Olympischen Spielen den Fackellauf in Paris und London störten? »Das macht mich traurig«, sagte sie, »doch es überwiegt die Freude darüber, dass die Fackel, die wir entworfen haben, fast überall sonst auf der Welt mit Begeisterung aufgenommen wurde.« Man nahm ihr ab, dass sie es ehrlich meinte.
Von der Werkbank der Welt
zur Bank der Welt
»Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?«, dichtete der Kommunist Bertolt Brecht. Nach dieser Maßgabe müsste das von Kommunisten regierte China in der internationalen Verbrechensskala ganz oben stehen. Kaum vorstellbare 3200 Milliarden US-Dollar hortet Chinas Zentralbank in ihren Pekinger Tresoren – so viel wie Deutschland im Jahr erwirtschaftet. Kein anderes Land der Welt bunkert Devisenreserven in dieser Höhe. Allein von Juni 2010 bis Juni 2011 wuchs der Schatz der Chinesen um 30 Prozent. Im gleichen Zeitraum stiegen die chinesischen Exporte ebenfalls um 30 Prozent. China produziert 80 Prozent des Kinderspielzeugs auf diesem Planeten, 60 Prozent der Fahrräder, mehr als die Hälfte der Kameras und ein Viertel der Kühlschränke. Mit den ausgeführten Waren häuften sich die Währungsreserven. Die Werkbank der Welt wurde zur Bank der Welt.
Größter Schuldner der Volksbank, wie die chinesische Zentralbank sich
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