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Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Titel: Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Sheffield
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braucht. Ferry steht praktisch über solchen Details. Wenn sie seine Liebe nicht erwidert, dann vergöttert er dieses Gefühl eben allein. Am Ende des Songs raunt Bryan Ferry nur noch »more than this« und »nothing«, aber so, dass es jedes Mal eine andere Nuance der Melancholie zum Ausdruck bringt. Gatsby hätte ihn verstanden.
    Aufregenderweise beantwortete Miss Calasta die Briefe, die ich ihr aus dem College schrieb, immer mit der Anrede »Lieber, lieber Rob«. Es ärgerte sie ein wenig, dass ich sie noch immer Miss Calasta nannte. Jedes Mal, wenn ich aus dem College nach Hause kam, schaute ich auf einen Kaffee bei ihr vorbei. Eines sonnigen Nachmittags brachte sie mir auf den Barhockern in ihrer Küche das Rauchen bei. Sie hatte noch immer die gleiche Schachtel mit dem gleichen irritierenden Seebärenbildnis darauf. Ich versuchte ganz lässig zu wirken, als sich meine jungfräulichen Lungen mit Rauch füllten.
    »Die sind aber ganz schön stark, Miss Calasta.«
    »Ja, Rob.«
    »Wo ist Ihr Bad?«
    »Oben. Du kannst mich Catherine nennen.«
    Eines Tages, als ich wieder einmal in der Stadt war, rief ich sie an, um mich wie immer auf Kaffee und Zigaretten zu ihr einzuladen. Aber sie war weg – ganz plötzlich verschwunden in einer geheimnisvollen Wolke. Als ich mich bei anderen Lehrern nach ihr erkundigte, räusperten die sich nur nervös und wechselten das Thema. Hatte sie jemanden umgebracht? Eine Bank ausgeraubt? Einen Schüler verführt? (Einen anderen Schüler als mich? Undenkbar!) Falls irgendjemand etwas wusste, schwieg er, zumindest mir gegenüber. Ich hab es nie herausgefunden. Sie hatte keine Spuren hinterlassen, wie das grüne Licht, das in Der Große Gatsby am Ende des Piers verlischt. Oder wie die Sirene auf dem Roxy-Music-Cover.
    Gatsbys Melancholie hatte mir in Miss Calastas Kurs so eingeleuchtet. Als ich das Buch als Erwachsener las, war ich erstaunt, dass Gatsby und Daisy sich nur fünf Jahre lang kannten. Als ich sechzehn war, erschien mir das wie eine halbe Ewigkeit an tragischer Liebe. Für mich waren Gatsby und Daisy immer das Symbol für eine vergebliche, fatale, unendliche romantische Obsession. Sie hatten sich getroffen, sich ineinander verliebt und waren auf tragische Weise getrennt worden, aber er hatte sie die ganze Zeit über heimlich weiter verehrt. Und dann waren es bloß fünf läppische Jahre? Jetzt bin ich erwachsen – wenn ich wollte, könnte ich fünf Jahre auf dem Kopf stehend herumbekommen.
    Aber Gatsby wusste eben, dass fünf Jahre wirklich eine lange Zeit sein können. Das ist der Zeitraum, den der Junge und das Mädchen aus dem wohl mit Abstand berühmtesten Trennungssong der Musikgeschichte, dem Human-League-Song »Don’t You Want Me«, miteinan der verbrachten. Sie waren fünf Jahre zusammen, und nun liegt ihr die Welt zu Füßen, und sie verlässt ihn. Ebenso lange bleibt uns auch, bis die Welt in Bowies »Five Years« verheizt ist. John Wayne zieht in Der Schwarze Falke fünf Jahre lang auf der Suche nach Natalie Wood durch die Wildnis. Und es ist auch der Zeitraum, der Ione Skye und ihrem Vater in Teen Lover miteinander noch bleibt.
    Odysseus und Kirke haben fünf gemeinsame Jahre in der Odyssee , genauso wie Humbert und Dolores in Lolita und Axl Rose und sein Sunset-Strip-Groupie in »You Could Be Mine«. Diese Zeitspanne enthält etwas ganz Grundlegendes. Fünf Jahre kommen mir zwar heute nicht mehr ganz so lang vor wie damals, als das noch ein Drittel meines Lebens ausmachte. Aber ich verstehe es trotzdem noch. LCD Soundsystem sangen davon in »All My Friends«: »You spent five long years trying to get with the plan, and the next five years trying to be with your friends again.« Wenn man erst einmal erwachsen ist, dann hat man sich daran gewöhnt, dass die eigenen Freunde von Zeit zu Zeit in ihre Fünfjahrespläne abtauchen. Sie fallen aus, weil sie heiraten, Kinder kriegen, promovieren, sich scheiden lassen. Sie gründen eine Band oder landen im Gefängnis. Sie verschwinden für Jahre – manche tauchen wieder auf, manche nicht. Auf manche wartet man, und manche lässt man einfach ziehen.
    Manchmal kommt die Erinnerung an sie mit einem Song zurück. Dann wieder ist so ein Song wie das grüne Licht am Ende des Piers in Der große Gatsby : ein Zeichen dafür, dass der Traum, den wir verfolgen, bereits hinter uns liegt, irgendwo in der Vergangenheit. Manchmal, wenn ein Mädchen fortgeht, ist das Gespräch mit ihr trotzdem nicht beendet. In Gedanken redet man weiter

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