Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Titel: Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Sheffield
Vom Netzwerk:
fragen, ob dein BH einer von denen war, die man vorne öffnen konnte.
    Wir verließen das Aguacates etwas irritiert. Ich verstand jetzt, warum meine Freunde nicht dort hingehen wollten. Es war wie in »The National Front Disco«, meinem Lieblingssong von Morrissey, in dem es um eine Gruppe Freunde geht, von denen einer anfängt, in die Faschodisco zu gehen, und alle trauern, weil sie einen der ihren verloren haben. Eine Grundregel war nun mal von jeher, dass politische Gegner nicht miteinander feiern.
    Den ganzen Sommer lang waren die Songs das einzige Souvenir der Nacht, an dem ich mich am nächsten Tag festhalten konnte – sich im Sonnenlicht an all die stürmischen Empfindungen zu erinnern war überwältigend, also summte ich die Lieder vor mich hin. Ich musste sie auswendig lernen, denn ich hatte keine Möglichkeit, herauszufinden, wie sie hießen, oder sie zu kaufen. Ich wusste, dass ich sie, einmal zurück zu Hause, nie wieder hören würde. Die meisten davon waren in den USA noch unbekannt, und viele würden erst in den 1990ern im Rahmen der 80s-at-Eight-Radiosendungen gespielt werden. Mecano war mit Abstand die beliebteste Popgruppe in den discotecas – sie waren die Lokalmatadore, ein Madrider Trio, bestehend aus zwei glutäugigen Synthie-Jungs und einem Mädchen in einem bauschigen Kleid. Die beiden Jungs spielten Keyboard oder, wie es auf dem Plattencover hieß, » teclados« , was so viel bedeutete wie »berührte Dinge« und deshalb schon per definitionem sexuell aufgeladen war. Die Jungs schauten auf Fotos immer leicht missbilligend und fies drein, und die Sängerin, Ana Torroja, zog ein Gesicht, als ob sie die beiden Jungs verachtete. Heiß!
    Immer wenn ich das Cover betrachtete, malte ich mir aus, wie toll es wäre, in dieser Band zu sein. Wie war Ana Torroja wohl wirklich? War einer der beiden Jungs ihr Freund? Oder waren die Jungs ein Paar? Alle ihre Songs handelten davon, sich zu schminken oder auf Partys zu gehen. Ihr größter Hit, »Me Colé en una Fiesta« , handelte gleich von beidem. Ana kommt ohne Einladung auf eine Party, sieht ihren Freund mit einer anderen tanzen und weint den ganzen Nachhauseweg über. Ich hatte schon viele Lieder mit so einer Geschichte gehört, aber zu diesem hier tanzte ich; das war etwas völlig anderes.
    Der Sohn meiner spanischen Gastfamilie stand auf Metal und Punk. Die einzigen männlichen Freunde, die ich in Spanien fand, waren er und seine Kumpels, also saßen wir in seinem Zimmer und hörten Iron Maiden. Sie ließen mich »The Number of the Beast« für sie übersetzen. ( »¡Seis! ¡Seis! ¡Seis!« ) Jungs, die in discotecas gingen, fanden sie eigentlich nicht so cool.
    Meine Mitschüler brachten immer mehr Platten, die ich übersetzen sollte. In den Staaten krähte kein Hahn mehr nach Meat Loaf, aber diese Kids hier liebten all seine Songs und (unfassbar!) sogar Jim Steinmans Soloalbum. Zum Dank schenkte mir einer eine Essaysammlung von Che Guevara, vermutlich weil ein paar Kästchen auf meiner Achtziger-Teenagerklischee-Bingokarte noch nicht abgehakt waren.
    Ich verstand, warum Musik hier eine ernste Angelegenheit war. Denn hier schien jedes Detail der eigenen Identität – von der politischen Einstellung über die Religion bis hin zur Mode – mit dem Musikgeschmack verknüpft zu sein. Wenn man eine bestimmte Musikrichtung mochte, dann kleidete man sich entsprechend, und die Kluft zwischen Iron Maiden und Depeche Mode war genauso tief wie die zwischen Anarchisten und Faschisten. Leider waren die einzigen katholischen Jugendlichen, die ich traf, zugleich auch Faschisten, also ging ich lieber allein in die Kirche, wo ich der Einzige zu sein schien, der jünger als hundert war. Beim Friedensgruß hatte ich immer Angst, jemandem das Handgelenk zu zerbröseln.
    Die Stadt war voller Subkulturen, von denen ich bis dahin nur in New-Wave-Zeitschriften gelesen hatte. Casilda nahm mich mit zum Rollschuhlaufen, zusammen mit ihrem Freund, einem Mod. Einem echten Mod! Er hatte diesen langen Parka mit dem Logo von The Jam auf dem Rücken und trug Röhrenhosen. Wir gingen auch zusammen in den Park und saßen im Gras herum, damit er die Rocker dort begaffen konnte, die Lederjacken und Rockabilly-Frisuren trugen wie im Film. Ich konnte nicht glauben, dass ich richtige Mods und Rocker vor mir hatte. Es war so, als sei ich gestorben und direkt im Musikhimmel für Jungs gelandet.
    Die Wochen vergingen. Dann musste ich wieder nach Hause zurück. I was never gonna dance

Weitere Kostenlose Bücher