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Mit Konfuzius zur Weltmacht

Mit Konfuzius zur Weltmacht

Titel: Mit Konfuzius zur Weltmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Aust
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vielen solchen Klubs, in allen geht es wild zu. Diese Haifischbar ist neu. Wir Chongqinger suchen immer etwas Neues.« Neu sind auch die Fußgängerpromenaden wie die am Jiefangbei, wörtlich dem »Monument für die Befreiung des Volkes«. Das 27 Meter hohe Denkmal dient jetzt nur noch zur Zierde: Heute prägen 3000 Läden und Kaufhäuser die Gegend, 300 000 Menschen shoppen hier jeden Tag, an Sonn- und Feiertagen können es mehr als 900 000 Kunden sein, natürlich haben die Läden auch dann geöffnet.
    Ähnlich den Haien im Meer brauchen auch die Menschen in der größten Stadt der Erde einen gesunden Jagdinstinkt. Wie im Amerika der Goldgräberjahre muss man hier jede Chance für ein Geschäft wittern. Die Menschen von Chongqing gelten sogar im chinesischen Vergleich als besonders gerissen und erfolgreich. Erfolg galt auch bei Konfuzius als erstrebenswert, in seinen Gesprächen heißt es: »Der Meister kam auf Yan Hui zu sprechen: ›Leider ist er gestorben. Ich habe ihn stets nur vorwärts gehen sehen. Niemals sah ich ihn bei Erreichtem stehenbleiben.‹«
    Finanzieller Erfolg oder zumindest die Hoffnung darauf sind auch die besten Argumente, wenn man den Bund fürs Leben schließen will. Wang Weijian heiratet heute. Er steht vor dem Haus seiner Braut, in einem Viertel, das weder reich noch arm ist. Den Hochhäusern fehlt der Glanz, im Treppenhaus tritt man auf kahlen Beton, aber es ist überall sauber und gepflegt. Der Bräutigam wird von Freunden umgeben – und von professionellen Filmern: Es gehört zum neuchinesischen Brauch, den großen Tag gleich von mehreren Kamerateams einer Hochzeitsfirma fotografieren und filmen zu lassen. Nach altchinesischem Brauch holt Wang seine Zukünftige im Haus ihrer Eltern ab. Die schwarze Hochzeitslimousine wartet vor dem Gebäude, ein rosa Band darum ist zu einer Schleife zusammengebunden.
    Letzte Fragen vor dem Beginn der Zeremonien, die sich über den ganzen Tag erstrecken werden: Welche Zukunft bietet Chongqing seiner Familie? »Welche Zukunft? Diese Stadt ist sehr schön, sehr bequem. Für unsere Ehe lässt das viel hoffen.« Wie entwickelt sich die Wirtschaft hier? »Chongqings Wirtschaft hat die höchsten Wachstumsraten innerhalb Chinas. Die Bewohner hier sind voller Energie. Die Bevölkerungszahl steigt rasant, alles geht nach oben. Auch unsere Einkommen steigen. Wir freuen uns.«
    Der Bräutigam und seine Freunde ziehen zur Wohnungstür der Brautfamilie. Sie poltern an die Holztür, wedeln mit roten Umschlägen und rufen: »Aufmachen, aufmachen! Wir haben rote Umschläge mit Geld!« Das ist hier so Sitte. Wie alles andere, was jetzt folgt. Erst nach einigen Minuten Hinhalten geben die Freundinnen der Braut, die drinnen mit ihr warten, dem Werben der Männer nach und öffnen die Haustür. Diese stürmen johlend hinein. Vor dem Zimmer der Braut wiederholt sich die Prozedur. »Darf ich hineinkommen?«, fragt der Bräutigam. »Auf die Knie!«, fordert die Braut durch die geschlossene Zimmertür. Er gehorcht ihr auf der Stelle und fleht: »Ehefrau, bitte gehe mit mir. Ich überlasse dir dann meine Bankkarten.« Hier dreht sich eben alles ums Geld. Als sie immer noch nicht öffnet, legt er nach: »Kein Problem, ich gebe dir weitere Geldumschläge.« – »Ich will zehn Stück!«, keift die Stimme von innen. »Zehn, na gut. Ich überreiche dir den Wert von 88 Umschlägen, ja von 99 Umschlägen!«
    Das sind Glückszahlen in China. Sie wirken, die Tür zum Schlafzimmer der Braut öffnet sich. Aberglaube ist in China stark verbreitet, obwohl bereits Konfuzius dagegen wetterte. Gegen Geld aber hatte der weise Mann nichts einzuwenden: »Reichtum und Ansehen – das wünschen sich die Menschen.« Er fügte allerdings hinzu: »Kann man jedoch nicht auf anständige Weise dazu gelangen, dann soll man sich weder um das eine noch um das andere bemühen.« Für ihn gehörten wirtschaftlicher Erfolg und edle Moral zusammen. Bildhaft sagte er: »Ein edles Rassepferd schätzt man nicht nur wegen seiner Kraft.«
    Die Braut, sie heißt Zhang Lei, sitzt im weißen Hochzeitskleid auf dem Bett. Daneben drängen sich auch schon mehrere Fotografen und Kameramänner, blitzen und filmen. Schließlich sollen Hochzeitsalbum und -DVD den bewegenden Augenblick aus mehreren Perspektiven zeigen. Selbst bei intimsten Momenten führen die Kameraleute Regie. »Alles vorbereitet, fangen Sie an!«, sagt einer von ihnen. Darauf geht Wang Weijian vor Zhang Lei auf die Knie, streckt ihr einen kleinen bunten

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